Ein komplexes Auslieferungsverfahren mit machtpolitischem Hintergrund und ein Verfahren gegen einen Berufskollegen stehen für Minoggio im Oktober im Vordergrund.

Vertrauen ist nicht immer gut, Kontrolle in diesem Fall zwingend

Im Oktober steht für Minoggio umfangreiche Arbeit in einem Auslieferungsverfahren an: Der Staatsbürger eines ehemaligen Mitgliedstaates der Sowjetunion wurde in Ostdeutschland in Auslieferungshaft genommen, um nach dem Willen des fremden Staates ausgeliefert zu werden. Für den Mandanten  – einer so genannten PEP (= politisch exponierte Person) müssen wir alles gegen diese Auslieferung tun, die politisch motiviert erscheint. Darüber hinaus wäre seine persönliche Sicherheit in der Haft des ehemaligen GUS–Staates gefährdet, auch könnte er in seinem Heimatland kein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren erwarten. Mit den uns von ihm gegebenen Informationen sind wir sicher: Die jetzigen Machthaber wollen seiner nur unter dem Deckmantel der Strafverfolgung habhaft werden, um einen meinungs– und finanzstarken Kritiker mundtot zu machen und gleichzeitig andere Landsleute von Kritik aus dem Ausland heraus abzuschrecken.

Theoretisch ein einfaches Mandat – das Oberlandesgericht als einzige (!) Gerichtsinstanz muss die Freilassung anordnen und jede Auslieferung ablehnen, die aus politischen Gründen beantragt wird. Ebenso, wenn im Haftvollzug oder im späteren Strafverfahren die Gewährung fundamentaler Menschenrechte (Leib und Leben, Gesundheit, Menschenwürde) vom fremdem Staat nicht garantiert werden kann.

Wenn es nur so einfach wäre: Auch die anderen Staaten kennen diese Beschränkung unseres beziehungsweise des EU–Auslieferungsrechtes. Deshalb sind angeblich vollkommen „unpolitische“ Straftatbestände von einem Staat schnell gefunden, bei dem die behördliche und gerichtliche Strafjustiz nicht unabhängig arbeitet, sondern den jeweils Mächtigen zu Willen ist. Die Liste solcher Staaten nimmt seit Jahren zu und nicht etwa ab. Sogar EU-Länder sind bekanntlich davon betroffen.

Unser nationales Auslieferungsrecht aber ist demgegenüber historisch vom Vertrauensgrundsatz geprägt: Deshalb wird beispielsweise die Schilderung des Tatverdachtes im Auslieferungsersuchen als im Normalfall richtig und von unseren Gerichten nicht überprüfbar angesehen.

Verteidigung im Auslieferungsverfahren  muss daher unter starkem zeitlichen Druck mit massivem Aufwand selbst aufwändig recherchieren und übersetzen lassen aus allen öffentlichen und neu erschließbaren Quellen. Es gilt, jedem vorhandenen Zweifel nachzugehen, alles Material vorzubringen, um das nur angeblich rechtsstaatlich daherkommende Auslieferungsersuchen eines souveränen Staates zu erschüttern.

Etwa mit Untersuchungsberichten von Gremien der EU–Kommission oder auf UN-Ebene, Darstellungen von Amnesty International, von nationalen Oppositionsgruppen, einzelnen Berichten Betroffener (schon vorhanden oder selbst beschafft), Schilderungen der rechtsstaatswidrigen Verhältnisse durch internationale, seriöse Medien. Je detaillierter, je mehr den oftmals schon publik geworden Fall des Mandanten betreffend, desto besser.

