In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus Dezember 2023, Az. 2 StR 471/22, hat der BGH betreffend die Einziehung von Taterträgen zulasten des Angeklagten auf das sogenannte Bruttoprinzip abgestellt.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten in erster Instanz wegen Insidergeschäften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von circa 6,8 Mio. € angeordnet. Die Strafkammer stellte bei der Ermittlung der Höhe auf die tatsächlichen Kontogutschriften ab, bei denen Gebühren und Kapitalertragsteuern aus den Verkaufserlösen bereits abgezogen wurden. Diese Ermittlung der Höhe der Vermögensabschöpfung griff die Staatsanwaltschaft in ihrer Revision an.

Der 2. Strafsenat bestätigte, dass die Ermittlung des Wertes der Taterträge fehlerhaft war. Beim Insiderhandel stellt der Bruttoerlös aus der Veräußerung der Finanzinstrumente den Wert des Tatertrages dar. Das bedeutet, dass darunter auch Wertsteigerungen fallen, die bis zum Verkauf eingetreten sind. Daneben stellte der BGH klar, dass der Wert nicht durch Aufwendungen für die Anschaffung, durch Transaktionskosten oder durch die angefallenen Kapitalertragsteuern gemindert wird, obwohl nach § 73d Abs. 1 S. 1 StGB Aufwendungen abzuziehen sind (Ausnahme bei verbotenen Geschäften). Etwaige Doppelbelastungen seien auf steuerlicher Ebene auszugleichen. Darüber hinaus urteilte der Senat, dass auch die Reinvestition der Taterträge in weitere Insidergeschäfte keine Auswirkung auf die Einziehungsentscheidung hat. Begründet wird das mit einem ureigenen Ziel der Reform der Vermögensabschöpfung, nämlich Reinvestitionen von Verbrechensgewinnen in kriminelle Unternehmungen zu verhindern.

Die Entscheidung des BGH ist hart, aber letztlich angesichts des Gesetzeswortlauts konsequent und nachvollziehbar. Straftaten sollen sich nicht lohnen. Durch die Tat erlangtes Vermögen inklusive der Gewinne ist einzuziehen. Und zwar „brutto“ ohne Abzüge, Minderungen, oder ähnlichem – solange das gesamte Geschäft illegal ist. Da es sich bei Insidergeschäften um ein insgesamt verbotenes Geschäft handelt, ist die Entscheidung hier konsequent.

Für die Praxis der Strafverteidigung bedeutet diese Entscheidung, dass die Einziehung geprüft und geregelt werden muss. Sie kann in Fällen der Bruttoabschöpfung von existenzvernichtender Natur sein. Gibt es eine Chance, eine Nettoeinziehung zu verhandeln, kann das „Gold wert“ sein. Gleiches gilt, wenn aufgrund einer abschließenden Vergleichsvereinbarung eine Einziehungsentscheidung komplett unterbleibt. Die Möglichkeiten sind genau auszuloten.

Barbara Bischoff, Vincent Hillejan