Was machen wir im September
Was macht Minoggio
Minoggio hat endlich und mit tatkräftiger Kollegenhilfe sein Manuskript für das Münchener Anwaltshandbuch Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren abgeschlossen und eingereicht, große Erleichterung. Die Ferien in NRW sind zu Ende, Gerichtstermine stehen an. Mit Spannung erwartet wird von der Fachöffentlichkeit und der allgemeinen Öffentlichkeit der Beginn der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Bonn im ersten Cum/Ex-Verfahren. Die Kanzlei ist an der Vertretung in derartigen Verfahren beteiligt, allerdings nicht im jetzt beginnen Prozess vor dem Landgericht Bonn. Die Erwartungshaltung von Journalisten und Öffentlichkeit wird mutmaßlich enttäuscht werden, dass sich aus den Erörterungen dort stabile Erkenntnisse insgesamt ergeben. Es dürfte nach den vorliegenden Hinweisen allen Diskretionsbemühungen zum Trotz bereits Annäherungen gegeben haben, die eine Wahrheitsfindung begrenzen könnten. Gleichwohl müssen die Erkenntnisse aus dem Verfahrensverlauf berücksichtigt werden, soweit von außen erkennbar.
Nach einer unternehmenseigenen Untersuchung ist ein Bericht zu schreiben, der den Verantwortlichen den ermittelten Sachverhalt näher bringt und gewünschte Handlungsempfehlungen enthält- in den inneren Grenzen des rechtlich zwingenden, nicht verhandelbaren Maßes und den äußeren Linien des Zweckmäßigen. Hierbei ist von unserer Seite Zurückhaltung und Respekt vor dem Unternehmen und seiner Philosophie gefordert. Immer wieder die Nahtstelle: Sofern strafbares Verhalten oder Verdachtslagen dazu ermittelt wurden: Ist Strafanzeige zu erstatten? Dabei recht einfach für alle Verantwortlichen: Bei Straftatverdacht immer Strafanzeige. So wird Verantwortung allerdings nur abgegeben – und nach unserer Erfahrung oftmals zulasten des Unternehmens außer Acht gelassen, dass das rigorose kaufmännische und rechtliche Beseitigen von Fehlentwicklungen für Gegenwart und Zukunft unverzichtbare Führungsaufgabe darstellt, ebenso die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, sofern das im rechtlichen und kaufmännischen Interesse des Unternehmens liegt, dass aber Strafanzeigen nicht Bestandteil dieses Vorgehens sind und oftmals mehr Schaden als Nutzen verursachen. Wer das als bedenkliches Vertuschen ansieht, vereinfacht zu sehr, verkennt oftmals Zusammenhänge und wird durch den Verlauf des selbst in Gang gesetzten Strafverfahrens oftmals auf Kosten des Unternehmens eines Besseren belehrt.
Darüber hinaus ist eine Stellungnahme in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Untreue in einem nördlichen Bundesland zu erarbeiten, betreffend den ehemaligen Führungsverantwortlichen eines Technikkonzerns. Bemerkenswert dazu: Während kaufmännischer Erfolge über Jahre war dessen Ausgabeverhalten deutlich sichtbar und wurde von Kollegen und Aufsichtsrat toleriert. Dann plötzlich zu einem (aus gänzlich anderen Motiven gewählten?) Zeitpunkt ruft man nach dem Staatsanwalt, weil man das Vermögen des Unternehmens jetzt erstmals in den letzten Jahren (!) ungetreu verschwendet sieht. Hier wird Detailarbeit in der Weise zu leisten sein, dass die Kenntnis und Billigung der Aufsichtsorgane und der 4 bzw. mindestens 2 anderen Augen bei Vieraugenprinzip offenbar wird. Das alles in der Hoffnung, dass die Ultima Ratio Funktion des Strafrechts anerkannt wird und nicht allgemeine Sozial(neids)erwägungen die saubere Prüfung des in der Rechtswissenschaft unumstritten konturenlosen Untreuetatbestandes ersetzen.
