Eine wirtschaftsstrafrechtliche Auseinandersetzung mit unschönem familiärem Hintergrund. Eine von den ehemaligen Verantwortlichen geschädigte Firma. Minoggio sucht im September hier nach Lösungen.
(K)eine Familienangelegenheit: Auseinandersetzung nach Ausscheiden eines Gesellschafters
Für Minoggio steht im September zunächst Arbeit in einem komplexen, wirtschaftsstrafrechtlichen Fall an: Eine Familiengesellschaft in Baden-Württemberg hatte über vier Generationen die Anteile an einem sich beeindruckend entwickelnden Familienunternehmen gehalten, das sich in einem kleinen technischen Bereich zum Global Player entwickelt hatte. (Wir kennen dazu die Schlagworte des erfolgreichen deutschen Mittelstandes „In the niches are the riches“, die hier zutreffende Bezeichnung von Unternehmen als „Hidden Champions“).
Jetzt musste einer Familienangehörigen, die die Gesellschaft verlassen wollte, der Anteil angemessen vergütet werden. So geschah es, alles einvernehmlich, man war ja (mittlerweile weit verzweigte) „Familie“. Die das Unternehmen über Jahrzehnte begleitende Anwaltskanzlei bereitete alles vor, „im gemeinsamen Interesse“ wurde gerechnet, ein Abfindungsbetrag gefunden und vertraglich vereinbart. Das ausscheidende Familienmitglied verzichtete auf eigene Beratung und eigene Berechnung, sie vertraute. Jetzt ist im Nachhinein mit Händen zu greifen: Man hat den Anwälten und ihr falsche Unternehmenszahlen präsentiert, unrichtig gerechnet, sie schlicht übervorteilt.
Das ist zu vollständig aufzuklären und vollständig zu korrigieren. Wir freuen uns dabei geradezu schon auf den innerfamiliären Shitstorm „Anwälte bringen unsere Familie auseinander“, „Wenn Großvater das gewusst hätte…“, der in solchen Fällen schnell entfacht wird, um sich einer genauen Überprüfung möglichst doch noch zu entziehen.
Wie bitte? Erst wird unter dem Deckmantel familiärer Zusammengehörigkeit ein Familienmitglied massiv übervorteilt zu Gunsten der verbleibenden Gesellschafter, das fällt aber leider auf. Die Betrogene wehrt sich professionell dagegen- und SIE oder wir sollen deshalb Schuld sein am Angriff auf den Familienfrieden, an negativen Schlagzeilen durch zivilrechtliche Korrektur über die Gerichte, an Strafverfolgung der unredlich handelnden Verwandten?
Nicht ernsthaft. Wer seine eigenen Angehörigen betrügt, hat die Konsequenzen daraus vollständig zu tragen. Punktum.
Schadensbegrenzung und Prüfung/Änderung der Firmencompliance nach Schädigung eines Finanzdienstleisters
Ansonsten steht für Minoggio im September noch Arbeit in einer unternehmenseigenen Untersuchung bei einem Finanzdienstleister im Norden an, der schwer unter Unterschlagungen in Millionenhöhe gelitten hat, begangen durch Teile der ehemaligen Führungsriege. Neben und unabhängig von der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden gilt es insbesondere aufzuklären, wer beteiligt war, wer weggesehen hat, welche Konsequenzen aus Compliance-Sicht schnell gezogen werden müssen und nicht zuletzt, ob und wie im In– und Ausland eine Schadensrückführung erfolgreich sein kann.
Alles Aufgaben, die staatliche Strafverfolgung nicht übernehmen kann und nicht übernehmen will (Ausnahme: Hilfe bei der Rückführung kriminell erlangten Vermögens, die allerdings noch nicht einmal an der EU- sondern bereits an der Bundesgrenze schon in der Praxis regelmäßig ihr Ende findet). Jedenfalls ist es in einem derartigen Fall aus Unternehmens– und vor allem Shareholdersicht mit dem früher allein üblichen „Freistellen, fristlos kündigen, Strafanzeige erstatten“ längst nicht mehr getan.