Aber auch allgemeine Rechtsstaatsdefizite im System des anderen Staates müssen konkret und detailliert vorgetragen und beweisbar gemacht werden. Dabei erleben wir immer wieder: Als Richter oder Richterin hier bei uns, als Staatsanwältin oder als Anwalt in unserem – nicht perfektem, aber rechtsstaatlichem –  System kann man im wahrsten Sinne des Wortes oftmals nicht begreifen, wie willkürlich und unredlich eine Richterin, ein Staatsanwalt oder auch ein Anwalt in einem zweifellos als souverän angesehenen Staat ihren Beruf ausüben und ihren Berufseid dabei mit Füßen treten, in denen Rechtsstaatlichkeit nur vordergründig vorhanden ist und falsch gepriesen wird (oft zum kontinuierlichen Erhalt von internationalen Fördergeldern in Vielmillionenhöhe, „zum weiteren Ausbau des Rechtsstaates“).

Unterstützung von offizieller Seite bekommt man im Auslieferungsverfahren kaum, selbst bei mit Händen zu greifenden rechtsstaatlichen Defiziten. Auch unsere eigene politische Führung – die ihren Einfluss über die formal am Verfahren beteiligte Generalstaatsanwaltschaft in erheblichem Umfang geltend macht –  votiert gegenüber dem Oberlandesgericht viel eher nach außenpolitischem Kalkül als mit Richtung auf die unerbittliche Prüfung der Einhaltung rechtsstaatlicher Standards als Voraussetzung einer Auslieferungsbewilligung.

Vertretung eines Berufskollegen wegen Geldwäscheverdacht

Ferner hat Minoggio im Oktober einen hochangesehenen Berufskollegen gegen den Vorwurf strafbarer Geldwäsche zu verteidigen. Dieser hatte eine internationale Transaktion seines ausländischen Mandanten im Immobilienbereich verantwortlich begleitet. Man wirft ihm vor, dabei „Red Flags“ für unredliche Geldquellen außer Acht gelassen und sich deshalb vorsätzlich, mindestens aber leichtfertig wegen Geldwäsche strafbar gemacht zu haben – ein Vorwurf, der nicht nur strafrechtlich, sondern viel mehr noch haftungs- und  berufsrechtlich schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann.

Richtig ist im Zuge der momentanen Diskussion um die Geldwäsche sicher, dass Geldwäscheprävention gerade außerhalb klassischer Bankentätigkeit oft nicht mit der nötigen Sensibilität behandelt wird. Nur darf man dabei das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und außer Betracht lassen, dass der Anwalt in erster Linie gesetzlich verpflichtet ist, einseitig seinem Mandanten beizustehen. Dass er zu Gunsten dieses Mandanten unter gesetzlich abgesicherter Schweigepflicht steht und sich ansonsten strafbar macht. Dass er sich sogar wegen Parteiverrats strafbar macht, wenn er gegen seinen eigenen Mandanten die Interessen Dritter berücksichtigt. Dass er berechtigt ist, den Angaben des Mandanten zu glauben, wenn nicht deutliche Indizien dem entgegenstehen. Diese Grundsätze werden zu Gunsten des in Verdacht geratenen Kollegen für seine Verteidigung herauszuarbeiten sein.

Kurios im Übrigen der momentane Stand der Geldwäschebekämpfung in Deutschland: Es gibt keinen Straftatbestand, der in den letzten Jahren so ausgeweitet und verschärft wurde wie die Geldwäsche. Geboren zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, muss sie heute von Gesetzes wegen auch auf den Ladendiebstahl und das Schwarzfahren im Bus angewendet werden. Es gibt auch (oder gerade deswegen?) keine gesetzliche Vorschrift, die in der Öffentlichkeit so engagiert diskutiert wird, aber andererseits in der Praxis so wenig Bedeutung hat und durchgesetzt werden kann.

Was sagt uns das? Strafgesetzliche Verschärfungen allein mögen wenig informierte Bürger zwar begeistern, sie helfen aber dem Rechtsstaat nicht, sondern schaden sogar nicht selten. Gefordert ist vielmehr ein effektiver Gesetzesvollzug bei vollständiger Aufrechterhaltung von gebotener Rechtsstaatlichkeit. Das könnten Behörden und Gerichte viel einfacher bewerkstelligen, wenn man die Geldwäsche nicht ausufernd anwenden möchte, sondern gezielt beschränkt auf Fälle schwerer oder organisierter Kriminalität (und sie nicht sogar zusätzlich, wie momentan vom Gesetzgeber gewollt und Praxis geworden ist, als  Raster- und Zasterfahndung  zum Aufspüren von Steuervergehen ohne jede Geldwäsche einsetzt).

