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Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wirkt sich lediglich im Bereich der Vollverzinsung nach § 233a AO positiv aus und de facto erst ab dem Veranlagungszeitraum 2019. Wie die Zinshöhe durch den Gesetzgeber rückwirkend ab 2019 neu geregelt wird, bleibt abzuwarten. Sämtliche weitere Zinsarten wie Stundungs-, AdV- und Hinterziehungszinsen sind von der Unvereinbarkeitserklärung ausdrücklich nicht betroffen. Die Entscheidung wird voraussichtlich keine positive Auswirkung auf die Diskussion um die Höhe der Säumniszuschläge für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 24 Abs. 1, 2 SGB IV (1% pro Monat) haben wird. Diese entstehen nach überwiegender Auffassung erst, wenn dem Arbeitgeber mindestens bedingter Vorsatz vorzuwerfen ist (BSG, Urteil vom 12.12.2018, B 12 R 15/18, DStR 2019, 1165).

Handlungsempfehlungen:

Einsprüche und Klagen wegen Zinsfestsetzungen bis Ende 2013 sollten zurückgenommen werden.

Für Zinsfestsetzungen ab 2014 bis Ende 2018 sollten die Klagen für erledigt erklärt und beantragt werden, die Kosten des Verfahrens dem beklagten FA aufzulegen wegen der festgestellten Verfassungswidrigkeit.

Für Einspruchs- und Klageverfahren oder Bescheide mit Vorläufigkeitsvermerk ab 2019 ist die Entscheidung des Gesetzgebers abzuwarten, ansonsten Einspruch einzulegen.

Für bereits festgesetzte Erstattungszinsen zugunsten des Stpfl. ab 2019, die das FA unter Umständen zukünftig zurückfordert, sollte der Berater mit dem Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 239 Abs. 1 S. 1 AO argumentieren. Dieser gilt trotz Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO (vgl. FG Münster, Urteil vom 14.06.2006, 3 K 1881/05, Erb, NWB TAAAC-31758).

Dr. Barbara Bischoff