Der September für Bischoff: klassische Verteidigungsthemen im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Steuerrechtsausschuss, AKFA-Jahresveranstaltung mit der Steuerberaterkammer und Mitgliederversammlung des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe. Vorlesungsstart Steuerstrafrecht.
Aktuelle Auswirkungen aus der Corona-Krise: Insolvenzverschleppung
In einem Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung gegen einen GmbH-Geschäftsführer aus der Gastronomie bereitet Bischoff momentan im Ermittlungsverfahren eine umfangreiche Stellungnahme vor. Der vom vorläufigen Insolvenzverwalter begutachtete Überschuldungszeitpunkt liegt aus Sicht der Verteidigung deutlich zu früh. Dies muss anhand aussagekräftiger Unterlagen zum Überschuldungsstatus und zur Liquiditätslage der Gesellschaft herausgearbeitet werden. Beispielsweise wurde ein Rangrücktritt für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens nicht berücksichtigt, obwohl er die formalen Anforderungen erfüllt. Diese Verbindlichkeiten hätten im Rahmen der insolvenzrechtlich aufgestellten Überschuldungsbilanz nicht mehr als Fremdkapital, sondern als Eigenkapital qualifiziert werden müssen. Zudem hatten die schleppend ausgezahlten Corona-Überbrückungshilfen ebenfalls ihren Anteil an der finanziellen Schieflage des Restaurants. Die zumindest zeitweise greifende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird ebenfalls als weiteres Argument für die Verteidigungsstrategie nutzen. Selbst wenn ein früherer Überschuldungszeitraum und ein verspäteter Antrag festgestellt werden sollten, wäre aus Sicht der Verteidigung zumindest ein vorsätzlicher Verstoß angesichts der komplexen Gesamtsituation in der Corona-Krise sicher auszuschließen. Nach dieser Stellungnahme wird das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gesucht. Es soll über eine Abkürzung des Verfahrens verhandelt werden. Die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage erscheint als ein realistisches Verteidigungsziel durchsetzbar zu sein. Im Hintergrund droht nämlich ansonsten auch § 6 GmbhG: Bei Vorsatzverurteilung droht gesetzlich zwingend sofortige Amtsunfähigkeit als GmbH-Geschäftsführer für fünf Jahre!
Ferienwohnung als Liebhaberei – vermehrt auch im Steuerstrafverfahren
Egal, ob es die zur Vermietung oder Vercharterung angeschaffte Ferienwohnung, die Yacht oder das Flugzeug betrifft: Das Thema Liebhaberei ist im Steuerrecht und in laufenden Betriebsprüfungen ein Dauerbrenner. Das Finanzamt bestreitet in diesen Fällen bei ständigen Verlusten nicht selten die Gewinnerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen, unterstellt eine überwiegende Anschaffung des Luxusgegenstandes für das private Vergnügen. Mit dieser Argumentationskette sollen Verluste nicht anerkannt werden. Neuerdings wird in diesen Konstellationen auch häufiger ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, da die Finanzverwaltung sich auf den Standpunkt stellt, dass die fehlende Gewinnerzielungsabsicht bereits seit der Anschaffung feststand und die unrechtmäßige Steuerersparnis bewusst gewollt war. In derartigen Verfahren, von denen momentan gleich mehrere bei Bischoff auf dem Schreibtisch liegen, geht es oftmals in erster Linie darum, die steuerliche Rechtslage aufzuarbeiten. Nicht selten ist die Aberkennung der Verluste nicht so einfach, wie die Finanzverwaltung es sich vorstellt. Helfen kann unter Umstände eine Totalüberschussprognose über einen längeren Zeitraum. In einigen Fällen kann auch eine einverständliche Aufteilung der Werbungskosten oder Betriebsausgaben verhandelt werden, um das steuerliche Risiko auf ein vernünftiges Maß zu minimieren. Wichtig ist, dass bei der Verhandlung einer Lösung das eingeleitete Steuerstrafverfahren nicht vergessen wird. Eine mögliche steuerliche Lösung sollte als Gesamtpaket – roter Verteidigungsfaden im steuerstrafrechtlichen Tagesfall- inklusive des Abschlusses des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens verhandelt werden. Nur so kehrt für den Mandanten endgültig Ruhe ein.