Vermehrte „Hausbesuche“ der Steuerfahndung: Verhalten im Fall der Durchsuchung. Klassischer Betriebsprüfungsfall mit eingeleitetem Steuerstrafverfahren. Neue interessante Aufgaben für den Steuerberaterverband Westfalen-Lippe.

Wenn die Steuerfahndung klingelt…

Aktuell wird nach unserem subjektiven Eindruck verstärkt durchsucht. Aufgrund der Pandemielage wurden vernünftigerweise einige, nicht besonders drängende Durchsuchungen wegen der bestehenden Gesundheitsrisiken für alle Beteiligten verschoben. Die zugrunde liegenden Ermittlungsverfahren haben sich natürlich nicht aufgelöst, sondern müssen jetzt nach und nach abgearbeitet werden. Insbesondere die Steuerfahndung ist deshalb momentan ungewöhnlich aktiv und vollstreckt zahlreiche Durchsuchungsbeschlüsse. Nahezu täglich erhalten wir Informationen darüber, dass wieder ein Unternehmen oder ein Privathaus im Morgengrauen mit Durchsuchungsbeschluss „auf den Kopf gestellt“ wird.

Gelegentlich werden wir bereits in der Durchsuchungssituation hinzugezogen, also bereits eingeschaltet, während die Durchsuchung noch läuft. Dies stellt den Optimalfall dar. Umso früher wir auf den Ablauf des Verfahrens Einfluss nehmen können, umso besser. Im Regelfall werden wir erst kurz nach der Durchsuchungsmaßnahme mandatiert, wenn sich die ersten Fragen nach dem weiteren Vorgehen stellen. Es geht um teilweise drängende Themen wie mitgenommene Unterlagen, Handys, Hardware, Akteneinsicht, Zeugenvernehmungen, Beschuldigteneinlassungen, Arreste, Kontosperren.

Ohne Rechtsbeistand bei der Durchsuchung passieren Fehler, die die weitere Verteidigung im Strafverfahren unnötig erschweren und nur schwierig zu reparieren sind. Die Durchsuchung kann zwar auch durch den anwesenden Anwalt fast nie gestoppt werden. Doch hält der Beschuldigte oder Verantwortliche einige Grundregeln ein, kann oftmals ein erheblicher Schaden durch strategisches ungünstiges Verhalten vermieden werden. Als oberstes Gebot gilt bei der Durchsuchung: als Beschuldigter wird eisern geschwiegen und absolut nichts, auch keine vermeintlichen Nebensächlichkeiten zu den Vorwürfen gesagt. Ohne eine anwaltliche Beratung ist Reden immer die schlechteste Variante. Wenn der Beschuldigte das Gefühl hat, er möchte unbedingt etwas sagen, weil es alles aufklären könnte, sollte er immer vorher (!) mit einem Anwalt sprechen, der den Ablauf von Strafverfahren und Durchsuchungen kennt. Dieser wird in fast 100 % der Fälle von einer spontanen Aussage abraten. Schweigen ist Gold! Geredet wird nur über das Wetter, Fußball oder Kaffee.