In einem Medizinstrafverfahren in Süddeutschland steht eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft an, zur Abkürzung des Verfahrens soll eine Geldauflage freiwillig akzeptiert und gezahlt werden. Parallel dazu hat der Medizinrechtler nach langen Verhandlungen eine Einigung mit den beteiligten Krankenkassen herbeigeführt. Das eine macht im Wirtschaftsstrafverfahren fast nie Sinn ohne das andere. Deshalb muss ein Konsens insgesamt gefunden werden im Sinne der Auflösung des Gesamtkonflikts. Die Praxis des Wirtschaftsstrafverfahrens ist in gewichtigen Fällen diametral weit entfernt von den gesetzlichen Vorgaben einer Verständigung im Strafverfahren und den Transparenzforderungen des Bundesverfassungsgerichts hierzu. Mit Mauschelei oder Rechtsstaatlichkeit hat das nichts zu tun, sondern damit, dass ein Wirtschaftsstrafverfahren nicht nur aus einem Strafverfahren und die Sanktion dort nicht nur aus der förmlichen Sanktion am Ende besteht, sondern aus dem Strafverfahren als Sanktion selbst und allen begleitenden Zivil- und Berufsverfahren.
Was macht Bischoff
Bischoff verteidigt im September zunächst wie immer viel im Steuerstrafrecht. Ein Gastronomiebetrieb aus Ostwestfalen befindet sich seit Monaten im Fokus der Steuerfahndung. Seit der Durchsuchung sind einige Wochen vergangen. Die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen und Daten dauert an. Der Mandant hat ein Interesse an Klarheit und muss wirtschaftliche Entscheidungen treffen. Endlich konnte der ermittelnde Fahnder zu einem ersten Erörterungstermin seiner vorläufigen Ergebnisse bewegt werden. Es geht darum, viele Informationen über den Stand seiner Ermittlungen zu sammeln. Auf dieser verbesserten Informationsbasis können Einigungspotentiale ausgelotet werden. Gemeinsam mit der Steuerberatung und dem Mandanten muss entschieden werden, in welchen von der Fahndung noch tragbaren Zuschätzungsbereichen eine Einigung im Interesse des Mandanten liegen könnte. Fest steht im vorliegenden Fall –wie oft in Bargeldbetrieben-, dass die Kassenführung im erheblichen Umfang angreifbar ist. Ihm zuzuordnende Kundenkarten im Großhandel mit fiktiven Namen waren Durchsuchungsanlass und deuten auf Schwarzeinkäufe hin. Einsetzen muss die Verteidigung deshalb so früh wie möglich. Es darf keinesfalls zunächst der Verlauf des Besteuerungsverfahrens abgewartet und erst danach der strafrechtliche Abschluss verhandelt werden. Ist die tatsächliche Verständigung erst einmal abgeschlossen, wird es schwer, das steuerliche Ergebnis im Strafverfahren noch grundlegend anzugreifen. Es muss deshalb in den nächsten Wochen auf das bestmögliche Gesamtpaket für Steuer- und Strafverfahren in hingearbeitet werden.
In einem strafrechtlichen Berufungsverfahren wegen Untreuevorwürfen hat Bischoff jetzt die Verteidigung vor einem ostdeutschen Landgericht übernommen und muss die komplexen Vorwürfe aufarbeiten. Nach Akteneinsicht muss hierzu der Geschehensablauf zunächst in seinen sämtlichen Verästelungen verstanden werden. Da es sich im vorliegenden Fall um einen sehr speziellen Metallverarbeitungsbetrieb handelt, muss der Mandant wie ein Übersetzer das besondere Geschäftsmodell des Unternehmens wirtschaftlich erklären. Erst danach kann eine juristische Bewertung stattfinden und gemeinsam die richtige Verteidigungsstrategie bestimmt werden. Da allerdings im ersten Durchgang vor dem Amtsgericht dem Mandanten ein sprichwörtlich kurzer Prozess mit einem für den Mandanten verheerenden Ergebnis gemacht wurde, steht zumindest fest, dass das Berufungsgericht ggf. gegen seinen Willen mit Beweisanträgen zu einer deutlich tiefer gehenden Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Parametern veranlasst werden kann.
