Mit dem veröffentlichten Urteil vom 20.4.2016, Az. 14 K 14207/15 haben die Finanzrichter festgestellt, dass die Namensnennung eines Steuerbürgers auf einer erworbenen Daten-CD als Inhaber eines Bankdepots (hier: Angeblich aus 2002 mit rund 1,1 Mio SFr.) weder eine Steuerhinterziehung beweist noch die Finanzverwaltung auch nur berechtigt, bei dem Betroffenen ab vermerktem Datum Zinseinnahmen zu schätzen und zu besteuern.

Bislang schon Tendenz in der Rechtsprechung war, dass aus derartigen CD Daten allein keine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung folgen kann: Im Strafverfahren gilt der Zweifelssatz. Selbst wenn jemand ein in Deutschland unbekanntes Depot im Ausland unterhält, weiß man nicht, woher das Geld rührt, ob und wie es vorher oder nachher angelegt wurde und der Vermögensstamm oder die Erträge hätten versteuert werden müssen. Auf einer solchen Basis darf niemand wegen Steuerhinterziehung verurteilt, Straftaten müssen vielmehr festgestellt und können nicht vermutet werden. Der Betroffene hat dabei ein Schweigerecht und muss nicht erklären, mitwirken oder Unterlagen beibringen.

Für die Besteuerung aber war die Rechtslage bislang unklar und für den Steuerbürger ungünstiger: Finanzämter der gesamten Bundesrepublik wollen bis heute allein bei Auftauchen eines Namens auf einer CD i.V.m. einem Kontostand unterstellen, dass dem Genannten der Vermögenswert zuzurechnen ist, das Kontoguthaben verzinslich angelegt wurde und die Erträge hätten versteuert werden müssen. Wer das nicht will, muss nach bisheriger Auffassung der allermeisten Finanzverwaltungen den (in der Praxis unmöglichen) Negativbeweis führen, dass er keine Erträge erzielt hat.

Dem hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg jetzt eine Absage erteilt. Einen Negativbeweis fehlender Kontoverbindungen muss kein Steuerbürger zur Vermeidung von Steuerlasten führen und auch keine entsprechende Negativbescheinigungen ausländischer Banken beibringen. Die Finanzverwaltung muss vielmehr ihrerseits ermitteln. Tut sie das nicht oder gewinnt sie dabei keine weiteren Erkenntnisse, ist es auch nichts mit der Besteuerung fiktiver Zinseinnahmen.

Praxishinweis: Wenn ermittelt wird: Luft holen, anhand Akteneinsicht Faktenlage feststellen, überlegt und beraten vorgehen. Keine Schnellschüsse, keine Panik. Das Schweigerecht stellt auch im Steuerstrafverfahren eines der stärksten Rechte eines Betroffenen dar. Es aufzugeben, will wohlüberlegt sein, ist in sehr vielen Fällen fundamental falsch und kann nie repariert werden.

Allerdings: Wer sich im Besteuerungsverfahren (nicht im Strafverfahren!) gegenüber dem Finanzamt (zu) sicher fühlt und tatsächlich unversteuert gelassene Zinserträge auf Anfrage ausdrücklich abstreitet in der Hoffnung, man werde ihm nichts nachweisen können- der begeht erneut hierdurch eine Steuerhinterziehung, wenn er dabei die Unwahrheit behauptet hat. Tauchen also nach den CD Daten, die für einen Tatnachweis oder eine Besteuerung noch nicht reichen, später weitere Beweise auf, dürfte die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kaum noch aufzuhalten sein. Mancher Familienstreit, manche Ehescheidung führt dazu, dass einer der Beteiligten sich an die Finanzbehörde wendet und die Beweislage plötzlich eine gänzlich andere wird.

Auch wegen dieser Risiken muss sich

  • ernsthaft (nicht an der Theke)
  • neutral (nicht von einer Bank)
  • und berufsverschwiegen (nicht vom Freund, der weitererzählen dürfte und als Zeuge sogar weitererzählen müsste!)

beraten lassen, wen immer noch der Schuh der ausländischen Bank drücken könnte.

Peter Wehn, Barbara Bischoff