Der Beschuldigte sollte sich von einer Kontaktaufnahme zum Anwalt nicht abbringen lassen. Die Ermittler sind in dieser Situation nicht seine Berater, sondern haben ein eigenes Interesse daran, für das Verfahren zweckmäßige Ermittlungsergebnisse festzuschreiben. Dies ist ihr Job und ist deshalb natürlich zu respektieren, solange alles nach den Regeln der Strafprozessordnung abläuft. Während der laufenden Durchsuchung ist vor allem wichtig, Ruhe zu bewahren und sich immer wieder zu verdeutlichen, dass nichts gestoppt werden kann. Schubladen dürfen aufgezogen und durchwühlt werden. Es darf alles geöffnet werden. Dieser Eingriff in die Privatsphäre ist unangenehm, endet aber erfahrungsgemäß schneller, wenn es gelingt, ein vernünftiges Klima mit den Ermittlern herzustellen. Auch hier kann der Anwalt helfen, der deeskaliert und nicht sofort Rechtsbehelfe androht.

Es sollte generell darauf geachtet, dass alles dokumentiert wird, was die Ermittler mitnehmen. Hierzu gibt es Vordrucke, die manchmal in letzter Minute am Ende eines langen Tages ausgefüllt werden. Eine möglichst konkrete Bezeichnung der Unterlagen, Ordner und Gegenstände erleichtert die Zuordnung. Falls etwas Unterlagen in den folgenden Tagen (beispielsweise für die Auszahlung von Löhnen oder die Abgabe der Umsatzvoranmeldungen) dringend benötigt werden, sollte man höflich Kopien oder Fotos durchsetzen. Dies erleichtert die eigene Organisation und die Fortsetzung des Tagesgeschäftes.

Alle weiteren Ausnahmesituationen wie Mitarbeiterzeugenbefragungen vor Ort, Verhaftungen oder freiwillige Erweiterungen der Durchsuchungsorte sollten immer mit einem Anwalt geklärt werden. Dieser kann jederzeit telefonisch kontaktiert werden, hierauf besteht ein Anspruch (unsere Notrufnummer lautet beispielsweise 0700 64 66 44 46).

Betriebsprüfungsfall mit eingeleitetem Steuerstrafverfahren 

Ein Mandant von Bischoff ist im Bereich der IT-Beratung als Freelancer tätig und betreibt nebenbei noch eine Internetplattform für IT-Beratungsleistungen. Im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung für die Jahre 2016 bis 2018 wurde gegen ihn ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Es fehlten Honorareinnahmen im fünfstelligen Bereich pro Jahr, die dem Finanzamt teilweise durch Kontrollmitteilungen des Finanzamtes seines Auftraggebers bekannt waren. Zudem wird dem Mandanten vorgeworfen, er habe Geräte wie beispielsweise einen teuren Kaffeevollautomaten, einen Fernseher und ein Fitnessgerät für sich privat angeschafft, diese aber dennoch als Betriebsausgaben angesetzt. Daneben fand die Prüferin weitere Fehler in seiner Buchführung, die offensichtlich eher auf seine fehlende Ordnung zurückzuführen sind, als dass es sich um bewusste Falschbuchungen handelt.

Der Fall zeigt zunächst, dass in derartigen Fällen oftmals die Zusammenschau der aufgefundenen Fehler zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens führt. Der einzelne „Fehler“ wird oftmals „nur“ steuerlich korrigiert, ohne dass sofort ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden wäre. Dadurch, dass aber unzutreffende Buchungen in verschiedenen Bereichen, insbesondere Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, aufgefunden wurden, sah die Betriebsprüferin sich gezwungen, den Fall an die Straf- und Bußgeldsachenstelle abzugeben. Auch Betriebsprüfer werden durch die Oberfinanzdirektion geprüft. Für den Mandanten ist das manchmal unverständlich, wenn das Klima in der Prüfung vernünftig und fair war. In einem solchen Fall hilft ein Anwaltsgespräch, um das Vorgehen einordnen zu können.