Off-Topic: Vorlesung Steuerstrafrecht beginnt wieder
Im September startet Bischoff wieder mit ihrer Vorlesung zum Steuerstrafrecht an der FOM in Münster. Im Rahmen des Bachelor of law-Studienganges mit dem Schwerpunkt Steuerrecht werden die Studenten an die besonderen Verfahrensabläufe in Steuerstrafverfahren herangeführt und praktische Fälle aus dem Berufsalltag einer Verteidigerin besprochen. Der Austausch mit den Studenten, die oftmals im Rahmen des dualen Studiums bei einem Steuerberater oder Unternehmen aus der Region arbeiten, ist interessant und bereitet Bischoff trotz der zusätzlichen Belastung viel Freude. Am 17.09.2021 findet mit der Mitgliederversammlung des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe die wichtigste Veranstaltung des Verbandsjahres statt, an der Bischoff aufgrund ihrer verschiedenen Tätigkeiten für den Steuerberaterverband ebenfalls teilnehmen wird. Der September ist ohnehin auch von Verbandstätigkeiten geprägt, da der Steuerrechtsausschuss turnusmäßig tagt und die Jahresveranstaltung des Arbeitskreises Kontaktgespräche mit den Finanzämtern in der Halle Münsterland gemeinsam mit der Steuerberaterkammer in Präsenz durchgeführt werden kann. Insgesamt ein abwechslungsreicher Monat.
Im September auf dem Programm: Beginn einer intensiven Hauptverhandlung und eines gefährlichen Zivilprozesses, neue private Aufgaben.
Zivilrechtlicher Flankenschutz in einem Strafverfahren.
Aufgrund seiner Spezialisierung gehören Zivilverfahren für Wehn nicht (mehr) zum Alltagsgeschäft. Manchmal lassen sich diese jedoch nicht vermeiden und stellen für Mandanten eine größere Gefahr dar als Strafverfahren. Eine mündliche Verhandlung in einem solchen Verfahren steht im September an. Wehn vertritt einen Beklagten nach einer ernsthaften körperlichen Auseinandersetzung, die angeblich bei dem Geschädigten bleibende Schäden hinterlassen haben soll. Die Einzelheiten und der zugrunde liegenden Sachverhalt sind durchaus noch streitig. Der Mandant beruft sich nachvollziehbarerweise auf sein Notwehrrecht. Nun hatte der Anwalt des angeblich Geschädigten bereits Zivilklage auf einen mittleren fünfstelligen Betrag sowie – schwerer wiegend – Zahlung aller noch in Zukunft anstehenden Kosten erhoben. Anstatt das Verfahren nach § 149 ZPO bis zum Ende des parallel laufenden Strafverfahrens abzuwarten, wird ein Landgericht in Ostwestfalen im September gleich mehrere Termine mit zahlreichen Zeugen abhalten. Hier müssen zahlreiche Zeugenaussagen analysiert und deren Befragung vorbereitet werden. Wichtig auch: Zivilverfahren folgen anderen Grundsätzen als Strafverfahren (Vortrags- und Wahrheitspflicht).
Schmerzhafte, aber notwendige Aufarbeitung eines Tötungsdelikts.
Ebenso im September beginnt vor einem Landgericht die Hauptverhandlung in einem Kapitalstrafverfahren. Wehn verteidigt eine junge Frau, der die Tötung ihres langjährigen Lebensgefährten vorgeworfen wird. Dem Plan des Landgerichts folgend werden wohl 20-30 Zeugen alleine in den Terminen im September gehört werden. Die Mandantin hat sich bisher zu den Vorwürfen nicht geäußert. Wehn wird mit ihr ihre Sichtweise, die Beweggründe und den Geschehensablauf vorbereiten. Da die Täterschaft außer Frage steht, müssen dem Gericht die Hintergründe der teils komplexen und für Außenstehenden schwer nachvollziehbaren Beziehung möglichst plastisch und lebensnah dargelegt werden. Es ist einer der Fälle, die einem Eisberg ähneln: Der für alle sichtbare und in der Presse kolportierte Teil stellt nur den Bruchteil der eigentlichen Geschichte dar. Die für das Gericht in der Urteilsfindung entscheidenden Aspekte müssen stattdessen mühsam und für die Mandantin sicherlich auch teilweise schmerzhaft herausgearbeitet werden. Hier ist nicht nur solides Verteidigerhandwerk gefragt, sondern auch behutsames Vorgehen gegenüber der anvertrauten Mandantin. Es wird auch um das Verstehen eines Menschen gehen, der schlichtweg falsch gehandelt hat.
