Im August hatte sich Minoggio mit dem vom Gesetzgeber neu geschaffenen Wettbewerbsregister für Unternehmen befasst und sich kräftig darüber geärgert: Offenbar wurde dabei ein gesetzgeberischer Dilettantismus, der bis heute andauert.
Im Jahr 2017 und damit vor mehr als 4 Jahren schuf die Politik per Gesetz ein Wettbewerbsregister, um öffentliche Stellen davor zu bewahren, nicht genügend zuverlässige Unternehmen bei Ausschreibungen zu berücksichtigen. Das wurde natürlich gefeiert, wieder eine entschlossene Maßnahme, um den Weißen-Kragen-Tätern noch besser an denselben gehen zu können.
Inkrafttreten konnte dieses Gesetz allerdings erst, nachdem die dazugehörige Rechtsverordnung geschaffen war. Es irrt, wer jetzt denkt: Die konnte der Gesetzgeber doch gleich zusammen mit dem Gesetz schaffen, ist ja ein Aufwasch. Vielmehr brauchte dieser für den Erlass dieser Rechtsverordnung nach Verkündung des fix und fertigen Gesetzes in 2017 noch weitere vier Jahre, jetzt im April 2021 gibt es sie.
Es irrt abermals, wer denkt, das Wettbewerbsregister könne jetzt endlich seine Arbeit aufnehmen: Dazu müssten die technischen Voraussetzungen einer elektronischen Abfrage der öffentlichen Stellen erst geschaffen werden, hat man noch nicht eingerichtet. Optimistische Stimmen gehen davon aus, dass diese Voraussetzungen bis Ende des Jahres oder Anfang 2022 geschaffen sein können: Dann kann es losgehen, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes.
Gesetzgeberische Agonie oder gesetzgeberischer Dilettantismus sind aus Bürgersicht immer zu beklagen. Geht es aber um Strafgesetze oder Sanktionengesetze im Wirtschaftsverwaltungsrecht wie hier, tritt eine weitere Gefahr hinzu: Wird das Versagen offenbar, prügelten die verantwortlichen Politiker umso mehr zur Ablenkung auf diejenigen Verantwortlichen ein, auf die das Gesetz anwendbar gewesen wäre.
Paradebeispiel Cum Ex:
Es entsteht 2002 durch einen kapitalen gesetzgeberischen Fehler eine steuerrechtliche Lücke. Der Bankenverband warnt das Bundesfinanzministerium noch im gleichen Jahr schriftlich davor. Bis 2006 geschieht gar nichts, dann wird die Gesetzeslücke (eingestandenermaßen, kann man in offiziellen Verlautbarungen der damaligen Regierung wörtlich nachlesen!) nur zur Hälfte geschlossen. Erst im Jahr 2012 kommt endlich die vollständige Beseitigung durch den Gesetzgeber, die – moralisch ganz zweifellos fragwürdigen – Aktiengeschäfte hören jetzt auch nach 10 Jahren auf.
Kein Politikerversagen? Lachhaft, aber Ergebnis eines Untersuchungsausschusses, präsentiert kurz vor der letzten Bundestagswahl.
Ingo Minoggio