In einem solch klassischen Routine-Fall geht es vor allem darum, steuerlich eine vernünftige Lösung zu verhandeln und zu versuchen, vor endgültigem Abschluss des Besteuerungsverfahrens das parallel laufende Strafverfahren ebenfalls abzuschließen. Ziel ist ein Gesamtpaket für beide Verfahren. Im vorliegenden Fall liegt der Steuerschaden unterhalb von 50.000 €, die Steuern werden gezahlt. Zudem hat der Mandant im Verfahren über die Berater bei der Aufklärung mitgewirkt, ist nicht vorbelastet. Dies führt dazu, dass sich im Regelfall eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage verhandeln lässt. Hier kommt es vor allem darauf an, durch möglichst viele positive Aspekte, die für den Mandanten sprechen, die Auflage im wirtschaftlich angemessenen Rahmen zu halten. Bischoff ist optimistisch, dass dies in diesem überschaubaren Fall gelingen wird und der Mandant kurzfristig von der Belastung des laufenden Strafverfahrens befreit werden kann, ohne jedes Gerichtsverfahren und ohne Vorstrafe.

Steuerberaterverbandsarbeit und anderes…

Nach der Wahl von Bischoff in das Präsidium des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe findet im Oktober die erste Sitzung statt. Bischoff freut sich auf die neuen Aufgaben, die neben der interessanten Mandatsbearbeitung Abwechslung und neue Herausforderung versprechen. Bischoff kann sich durch ihre zusätzliche Wahl in den Steuerrechtsausschuss des Verbandes vor allem auch fachlich engagieren. Der Expertenaustausch ist wertvoll, für die eigene Tätigkeit und ständige Fortbildung. Im Oktober muss sie ferner den Beitrag zum Wirtschafts- und Steuerstrafrecht für die Verbandszeitschrift Profile fertig stellen. Zudem besucht Bischoff digital den deutschen Steuerberatertag. Zwei Vorlesungen im Steuerstrafrecht von ihr an der Hochschule stehen ebenfalls auf dem Programm.

Wehn konzentriert sich im Oktober um die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls und um die Vorbereitung einer komplexen Hauptverhandlung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.

Alternativen zu einer Haftprüfung bei Untersuchungshaft

In einem umfangreichen Verfahren wegen Steuerhehlerei in Niedersachsen betreut Wehn einen Mandanten im Rahmen mehrere Vernehmungen durch das Hauptzollamt. Aufgrund der Höhe der hinterzogenen Tabaksteuern im hohen sechsstelligen Bereich war ein Untersuchungshaftbefehl erlassen worden. Ziel im aktuellen Verfahrensstadium ist es, eine Aufhebung oder eine Außervollzugsetzung dieses Haftbefehls zu erreichen. Offene Kommunikation (taktisch und zielgerichtet!)  mit der Staatsanwaltschaft kann in solchen Fällen entscheidend sein. In diesem Fall war der Mandant als Strohmann von aktuell noch flüchtigen Hintermännern eingesetzt worden. In einer Reihe von Vernehmungen durch das Hauptzollamt hat der Mandant in den vergangenen Wochen seine Kenntnisse über diese Hintermänner und ihre wirtschaftlichen Verflechtungen preisgegeben. Auf Initiative von Wehn waren die Ergebnisse der Vernehmungen umgehend der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden. Diese hat dann in Aussicht gestellt, bei weiterer Kooperation einem Antrag auf Außervollzugsetzung des Haftbefehls zuzustimmen.

Diese Vorgehensweise ersetzt hier einen formellen Haftprüfungsantrag, der regelmäßig aufwendiger und zeitintensiver ist, und deutlich geringere Erfolgsaussichten trägt. Im vorliegenden Fall kann der Mandant im Übrigen sicher davon ausgehen, dass ihm seine umfangreichen Angaben auch in der späteren Hauptverhandlung positiv angerechnet werden. Seine Begleitung bei den teils anstrengenden fünf- bis sechsstündigen Aussagen ist dennoch notwendig. Zu groß ist die Gefahr, dass Mitarbeiter des Hauptzollamtes die Bestätigung eigener Feststellungen suchen, und nicht die vielleicht abweichende, aber zutreffende Darstellung des Mandanten zu Protokoll nehmen.

Quid pro quo oder schlichte Dankbarkeit?

