Um vermeidbare Aufregung zu vermeiden, möchte ich zu dieser Berichterstattung vorsorglich Nachstehendes klarstellen. Die Boulevardzeitung hat im Bericht nämlich bewusst Äußerungen von mir sinnentstellend falsch zitiert. Da ich mich gegenüber der bei uns anfragenden Boulevardzeitung schriftlich geäußert hatte, lässt sich meine nachstehende Darstellung auch zwanglos vollständig mit Dokumenten belegen.

1.

Ich habe zu dem in der Berichterstattung genannten Verfahren und dem Urteil auf unserer Homepage nicht wie berichtet und falsch zitiert von „hässlich“ und von „Machtausübung“ geschrieben.

Ich habe vielmehr für unsere Homepage und dort die Rubrik Schlaglichter aus März 2021 einen anonymisierten, weiterhin abrufbaren Beitrag verfasst ohne jeden Bezug auf das konkrete Verfahren, ohne Nennung des Gerichtsortes oder des Gerichtes oder der Strafkammer. In diesem Beitrag habe ich kritisiert, dass ein Gericht bei einem hoch streitigen Sachverhalt in einem schicksalhaft schwerwiegenden Strafverfahren (und nach zwölf Tagen Hauptverhandlung) bereits 75 Minuten nach Beendigung des Plädoyers der Verteidigung und des letzten Wortes des Angeklagten und seiner Ehefrau ein Strafurteil zu seinen Lasten verkündet hat durch Verlesen eines schriftlichen Manuskriptes mit einem Zeitaufwand von 60 Minuten.

Allein aus diesem zeitlichen Zusammenhang konnten jeder Verfahrensbeteiligte und die Öffentlichkeit schließen, dass das verlesene, schriftliche Manuskript des Urteils nicht in der „Beratungspause“ von 75 Minuten über Mittag entstanden sein konnte. Vielmehr musste es zwingend eine äußerst weitgehende Vorberatung bereits vor dem Plädoyer der Verteidigung und dem letzten Wort des Angeklagten und seiner Ehefrau gegeben haben- eine Verfahrensweise, die ich auch aus meiner heutigen Sicht mit Abstand weiterhin als eines wichtigen und objektiv schwierigen Strafverfahrens unwürdig empfinde.

Wenn das Gericht zusätzlich auch noch die Beratungspause auf lediglich 75 Minuten festsetzt und danach ein schriftliches Manuskript verlesen wird, so drängt sich mir hierdurch der Verdacht auf, als solle durch diese Verfahrensgestaltung sogar demonstriert werden, dass es auf den Schlussvortrag der Verteidigung und die letzten Worte des Angeklagten und seiner Ehefrau nicht mehr ankam. Das meinte ich mit dem Begriff „Machtausübung“.

Nochmals aber: Ich habe diese Verfahrensweise in meinem Beitrag in unserer Rubrik Schlaglichter aus März 2021 nur anonymisiert als verfehlt kritisiert ohne jeden Bezug auf den Prozessort Münster, das Landgericht Münster oder gar den Sachverhalt, über das in dem betreffenden Verfahren zu urteilen war. Wer deshalb nicht selbst den Anfang März zu Ende gegangenen Strafprozess und diese Verfahrensgestaltung beobachtet hat, konnte und kann daher überhaupt nicht wissen, dass sich meine Kritik auf dieses Verfahren bezogen hat.

Dem hier anfragenden Journalisten des Boulevardblattes, der bereits über das Verfahren berichtet hatte und mich nur deshalb auf diesen anonymisierten Beitrag ansprach, habe ich ausdrücklich auf die Anonymisierung meiner Kritik, die ich weiterhin auch nur anonymisiert aufrecht erhalten sehen wollte  – die ich aber heute noch für rechtstaatlich wichtig halte – hingewiesen. Ausdrücklich hinzugesetzt habe ich, dass allein aus dieser, aus meiner Sicht unwürdigen und den Angeklagten und die Verteidigung beschämenden Verfahrensweise jedoch natürlich nicht darauf geschlossen werden kann, dass auch das Urteil deshalb in der Sache falsch sein muss.

2.

Ich habe im Verfahren den Verstorbenen meiner sicheren Erinnerung nach nicht wie von der Boulevardzeitung falsch zitiert als „stinkbetrunkenen“ Bodybuilder tituliert. Ich habe ihn als im Vorfallszeitpunkt stark betrunken bezeichnet und als generell gewaltbereiten Bodybuilder. Dazu hat die Strafkammer eine Blutalkoholkonzentration von 1,9 g 0/00 im Urteil festgestellt und ebenfalls, dass der Betroffene Bodybuilding betrieben hat. Ferner wurden in der öffentlichen Hauptverhandlung Chat-Protokolle für den Zeitraum von 2018 bis wenige Tage vor dem Vorfall verlesen, in denen der Verstorbene sich selbst mehrfach mit der aktiven Teilnahme an Schlägereien brüstete und über Schlägereien und seine Bereitschaft dazu Textnachrichten versendete. Ich habe ferner in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen, dass der Verurteilte dagegen im Vorfallszeitpunkt nüchtern gewesen ist und bei ihm keine Indiztatsachen für eine generelle Gewaltbereitschaft festgestellt worden sind.

3.

Zutreffend zitiert ist, dass ich auch heute noch das ergangene Urteil für unrichtig halte. Es geht nach meiner subjektiven Bewertung von einer unrichtigen Tatsachengrundlage aus. Allerdings hatte das Gericht im Urteil keineswegs sechs Messerstiche festgestellt, sondern drei. Wenn die Boulevardzeitung in ihrem Bericht deshalb heute noch sogar herausgehoben eine angebliche Zahl von sechs behauptet, dokumentiert allein dieser Umstand deutlich fehlende journalistische Sorgfalt.

Dr. Ingo Minoggio