In guter Sache:
Peter Wehn ist derzeit Präsident des Lions Clubs Hamm Bad Hamm. Der Club engagiert sich für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Hamm. Derzeit wird eine große Auktion mit besonderen Gegenständen und Events für November vorbereitet. Die vollständig ehrenamtlich auf die Beine gestellte Veranstaltung dient zur Unterstützung des Vereins „Fit for Future“ in Hamm, der Kinder und Jugendliche nach der Schule betreut und fördert. Wer spenden möchte (gerne!):
http://www.lionsclub-hamm-hammona.de/spenden.html
Vermögensdelikte, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Kapitalstrafsachen, Raubtaten und auch Körperverletzungsdelikte beschäftigen Possemeyer im September.
Fast and Furious
Possemeyer verteidigt einen Mandanten im Ruhrgebiet, der sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verantworten muss. Das Besondere ist, dass er auf der Flucht vor der Polizei war: Der Angeklagte war nachts in seinem Golf GTI in Dortmund unterwegs. Als er an einer Polizeistreife vorbeifuhr, entschlossen sich die Beamten, ihn mit ihrem Einsatzwagen zu folgen, um ihn einer allgemeinen Verkehrskontrolle zu unterziehen. Der Angeklagte bemerkte wahrscheinlich das Anhalte-Signal der Polizeibeamten und wollte sich der drohenden Verkehrskontrolle entziehen. Ohne sich über andere Verkehrsteilnehmer und mögliche Gefahren Gedanken zu machen, beschleunigte er seinen Golf GTI mit Vollgas bis auf 130 km/h und durchfuhr mit dieser Geschwindigkeit einen Abschnitt mit der angeordneten Geschwindigkeit von 30 km/h. Dabei war es das Ziel des Mandanten, dem verfolgenden Streifenwagen zu entkommen. Tatsächlich verloren die Beamten den Angeklagten. Dieser setzte seine Fahr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fort – auch durch eine Fußgängerzone, in der er fast mit einer Personengruppe kollidierte, die sich noch so gerade zur Seite retten konnten.
Vor diesem Hintergrund wird man davon ausgehen müssen, dass der Angeklagte sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennen strafbar gemacht haben kann. Polizeifluchtfälle werden vom neuen Straftatbestand des § 315 d StGB erfasst, sofern festgestellt werden kann, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
DNA alleine reicht nicht aus…
In einem weiteren Verfahren verteidigt Possemeyer einen Mandanten vor einem ostwestfälischen Landgericht wegen Einbruchsdiebstählen. Mittlerweile sind diese Delikte aufgrund der hohen Straferwartung und der guten Haussicherungen rückläufig. Dennoch kommen sie noch vor und sind für die Eigentümer sehr belastend, nicht nur wegen des Verlustes von Wertgegenständen, sondern auch wegen Verlustes von persönlichen Sicherheitsgefühlen.
Umso mehr ist es zwingend, dass die Schuld der Beschuldigten zweifelsfrei festgestellt werden kann. In diesem Fall werden dem Mandanten drei Einbrüche in Wohnhäuser vorgeworfen. Einziges „Beweismittel“ ist DNA auf einer Sprühflasche, die man in der Nähe (Garten) des betroffenen Hauses gefunden hat. Aufgrund der örtlichen und zeitlichen Nähe zu weiteren betroffenen Häusern geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass diese Einbrüche ebenfalls vom Betroffenen verübt wurden. Für die Verteidigung ist es wichtig, dem Gericht aufzuzeigen, dass die Übertragung von DNA auf mobile Alltagsgegenstände – auch wenn sie bei den Einbrüchen benutzt wurden – durchaus auch anderweitig und nicht im Rahmen der Einbrüche auf die Flasche gelangt sein können. DNA ist nur Statistik.
