Der Gesetzgeber hatte bekanntlich schon Mitte 2017 die Einführung eines Zentralen Wettbewerbsregisters für öffentliche Aufträge und Konzessionen per Gesetz beschlossen. (Wettbewerbsregistergesetz, WRegG). Dieses Register soll die momentan nur teilweise auf Länderebene vorhandenen, unterschiedlichen Korruptionsregister ersetzen. Für Unternehmen mit öffentlichen Aufträgen wird dieses Wettbewerbsregister fundamentale Bedeutung erlangen, wirtschaftsstrafrechtliche Verfehlungen werden dort eingetragen (oder nicht eingetragen, die Regelung in § 2 WRegG dazu erscheint wie bei allen Vorgängerregistern nicht frei von höchst ungerechten Zufallsergebnissen) . Allerdings arbeitet das Wettbewerbsregister noch nicht, die dafür erforderliche Rechtsverordnung ist noch nicht in Kraft. Die gesamte Praxis wartet auf das Inkrafttreten. Darüber hinaus ist nach dem vorliegenden Gesetzeswortlaut nicht eindeutig, ob in dieses Wettbewerbsregister auch bereits vor Inkrafttreten rechtskräftig gewordene Entscheidungen (etwa Verurteilungen wegen Sozialversicherungsbetrug oder Steuerhinterziehung) eingetragen werden.

Die zuständige Abteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat uns aufgrund einer fallbezogenen Anfrage dazu jetzt mitgeteilt- zwar noch unverbindlich, aber erfreulich konkret:

– Geplant ist die Fertigstellung der Rechtsverordnung und damit der Betriebsbeginn des Wettbewerbsregister Ende 2020. (Wohl erfahrungsgemäß zu lesen: Nicht vor Ende 2020. Der rechtliche und technische Aufwand dürfte allerdings auch wirklich erheblich sein);

– Nach derzeitigem Planungsstand sollen lediglich relevante strafrechtliche Verurteilungen eingetragen werden, die zeitlich nach dem Inkrafttreten der noch nicht erlassenen Rechtsverordnung rechtskräftig geworden sind.

Das kann bei momentan anhängigen Verfahren die Verteidigungstaktik entscheidend beeinflussen: Verfahrensabschlüsse nicht beschleunigen, wenn in derzeitige Register eingetragen wird, aber in das Wettbewerbsregister nicht mehr. Dagegen beschleunigen und abschließen, wenn ansonsten bei späterer Rechtskraft Eintragung droht.

Als Strafverteidiger in Wirtschafts– und Steuerstrafsachen sind wir es mittlerweile leider in der überwiegenden Anzahl der Fälle gewohnt, derartigen „Nebenfolgen“ von Strafverfahren, Ordnungswidrigkeitenverfahren oder entsprechenden Verurteilungen mehr Augenmerk und Verteidigungsarbeit zu widmen als der Verteidigung gegen den staatlichen Strafanspruch oder den Anspruch auf ordnungsrechtliche Sanktion.

Für viele Unternehmen und Unternehmer bedeutet eine verhängte Sanktion im Ergebnis eine finanzielle Einbuße, die im Regelfall zu verkraften ist – die Eintragung in ein Register mit der Folge der Blockade von öffentlichen Aufträgen oder der Beseitigung gewerberechtlicher Zuverlässigkeit oder besonderer Zuverlässigkeit etwa nach Kreditwesengesetz (KWG) dagegen nicht selten den Verlust der bürgerlichen Existenz.

Es darf sehr bezweifelt werden, dass der Gesetzgeber diese Entwicklung genügend bedenkt. Umso mehr ist Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen aufgerufen, strikt von der ersten Minute an den Blick nicht isoliert strafrechtlich oder ordnungsrechtlich auf die drohende Sanktion zu richten, sondern auf die vollständige Sicherung der wirtschaftsstrafrechtlichen und sozialen Situation des anvertrauten Unternehmens oder des Mandanten insgesamt.

Peter Wehn, Barbara Bischoff