Auf eine Hauptverhandlung vor einem Landgericht über den Vorwurf der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bereitet sich Wehn ebenfalls im Oktober vor. Die Angeklagte war Abteilungsleiterin einer Haus- und Wohnungsverwaltungsgesellschaft in einer westfälischen Großstadt. Ihre Tätigkeit bestand darin, bei Mängeln an von ihrer Firma verwalteten Häusern Handwerksunternehmen zu beauftragen und die Mängel beheben zu lassen. Ihr wird nun vorgeworfen, von den Handwerksfirmen Provisionen verlangt zu haben, um überhaupt an dem Angebotsverfahren teilnehmen zu können. Zusätzlich zu einer solchen „Grundgebühr“ sollen für Großaufträge noch zusätzliche Zahlungen verlangt worden sein.

Die Mandantin bestreitet die Vorwürfe, ein direkter Beweis für einzelne Absprachen konnte die Staatsanwaltschaft nicht erbringen. Das Gericht wird im Rahmen der Hauptverhandlung durch eine Gesamtschau der Indizien entscheiden müssen, ob die Vergabe der einzelnen Aufträge tatsächlich von einer Zahlung der Firmen abhängig war. Aufgrund der Höhe der angeblich erhaltenen Bestechungsgelder im oberen sechsstelligen Bereich droht bei einer Verurteilung eine Freiheitstrafe. Entsprechend müssten die Akten durchgearbeitet und die Zeugenvernehmungen vorbereitet werden. Da es an objektiven Beweismitteln fehlt, werden gerade die Aussagen der beauftragten Handwerker den Ausschlag für den weiteren Verfahrensverlauf geben, hier ist akribische Vorbereitung der einzelnen Zeugenvernehmungen unabdingbar.

Possemeyer bearbeitet im Oktober unter anderem einen Vorwurf der uneidlichen Falschaussage und bereitet eine Absprache zugunsten eines Mandanten vor einem Landgericht vor.

Was gehört zu einer Zeugenaussage?

Possemeyer verteidigt im Oktober einen Mandanten bei einem Landgericht im Rheinland u.a. wegen falscher uneidlicher Aussage. Ursprung dieses Vorwurfs war eine Zeugenaussage vor dem Gericht, indem es um eine Vernehmung eines Beschuldigten und dessen Entstehungsgeschichte ging. Auf die Nachfrage, ob mein Mandant an der Vernehmung beteiligt war, verneinte er dies in der Hauptverhandlung. Die Anwesenheit bei dem Vorgespräch zu dieser Vernehmung mit einer Länge von ca. 30 Minuten erwähnte er laut Anklage nicht. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass der Angeklagte bei seiner Zeugenaussage verpflichtet gewesen sei, das Vorgespräch und seine Anwesenheit von sich aus zu erwähnen.

Der Bundesgerichtshof hat in einer seiner jüngsten Entscheidungen klargestellt, dass im Strafverfahren Gegenstand der Vernehmung zur Sache alles, was mit der Tat i.S.d. § 264 StPO zusammenhängt oder zusammenhängen könnte. Eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige Sache muss vom Zeugen auch dann mitgeteilt werden, wenn er nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Dabei kommt es natürlich darauf an, ob die nicht erwähnte Tatsache erkennbar mit der Beweisfrage im Zusammenhang steht. Anders als im Zivilprozess existiert im Strafprozess eine Begrenzung des  Umfangs der Zeugnispflicht auf die im Beweisbeschluss in bestimmter Form bezeichnete Beweisfrage nicht. Gegenstand der Vernehmung zur Sache ist hier allgemein der „Gegenstand der Untersuchung“ nach § 69 Abs. 1 StPO, der dem Zeugen vor seiner Vernehmung zu bezeichnen ist.