Teils verheerende Nebenfolgen von Strafverfahren stehen im September bei Westermann im Fokus.
Seltener Ausflug in das Auslieferungsrecht
Voraussichtlich im September entscheidet sich das weitere Schicksal eines Mandanten von Westermann, der sich aktuell in Auslieferungshaft befindet. Französische Behörden werfen dem seit zehn Jahren erfolgreich lokal als Geschäftsmann in Deutschland lebenden Mann vor, Flüchtlinge bei der Einreise nach Frankreich und der Weiterreise nach England unterstützt zu haben durch Kontakte und durch logistische Unterstützung. Aufgrund eines Auslieferungsersuchens hatte das Amtsgericht einen Auslieferungshaftbefehl erlassen.
Nunmehr entscheidet das Oberlandesgericht über die Zulässigkeit der Auslieferung nach Frankreich. In solchen Fällen ist die Arbeit des Verteidigers nicht einfach, aber zumindest klar umrissen: Die Frage nach der eigentlichen Strafbarkeit stellt sich hier nicht, da das Oberlandesgericht dafür grundsätzlich nicht zuständig ist. Da eine Auslieferung nach Frankreich begehrt wird, entfallen auch menschenrechtliche Bedenken.
Ansatzpunkt ist, das Oberlandesgericht davon zu überzeugen, dass der Mandant sich auch ohne Auslieferungshaft dem Verfahren in Frankreich stellen wird. Diese Situation ist einer Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr nicht unähnlich. Zehn Jahre erfolgreiche Tätigkeit in Deutschland, eine dreiköpfige und hier festverwurzelte Familie, eine solide, aber nicht extravagante finanzielle Grundlage: All dies spricht dagegen, dass der Mandant alles hinter sich lässt, um einer möglichen Strafe in Frankreich zu entkommen. Richtig und vernünftig wäre es, wenn ihm gestattet wird, das Verfahren von Deutschland aus mit einem französischen Kollegen vorzubereiten. Westermann wird hier umfangreich und mit zahlreichen Nachweisen Stellung nehmen, voraussichtlich noch im September wird das Oberlandesgericht dann entscheiden über die Zulässigkeit. Zwar sind auch danach noch Eingaben an das Oberlandesgericht möglich, die wichtigste Weichenstellung steht nun aber kurzfristig bevor.
Strafverfahren mit potentiell verheerenden beruflichen Folgen
Vor einem Schöffengericht in Niedersachsen vertritt Westermann eine Mandantin in der anstehenden Hauptverhandlung. Hauptproblem in diesem Verfahren ist nicht nur die Straferwartung im Falle einer Verurteilung, sondern besonders die verheerenden Folgen in beruflicher Hinsicht auch bei einer geringen Strafe.
Der Mandantin, einer Berufsbetreuerin, wird Veruntreuung von Geldern eines ihrer Schützlinge vorgeworfen. Sie soll eine ältere Dame dazu überredet haben, Gelder auf ein von ihr kontrolliertes Konto zu überweisen. Die Mandantin bestreitet jeglichen Vorwurf der eigenen Begünstigung. Es ist auch nicht feststellbar, dass sie tatsächlich Teile des knapp sechsstelligen Betrages für sich benutzt hätte.
Aus Sicht der Verteidigung liegt hier ein Fall vor, in dem man von einem echten Fehler ausgehen muss, und nicht von einem kriminellen Vorsatz. Tatsache ist, dass die Gelder bereits während des Ermittlungsverfahrens, ohne dass die Mandantin von dem Verfahren Kenntnis hatte, direkt an die Betreute zurückgeflossen sind. Aufgrund einer (der mittlerweile vielen) Geldwäscheanzeige der Bank ist das Verfahren jedoch in Gang gekommen. Hier muss dem Gericht klargemacht werden, dass nie ein strafrechtlicher Vorsatz bestanden hat. Jegliche Verurteilung in diesem Fall würde das Ende der Tätigkeit der Mandantin bedeuten, die diese bereits seit 25 Jahren bislang absolut beanstandungsfrei ausgeführt hat.
Verfahren vor einem Finanzgericht und Planung einer Selbstanzeige beschäftigen Hillejan im September.
