Rudolf Mellinghoff als amtierender Präsident des Bundesfinanzhofs lässt das Interview mit ihm in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von heute wie folgt ausklingen:

„Wir sollten froh und dankbar sein über all diejenigen, die viel Steuern zahlen. Das sind ja diejenigen, von denen der Staat lebt. Er lebt von der Wirtschaft, von den Unternehmen, den Gewerbetreibenden und den Freiberuflern, die unseren Wohlstand erzeugen.“

Recht hat er. Diese Sätze sollten auch und gerade dann nicht in Vergessenheit geraten, wenn eine Betriebsprüfung oder eine Steuerfahndungsprüfung  gegen einen erfolgreichen Unternehmer oder eine vermögende Privatperson durchgeführt wird.

Natürlich gibt es kein Recht auf Steuerhinterziehung, auch für einen ansonsten steuerzahlenden Bürger nicht. Aber es dürfen kein besonderer “Steuersünderjagdeifer“ und kein Sozialneid aufkommen, nur weil der Betroffene über ein großes Einkommen oder ein großes Vermögen verfügt. Derartiges meint man zuweilen in Ausnahmefällen bei Finanzamtsprüfungen zu bemerken, in dem einen Bundesland mehr als in dem anderen.

Im Übrigen darf ein steuervermeidendes Verhalten nach fundiertem Steuerrechtsrat von anerkannten Beratern ebenso wenig steuerstrafrechtlich kriminalisiert werden,  wie die Wortlaut getreue Anwendung von Steuergesetzen, auch wenn das Ergebnis gegen ein (zuweilen eher von Medien geprägtes) Gerechtigkeitsgefühl verstoßen könnte.

Letzteres hatte Mellinghoff in einer Veröffentlichung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft bereits 2014 vollkommen zu recht kritisiert. Und zwar ausdrücklich mit Bezug auf die damals aufkommende Cum/Ex-Problematik.

Peter Wehn, Barbara Bischoff