Es äußert sich ein amtierender Landesminister aus NRW mit Blick auf das Oberverwaltungsgerichtsurteil zum Fall Sami A. (Stopp der Abschiebung des angeblichen Leibwächters von Bin Laden) im August 2018 öffentlich: „Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen“.

Diese Äußerung muss man nicht nur als juristisch grob falsch ansehen, sondern auch als brandgefährlich. Richter sind ausschließlich dem Gesetz und seiner rechtmäßigen Auslegung verpflichtet. Punkt, Ende.

Das „Rechtsempfinden der Bevölkerung“ kommt dem gegenüber als Klonschaf eines „gesunden Volksempfindens“ daher- einem Begriff aus einer entsetzlichen, dunklen Zeit in Deutschland mit staatlicher Unrechtsherrschaft, Justizmorden und perfekt organisierten  Menschenvernichtungen vielmillionenfach.

Damit ist unserer Meinung nach eine Äußerung zu beklagen, die sich bei Licht betrachtet direkt gegen den Rechtsstaat und gegen unsere Demokratie mit der unverzichtbaren Säule strikter Gewaltenteilung richtet. Diese Gewaltenteilung und die Verbindlichkeit jeder Gerichtsentscheidung ist absolut zu respektieren, von Politikern besonders. Die zitierte Äußerung ist deshalb nicht zu rechtfertigen und nicht zu entschuldigen.

Ingo Minoggio, Peter Wehn, Barbara Bischoff, Karsten Possemeyer, Thomas Westermann, 15.09.2018