Verfahren vor einem Finanzgericht und Planung einer Selbstanzeige beschäftigen Hillejan im September.
Hillejan vertritt im September eine Mandantin aus dem Osnabrücker Umland in einem finanzgerichtlichen Verfahren. Nach dem Ergebnis einer Betriebsprüfung im Unternehmen des Ehemannes der Mandantin sowie einem steuerstrafrechtlichen Verfahren gegen ihn müssen erhebliche Beträge im hohen sechsstelligen Bereich zurückgezahlt werden.
Das beklagte Finanzamt versucht nun, an diese Beträge – zumindest teilweise – über die Mandantin zu gelangen. Die Mandantin und ihr Ehemann wurden steuerlich gemeinsam veranlagt. Auf Antrag der Eheleute wurden die Steuern einschließlich Nebenabgaben zunächst ordnungsgemäß durch Bescheid aufgeteilt. Grundsätzlich gilt, dass nach erfolgter Aufteilung die Vollstreckung nur nach Maßgabe der auf den einzelnen Steuerschuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden darf, also hinsichtlich des Ehemannes eigentlich nicht gegen die Mandantin. Diese Vollstreckungsbeschränkung hat das beklagte Finanzamt jedoch durch Ergänzungsbescheid über einen Betrag in Höhe von circa 75.000 € zum Nachteil der Mandantin gemindert. Es ist der Auffassung, dass Bareinzahlungen in dieser Höhe auf das Konto der Mandantin nicht aus ihrem Privat-, sondern aus dem Betriebsvermögen des Unternehmens des Ehemanns stammen.
Tatsächlich lassen sich die Bareinzahlungen aber plausibel erklären. Es handelt sich zu einem nicht geringen Teil um Hochzeitsgeschenke. Das mag für den ein oder anderen auf den ersten Blick ungewöhnlich aussehen. Jedoch ist der kulturelle Hintergrund der Mandantin zu beachten. Sie stammt aus einer sehr wohlhabenden arabischen Familie. Zur Hochzeitsfeier waren über 1.200 Gäste geladen. Bei diesen opulenten Großhochzeiten ist es nicht unüblich, dass die Gäste dem Hochzeitspaar hohe Bargeldbeträge und/oder teuren Goldschmuck schenken. Auch wenn das Finanzamt es als lebensfremd ansieht, dass solche Beträge allein aus Hochzeitsgeschenken stammen können, ist Hillejan zuversichtlich den Prozess zu gewinnen. Zum einen wurden die verschiedenen Geschenke glücklicherweise ausreichend dokumentiert, zum anderen trägt das Finanzamt die Beweislast dafür, dass der Mandantin, die nicht einmal Teil der Betriebsprüfung oder des Steuerstrafverfahrens war, angeblich unentgeltliche Zuwendungen aus dem Vermögen des Unternehmens zugeflossen sind. Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.
Immer noch wichtig und relevant: Die Selbstanzeige
Zudem vertritt Hillejan einen Mandanten aus dem Ruhrgebiet in einem steuerstrafrechtlichen Verfahren. Der handwerklich begabte Mandant hat vor einiger Zeit ein Haus, das aus zwei Doppelhaushälften besteht, größtenteils in Eigenregie gebaut. In der einen Hälfte wohnt er mit seiner Ehefrau, in der anderen Hälfte wohnt ihr gemeinsamer Sohn. Allerdings haben die steuerlich völlig unerfahrenen Eheleute gegenüber dem Finanzamt zunächst nicht angezeigt, dass der Sohn für die Überlassung der Doppelhaushälfte Miete zahlt.
Ein langwieriges Steuerstrafverfahren kann hier durch eine straflose Selbstanzeige verhindert werden. Die Voraussetzungen liegen vor. Die falschen Angaben in den Steuererklärungen – also die nicht angegebenen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung – müssen in vollem Umfang nachgeholt werden. Auf dieser Grundlage wird das Finanzamt dann geänderte Bescheide erlassen und der Mandant muss die Steuern inklusive Zinsen vollständig nachzahlen. Ist das getan, wird das Verfahren folgenlos eingestellt. Der Mandant bleibt straffrei und die Unschuldsvermutung gilt weiter fort. In solchen Fällen ist die Selbstanzeige ein probates Mittel, um drohende Steuerstrafverfahren zügig zu beenden ohne großes Aufsehen zu erregen. Es gibt sie also allen Unkenrufen der letzten Jahre zum Trotz immer noch. Die goldene Brücke von der tiefsten, bei Aufdeckung jahrelange Strafhaft bedeutende Steuerstrafbarkeit zur vollständigen Straflosigkeit. Sie ist teurer und etwas schwieriger geworden, aber sie hat überlebt.
