Etappensieg jetzt im August und September vor den Verwaltungsgerichten Düsseldorf (Az.: 20 K 7488/20; 20 K 217/21; 20 K 393/22), Köln (Az.: 16 K 125/22; 16 K 127/22; 16 K 406/22; 16 K 412/22; 16 K 499/22; 16 K 505/22) und Gelsenkirchen (Az.: 19 K 297/22; 19 K 317/22).

Am 16.08.2022 hatte das VG Düsseldorf in drei Leitverfahren zugunsten der Kläger entschieden, die sich gegen die teilweise Rückzahlung der Corona-Soforthilfe wehrten. Das VG Köln ist am 16.09.2022 in sechs ähnlich gelagerten Verfahren nachgezogen. Vor wenigen Tagen, am 23.09.2022, folgte dann auch das VG Gelsenkirchen in zwei weiteren Verfahren. Alle Verwaltungsgerichte haben entschieden, dass die Bescheide der jeweiligen Bezirksregierungen zur teilweisen Rückforderung geleisteter Corona-Soforthilfen rechtswidrig sind.

Die Kläger erhielten als Unternehmer im Frühjahr 2020 durch das Land Nordrhein-Westfalen schnell und unbürokratisch jeweils 9.000 € Soforthilfe. Im Rahmen des späteren Rückmeldeverfahrens kam dann aber das „böse Erwachen“: die Höhe der Soforthilfe wurde plötzlich auf nur ca. 2.000 € festgesetzt. Der Rest wurde zurückgefordert. Das Land vertrat die Auffassung, dass die Bewilligungsbescheide unter dem Vorbehalt einer späteren Schlussentscheidung erlassen worden seien. Ferner, dass nur ein pandemiebedingter Verlust zum Erhalt der Zuwendungen berechtigen würde. Erlittene Umsatzausfälle hingegen nicht.

Dagegen wehrten sich die Kläger mit Erfolg. Die Verwaltungsrichter haben die Rückzahlungsbescheide für rechtswidrig erklärt. Die Bewilligungsbescheide aus Frühjahr 2020 standen unter keinem Rückzahlungsvorbehalt. Ein solcher ist grundsätzlich zwar möglich – im Fall der NRW-Soforthilfe 2020 war dieser aber weder ausdrücklich noch indirekt für den Zuwendungsempfänger in den Bescheiden oder sonst zugänglichen Informationen erkennbar. Mangels eindeutiger Formulierungen geht deshalb jede Unklarheit zulasten des Landes. Ferner durfte das Land hinsichtlich der Höhe der Rückzahlung nicht ausschließlich auf pandemiebedingte Verluste abstellen. Die Bewilligungsbescheide erlaubten auch eine Verwendung der Soforthilfen zur Kompensation von Umsatzausfällen. An diese Festlegung war das Land gebunden und durfte im Nachhinein nicht plötzlich von seiner Förderpraxis abweichen.

Die Urteile können als Etappensieg gewertet werden. Sie sind allerdings noch nicht rechtskräftig. Die bislang ergangenen Entscheidungen sind laut Pressemitteilungen der Verwaltungsgerichte Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen repräsentativ für die Vielzahl der weiteren, noch anhängigen Verfahren. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung haben die Verwaltungsrichter die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob das Land Nordrhein-Westfalen den Weg zum Oberverwaltungsgericht bestreitet.

Einen ersten Haken gibt es aber schon jetzt: Nutznießer der Entscheidungen sind nur diejenigen, die gegen den Rückzahlungsbescheid Klage erhoben haben. Wurde eine solche – bei ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung – nicht fristgemäß erhoben, ist der Rückzahlungsbescheid bestandskräftig und damit nicht mehr angreifbar.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es: Sollten die Urteile in der Berufungsinstanz vom Oberverwaltungsgericht bestätigt werden, kann ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens dem Betroffenen immer noch zum Erfolg verhelfen. Wünschenswert wäre in diesem Fall aber, dass durch politische Entscheidungen unnötige Massenverfahren verhindert werden und ein geordnetes Korrekturverfahren organisiert wird. Es kann nicht im Interesse eines funktionierenden Rechtsstaates liegen, rechtswidrige Zustände aufrecht zu erhalten und sich hinter formalen Positionen zu verstecken.

Praxistipp: Prüfen Sie die Rechtsbehelfsbelehrung des Rückzahlungsbescheides. Nicht selten ist diese unrichtig oder gar ganz unterblieben. Sollte das der Fall sein, kann Klage noch innerhalb eines Jahres nach Zustellung erhoben werden. Sofern Sie noch keinen Rückzahlungsbescheid erhalten haben, sollten Sie nach Zustellung fristwahrend Klage erheben.

Vincent Hillejan