Wir erleben die Situation gerade in schweren Firmenauseinandersetzungen nicht selten: Die Konkurrenz arbeitet mit massiv unredlichen Methoden- Industriespionage, der Maulwurf im Unternehmen, Auftragsverluste durch Schmiergeldverlockungen.

Oftmals kann man so etwas als sicher unterstellen- aber man kann es nicht gerichts- und behördenfest beweisen. Da meldet sich plötzlich ein Informant, etwa der gekündigte Prokurist, der ebenfalls betrogene Subunternehmer oder vielleicht auch die verlassene Ehefrau. Sie bieten Informationen an, nicht selten sofort Beweise. Aber sie wollen eine Gegenleistung dafür, manchmal geringen Kostenersatz, zuweilen auch eine erhebliche Bezahlung.

Darf man sich die Informationen und Belege geben lassen, sie trotz heimlicher Erlangung verwerten? Darf man sogar dafür bezahlen oder riskiert man Unverwertbarkeit, sogar eigenes Strafbarkeitsrisiko?

Die Antwort im Normalfall: Ja natürlich, man darf so etwas ankaufen. Jedes Unternehmen darf sich wehren gegen Schädigungen, für Informationsbeschaffung zur Rechtsdurchsetzung auch bezahlen. (Die USA im Fall UBS und der Deutsche Staat bei den Steuer-CDs machen es ja auch!)

Über einen aktuellen Entwurf der EU-Kommission wird voraussichtlich das Europäische Parlament im nächsten Jahr entscheiden. Danach sollen zur effektiven Verfolgung von Insider-Geschäften und Marktmanipulation die Einzelstaaten finanzielle Anreize für Informanten unter den Voraussetzungen schaffen können, dass diese Personen keiner Meldepflicht unterliegen, die Informationen neu sind und gerade diese zur Verhängung insbesondere einer strafrechtlichen Sanktion führen. Bekannt geworden ist diese Neuregelung dieser Tage als sog. „Whistleblower-Prämie“.

Bei der späteren Umsetzung ist denkbar, dass der deutsche Gesetzgeber diese Anreize auf weitere Straftaten ausdehnt.

Wichtig ist: die Kontakte zum Informanten müssen von der ersten Sekunden an vorzeigbar aufgebaut sein, etwa mit einem schriftlichen Vertrag. Es ist nämlich klar, dass Gerichte und Behörden bei Strafanzeigeerstattung oder Zivilklagen den Wert gekaufter Informationen zunächst kritisch beurteilen können. Dann ist die Darstellung von Transparenz wichtig. Im Übrigen kann in den meisten Fällen das gegen Bezahlung übermittelte Insiderwissen ohnehin schnell durch andere Beweise entscheidend gestützt werden.

Ingo Minoggio