Wer ein Gewerbe führen will, muss zuverlässig sein. Die allgemeine Vorschrift hierzu findet sich in § 35 GewO. Darüber hinaus gibt es noch besondere Zuverlässigkeitsprüfungen nach Spezialgesetzen, etwa bei Erteilung einer Erlaubnis nach Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Damit Zweifel gegen eine genügende Zuverlässigkeit nachvollziehbar werden können, gibt es das Gewerbezentralregister, § 149 GewO, dort werden unternehmensbezogene Ordnungswidrigkeiten und Straftaten eingetragen.

So weit, so gut, alles verstehbar. Allerdings: Die Eintragungsgrenze bei unternehmensbezogenen Geldbußen beträgt gerade 200 €. So wird etwa eine auch nur geringe, nur fahrlässige Zuwiderhandlung gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz im Einzelfall, die mit einer Geldbuße von etwa überschaubaren 300 € geahndet wird, in dieses Gewerbezentralregister eingetragen.

Die Handhabung in der Vergangenheit war, dass bei derartig geringen Verstößen mit nur geringer Bußgeldahndung niemand etwa an den Widerruf der generellen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis für das gesamte Unternehmen gedacht hat.

Das hat sich jetzt jedenfalls in Nordrhein-Westfalen offenbar dramatisch geändert. Wie bekannt wurde, wird von den Behörden teilweise geradezu eine Art „Marktbereinigung“ bei Unternehmen mit Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis angestrebt. Es werden Widerrufsverfahren  – die in aller Regel die Insolvenz des Unternehmens zur Folge haben  –  bei jeder Geldbuße über 200 € in Gang gesetzt und durchgezogen. Auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung dazu zieht momentan an.

Konsequenzen: Zunächst darf keinesfalls ein Bußgeldbescheid nur unter dem Blickwinkel der finanziellen Belastung beurteilt werden, also keinesfalls einfach „zahlen und abheften“. Alle Spätfolgen und insbesondere die so geschilderten Folgen einer Eintragung in das Gewerbezentralregister müssen vielmehr genau bedacht werden. Das kann dazu führen, dass man sich auch gegen geringe Geldbußenandrohungen durchaus aufwendig verteidigt (bis hin dazu, dass man Vorwürfe ins Strafverfahren überleiten lässt, um dort eine Einstellung gegen eine Geldauflage gemäß § 153 a StPO zu erwirken, die nämlich auch bei einer Höhe von 5.000 € oder mehr kurioserweise nicht in das Gewerbezentralregister eingetragen wird).

Im Notfall Gründung einer Auffanggesellschaft mit Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Ob mit dieser Verschärfung der gesetzgeberische Zweck einer ausreichenden Gewerbekontrolle besonders effektiv verwirklicht wird, scheint äußerst fraglich. Besser wäre, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Prüfung der Zuverlässigkeit ausreichend Geltung zu verschaffen: Wenn eine Pflichtverletzung als zwar begangen, aber doch so geringfügig angesehen wird, dass nur eine Geldbuße von 500 € zur Ahndung ausreicht – dann kann eine derartige Pflichtverletzung andererseits nicht allein als Grundlage genügen, im Endeffekt die Schließung des gesamten Unternehmens zu rechtfertigen.

Dr. Barbara Bischoff

Freitag, 05.01.2018