In einer seit Monaten laufenden, streitigen Betriebsprüfung im Münsterland steht ein gemeinsam mit der Steuerberatung vorbereiteter Termin zur Schlussbesprechung an. In einem solchen Termin soll nach dem Willen des Gesetzgebers versucht werden, möglichst viele strittige Punkte zu klären, um das Verfahren zu verschlanken. Diese Sichtweise passt im vorliegenden Fall. Es wird vor allem um eine bedeutsame Rechtsfrage aus dem Bereich der Lohnsteuer gestritten. Das Finanzamt lässt sich nicht von seinem Standpunkt abbringen, obwohl gravierende Argumente der Sichtweise entgegenstehen. Es steht deshalb fest, dass es für die zentrale Rechtsfrage keine Einigung geben wird. Weitere Prüfungsfeststellungen sind hingegen nur teilweise angreifbar und können ohne weiteres – wie oftmals in Betriebsprüfungen – als Gesamtpaket gelöst werden. Es liegt deshalb rein wirtschaftlich im Interesse des Mandanten, nicht auf die Schlussbesprechung zu verzichten und in möglichst allen anderen Punkten eine wirtschaftlich sinnvolle Einigung zu erzielen. Danach kann isoliert wegen der Rechtsfrage das Verfahren fortgesetzt werden. Geplant ist, nach Erlass der insoweit zu erwartenden Bescheide sofort mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die vorläufige Einschätzung der Finanzrichter zu erfahren. Dieses Vorgehen ist wesentlich erfolgsversprechender, als zunächst nur isoliert auf das Einspruchsverfahren zu setzen. Eine Emanzipation der Rechtsbehelfsstelle von der Betriebsprüfung ist in der vorliegenden Konstellation kaum zu erwarten. Oftmals werden sogar deren Stellungnahmen noch von der Betriebsprüfung vorbereitet, die damit die eigenen Ergebnisse verteidigen darf.
Im September stehen zudem für Bischoff wieder die ersten drei Vorlesungstermine an der FOM Münster im Steuerstrafrecht an. Da die Studenten nur wenig strafrechtliche Grundkenntnisse mitbringen, müssen zunächst in einem mehrstündigen Crashkurs die Grundlagen des Strafrechts und des Strafprozesses vermittelt werden. Danach wird Bischoff mit den Studenten anhand von Fallstudien den Straftatbestand der Steuerhinterziehung aufgliedern. Daneben schreiten die Vorbereitungen für die Neuveröffentlichung unseres Fachbuches Unternehmensverteidigung mit Hochdruck voran.
Was macht Wehn
Der September steht für Wehn im Zeichen möglicher frühzeitiger Verständigungen zugunsten seiner Mandanten. Er nimmt Mitte September an einem Erörterungstermin bei einem Hauptzollamt teil. Dort wird die Sach- und Rechtslage in einem angeblichen Schwarzarbeitsfall mit den Ermittlern besprochen. Im Gegensatz zu den bekannten Erörterungsterminen vor dem Finanzgericht in steuerlichen Verfahren, gibt es für diese Art von Erörterung mit dem Hauptzollamt als ermittelnde Behörde keine konkrete gesetzliche Grundlage. Verboten sind sie aber natürlich nicht, sie können auf beiden Seiten den Aufwand verringern und sind grundsätzlich für den Mandanten positiv. Selbst wenn keine Einigung über einen Verfahrensausgang erzielt wird, bietet der Informationsaustausch Anhaltspunkte für das weitere Vorgehen im Verfahren. Konkret geht es um die Anzahl von Arbeitsstunden, die für den Betrieb einer Gastronomie gebraucht werden. Das Hauptzollamt kommt nach Besuchen beim Mandanten und Befragungen von Mitarbeitern auf eine bestimmte Stundenanzahl, Wehn nach eigenen Berechnungen auf viel geringere Stunden. Im Rahmen eines Gesprächs kann herausgearbeitet werden, wo das Hauptzollamt falsch liegt – und es hoffentlich davon auch überzeugt werden. Ansonsten muss im Zweifel eben das Gericht überzeugt werden.
Eine andere Art von Gespräch findet in einem Strafverfahren vor einem Landgericht im Ruhrgebiet Ende des Monats statt. Wehn vertritt einen Mandanten wegen schwerer Steuerhinterziehung. Das Landgericht hat sowohl ihn als Verteidiger als auch die Vertreter der Staatsanwaltschaft zu einem umfassenden offiziellen Vorgespräch eingeladen, über „das Verfahren, die Sache und mögliche Ergebnisse“. Diese Gespräche haben (auch) den Zweck, sich über eine mögliche Verständigung im Verfahren nach § 257c StPO (also umgangssprachlich einen „Deal“) zu besprechen. Solche Gespräche werden nicht informell oder intransparent durchgeführt, vielmehr wird der Verlauf nach strengen Vorgaben des BGH und BVerfG protokolliert und in eine spätere Hauptverhandlung eingeführt. Die Möglichkeit einer Verständigung bedeutet aber auch, dass ein Anwalt sich auf ein solches Gespräch mit Strategie und Taktik wie auf einen Hauptverhandlungstermin vorbereiten muss.