Der September 2021 steht im Zeichen der Ermittlungs- und Verhandlungsarbeit eines Strafverteidigers.
Der September 2021 steht im Zeichen der Ermittlungs- und Verhandlungsarbeit eines Strafverteidigers.
Licht ins Dunkel
Anke hilft im September der Geschäftsleitung eines Unternehmens aus dem Ruhrgebiet in einer arbeits- und zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit einem (Noch-)Arbeitnehmer durch strafrechtliche Begleitung. Der Mitarbeiter hat über Jahre durch ein ausgeklügeltes System Gelder aus dem profitabel agierenden Unternehmen gezogen, um sie für sich zu behalten bzw. größtenteils wohl um seinem „Jacht“-Hobby nachzugehen. Aufgefallen ist „die Masche“ nur, weil das Unternehmen nach einer Compliance-Beratung ein funktionierendes Whistleblower-System installiert hat.
Für die strafrechtliche Begutachtung nimmt Anke zunächst im Rahmen von Internal Investigations an Mitarbeitergesprächen teil. Hierbei handelt es sich in vielen Fällen nicht bloß um Gespräche, sondern meistens schon um „Verhöre“. Es stellen sich deshalb bereits einige strafprozessual interessante Fragen, wenn die Gesprächsergebnisse für eine spätere strafrechtliche Verfolgung des beschuldigten Mitarbeiters oder zur Untermauerung von Argumenten in arbeits- und zivilrechtlichen Auseinandersetzungen verwertbar sein sollen. Außerdem sollte bereits vor dem Gespräch klar sein, welche Informationen vom jeweiligen Gesprächspartner erwartet bzw. eingeholt werden können.
Oftmals wird von der Geschäftsleitung eines Unternehmens ein solches Gespräch zu locker genommen und im Sinne einer vermeintlich schnellen Lösung unbedacht und zu wenig geplant geführt. Um tatsächlich sinnvolle und zulässige Ergebnisse aus einer solchen Befragung von Mitarbeitern ziehen zu können, bedarf es allerdings Vorbereitung, etwa durch Erstellung eines zielführenden Fragenkatalogs, der vorherigen Abklärung rechtlicher Voraussetzungen der Befragung und einer guten Gesprächsführung.
Paketlösung in Sicht
Für den in einer großen Hansestadt lebenden Mandanten zeichnet sich eine für ihn positive Lösung seines steuerlichen Konflikts mit der Finanzverwaltung ab. Anhand detaillierter Nachweise konnte Anke das Finanzamt davon überzeugen, dass zwar Steuerschulden entstanden sind, aber nicht wegen eines Verschuldens des Mandanten. Im Ergebnis ist man sich zumindest einig, dass eine einvernehmliche Lösung für die Steueransprüche gefunden werden kann und soll.
Zeitgleich befindet sich Anke auch noch im Austausch mit den Strafverfolgungsbehörden, die von dem betroffenen Finanzamt unnötigerweise in diese Angelegenheit involviert worden sind. Mit beiden Behörden muss jetzt eine „Paketlösung“ gefunden werden, damit die Angelegenheit vollständig vom Tisch kommt.
In Fällen, in denen steuer- und steuerstrafrechtliches Verfahren gegen den Mandanten parallel laufen, muss der Vertreter bzw. Verteidiger stets darauf achten, dass auch beide Verfahren „Hand-in-Hand“ abgeschlossen werden. Nur durch eine Beratung mit Überblick in den Verlauf des Besteuerungs- ebenso wie in das Strafverfahren hinein, drohen dem Mandanten nach Abschluss eines Verfahrens keine bösen Überraschungen aus dem jeweiligen anderen Verfahren.