In einem anderen Fall begleitet Wehn eine Betriebsprüfung in einer Großgastronomie, die wahrscheinlich mindestens noch bis in den Oktober dauern wird. Aktueller Knackpunkt ist die im Rahmen einer Gastronomieprüfung häufig anzutreffende sog. „30/70-Methode“. Diese Bezeichnung ist irreführend, da es sich nicht um eine Methode, also ein planmäßiges Verfahren, handelt. Hintergrund sind vielmehr die Annahmen, dass in einer Gaststätte verkaufte Getränke und verkaufte Speisen im Verhältnis von 30 zu 70 stehen, und dass bei unverbuchtem Getränkeeinkauf zwingend der Betreiber auch Speiseeinkauf im selben Verhältnis unverbucht gelassen hat. Diese Betrachtung ist für die Prüfer bequem und für den Mandanten absolut gefährlich. Der Anwalt muss in solchen Fällen die eklatanten Schwächen dieser völlig ungeeigneten Betrachtung darstellen und insbesondere die tatsächlichen Gegebenheiten der geprüften Gastronomie herausstellen, die gegen sie sprechen (Anteil des Außerhausverkaufs, gibt es feststellbare Anhaltspunkte für Manipulationen beim Speiseverkauf?). Erfolge vor Erstellung des Betriebsprüfungsberichts in dieser Hinsicht können ein späteres Verfahren vor dem Finanzgericht unnötig machen.
Was macht Possemeyer
Im September beginnt für Rechtsanwalt Possemeyer ein Umfangverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Angeklagt sind sieben Beschuldigte, die Hauptverhandlung ist angesetzt für 20 Hauptverhandlungstage.
Problematisch erscheint die rechtliche Einordnung des Falles. Nach § 30 a Betäubungsmittelgesetz wird mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt und dabei eine Schusswaffe mit sich führt. In diesem Fall wurden eine größere Menge Betäubungsmittel im Keller des Beschuldigten gefunden. In der Wohnung hat die Polizei eine Waffe sichergestellt.
Grundsätzlich reicht der gleichzeitige Besitz von zum Verkauf bestimmten Drogen und Waffen in der Wohnung aus. Jedoch muss die Waffe griffbereit – also leicht zugänglich sein. Hier waren die Drogen im Keller gelagert, so dass die Waffe – bereits aufgrund der Entfernung zu den Drogen – nicht leicht zugänglich war und die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein dürften – was auf den ersten Blick als Nebensächlichkeit erscheint, hat erhebliches Gewicht.
Ferner verteidigt Possemeyer einen Mandanten bei einem Gericht im Sauerland wegen Betruges. Ihm wird vorgeworfen, dass er sich bei einer Bank einen Kredit in Höhe von 50.000 € einräumen hat lassen und als Sicherheit ein wertvolles Auto an die Bank sicherungsübereignet hat, allerdings ein Leasingfahrzeug. Straferschwerend geht die Staatsanwaltschaft von Gewerbsmäßigkeit aus. Diese setzt Eigennützigkeit voraus. Neben Bankmitarbeitern wird man Angestellte der Leasinggesellschaft als Zeugen vernehmen müssen.
In einem anderen Fall wird Possemeyer einen Beschuldigten verteidigen, die immer wieder im stark alkoholisierten Zustand Kraftfahrzeuge bewegt. Hier steht die soziale Betreuung im Vordergrund und neben der Verteidigung. Aufgrund schwerer persönlicher Schicksalsschläge in der Vergangenheit erleidet der alkoholabhängige Beschuldigte immer wieder Rückfälle nach guten Therapieansätzen. Jedenfalls meint Possemeyer, dass in einem solchen Fall die Justiz mit Augenmaß vorgehen muss und die Öffentlichkeit Verständnis zeigen wird, wenn in einem solch besonderen Fall keine weitere Sanktion erfolgt.
Last but not least darf der gemeinsame Spaß auch nicht fehlen. Wir werden mit unseren Mitarbeitern im September zusammen Go-Kart fahren und den schnellsten Fahrer in einem Rennen ermitteln. Dabei wird Possemeyer natürlich auf die älteren Kollegen Rücksicht nehmen.
Was macht Westermann
In einem Verfahren wegen Betruges erhebt Westermann eine Haftbeschwerde. Der Mandant war in Untersuchungshaft genommen worden wegen angeblicher Flucht- und Verdunkelungsgefahr in einem Untreueverfahren. Mit einer umgehend beantragten Haftprüfung konnte zunächst eine Aufhebung bzw. Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Auflagen nicht erreicht werden. Die zuständigen Richter stellen sich leider oft nicht gegen den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass des Haftbefehls. Zu jenem Zeitpunkt hatte die Staatsanwaltschaft allerdings vorgetragen, schnell Anklage erheben zu wollen. Die Vorwürfe sind ernst zu nehmen, die Fallkonstellation erscheint aber weder besonders komplex, noch müssen umfangreiche Beweismittel ausgewertet werden. In solchen Fallkonstellationen kann es ratsam sein, das Verfahren nicht durch Rechtsmittel im Haftprüfungsverfahren zu verzögern, sondern auf eine schnelle Anklage hinzuarbeiten. Die Chancen für eine Freilassung nach erfolgter Hauptverhandlung stehen gut. Nunmehr sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ins Stocken geraten, eine Anklage fehlt auch nach ca. 4 Monaten. Grund sind anscheinend Verzögerungen bei der Bearbeitung des Falles. Gerade im Rahmen der Untersuchungshaft kommt dem aus dem Verfassungsrecht abgeleiteten Beschleunigungsgrundsatz besondere Bedeutung zu. An einen so einschneidenden Eingriff wie die Untersuchungshaft sind deshalb mit längerer Dauer immer höhere Anforderungen zu stellen. Deshalb jetzt die Haftbeschwerde zum Landgericht. Die Chancen darauf, dass der Mandant unter Auflagen freikommt, sind deshalb hoch – und jedenfalls wird so eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht.
In einem Verfahren wegen schweren Einbruchdiebstahls bereitet Westermann einen Antrag auf Verfahrenseinstellung vor. Der jugendliche Mandant, war von der Polizei in der Nähe des Tatorts aufgegriffen worden, hatte jegliche Tatbeteiligung jedoch spontan abgestritten. Objektive Hinweise auf eine Beteiligung gab und gibt es nicht. Auf der Polizeiwache ist der natürlich aufgeregte Mandant dann länger ohne Anwesenheit eines Anwalts oder seiner Eltern befragt worden und hatte sich in Richtung einer Beteiligung geäußert, allerdings ohne Details zu nennen. Versuche, die Eltern des Mandanten vor dessen Befragung zu erreichen, hatte die Polizei nicht unternommen. Hier liegt ein Verstoß gegen das Elternkonsultationsrecht aus § 67 JGG vor. Nach dieser Vorschrift haben die Erziehungsberechtigten ein jederzeitiges Anwesenheitsrecht, wenn der Jugendliche von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht angehört wird. Bei Verstoß kommt sogar ein späteres Verwertungsverbot der kompletten Aussage in Betracht, eine Seltenheit im deutschen Strafprozess. Westermann die Rechtsgrundsätze gegenüber der Staatsanwaltschaft bereits jetzt dar, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.
Im Rahmen einer Eilmaßnahme versucht Westermann in der ersten Septemberhälfte, die Aufhebung eines Arrestbeschlusses in Millionenhöhe (Vermögensbeschlagnahme aufgrund bloßer Verdachtsgrundlage) zu erreichen und die Arrestmaßnahmen aufheben zu lassen. Gegen seinen Mandanten wird wegen Schwarzarbeit ermittelt, wobei die Zahlen des Hauptzollamtes auf ersichtlich falscher Tatsachengrundlage beruhen: Bereits das Gewerbe wird fälschlicherweise als „Baugewerbe“ bezeichnet, mitsamt entsprechende Anwendung einer hohen Lohnquote. Aus dieser wiederum folgt eine viel zu hohe Berechnung angeblicher Schwarzlöhne und hinterzogener Lohnsteuer. Im Rahmen des Arrestes wurden sämtliche Konten gepfändet und Zahlungsverbote an die Auftraggeber des Mandanten ausgebracht. Die Folge: Innerhalb kürzester Zeit wird das Geschäft zum Erliegen kommen, die wirtschaftliche Existenz und Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Hier muss schnell versucht werden, entweder über einen formellen Antrag, oder zunächst besser: Durch informelle Gespräche mit den Verantwortlichen für die Vermögensabschöpfung zumindest eine Einschränkung des Arrests zu erreichen. Oft hilft schon die nachvollziehbare Darstellung, dass eine finanzielle „Übersicherung“ vorliegt: Wenn die Beträge auf den gepfändeten Konten und der Wert gesicherter Grundstücke die angeblich hinterzogenen Summen übersteigen, ist die Maßnahme nicht mehr verhältnismäßig und muss eingeschränkt werden.