Vorbereitung einer verfahrensbeendenden Absprache

In einem weiteren Fall verteidigt Possemeyer einen Mandanten vor einem Landgericht in Niedersachsen wegen einer Vielzahl von Wohnungseinbruchsdiebstählen. In diesem Falle ist aufgrund der eindeutigen Beweislage die Schuld zweifelsfrei belegt, zumal er sich selbst auch  geständig zeigt. Bei einer solchen, sogenannten Strafmaßverteidigung ist es entscheidend, sämtliche strafmildernden Faktoren herauszuarbeiten und hervorzuheben. In hiesigem Fall besteht von Seiten der Verteidigung ein Interesse daran, eine Absprache über die Rechtsfolge mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten zu treffen. Vorteil für den Mandanten ist, dass er bereits am Anfang der Verhandlung weiß, was er für eine Strafe in einem vereinbarten Strafrahmen zu erwarten hat. Nicht jeder Fall ist hierfür geeignet. Gericht und Staatsanwaltschaft neigen bei umfangreichen Verfahren dazu, einer Verständigung zuzustimmen, um so den Umfang und Dauer einer Hauptverhandlung zu reduzieren – gegen eine zuweilen massive Reduktion der an sich zu erwartenden Strafe.

Im Oktober begleitet Westermann eine Betriebsprüfung und vertritt einen Mandanten in einem Strafverfahren mit familiärem Einschlag.

Betriebsprüfung und Probleme rund um den Vorsteuerabzug

Westermann begleitet die Verantwortlichen einer Spedition durch eine aktuell laufende Betriebsprüfung mit potentiell verheerendem Ausgang. Streitpunkt zwischen der Mandantin und dem zuständigen Finanzamt sind Dutzende Rechnungen eines Subunternehmers, für welche die Mandantin zu Recht Vorsteuerabzug über mehrere Jahre im hohen sechsstelligen Bereich angemeldet hatte.

Im Rahmen der Prüfung meint das Finanzamt nunmehr entdeckt zu haben, dass zum einen bei zahlreichen Rechnungen nur mangelhafte und teils widersprüchliche Leistungsbeschreibungen vorliegen. Damit würden die Rechnungen nicht den Kriterien einer ordnungsmäßigen Rechnungslegung entsprechen, sodass der Vorsteuerabzug in Gefahr ist – schlimmstenfalls drohen kurzfristig Nachforderungen in Höhe der gezogenen Vorsteuer und damit das Ende der wirtschaftlichen Existenz der Mandantin. Teils wird sogar bezweifelt, dass die Rechnungen leistungsunterlegt sind, also dass die in Rechnung gestellten Fahrten tatsächlich durchgeführt worden sind.

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs ist es möglich, Rechnungen im Nachhinein zu korrigieren, solange sie bestimmten Mindestanforderungen genügen. Hier müssen im Einzelnen die Rechnungen geprüft und ggf. detaillierter abgefasst werden. Hinsichtlich der Rechnungen, bezüglich derer die Tätigkeiten angezweifelt werden, ähnelt die Arbeit des Anwalts der in einer strafrechtlichen Hauptverhandlung: Es müssen Beweise gefunden und dem Finanzamt präsentiert werden, die die in Rechnung gestellten Leistungen belegen können. Ein gutes Ergebnis im Rahmen der Betriebsprüfung ist in jedem Fall einem langwierigen Finanzgerichtsverfahren vorzuziehen.

Familienstreit mit strafrechtlicher Relevanz

Einen nicht alltäglichen Fall des Bankrotts bearbeitet Westermann im Oktober und bereitet eine Stellungnahme für seinen Mandanten vor. Dessen Vater, der jahrzehntelang als Schausteller in Deutschland und den Niederlanden äußerst erfolgreich unterwegs war, war unerwartet Anfang des Jahres verstorben. In der Folgezeit entbrannte zwischen den drei Kindern des verstorbenen ein heftiger und unschöner Streit über den Verbleib zahlreicher Wertgegenstände und von Bargeld. Dem Mandanten wird vorgeworfen, Vermögensgegenstände und Bargeld aus der Wohnung des Verstorbenen entfernt zu haben. Warum Bankrott? Über das Vermögen des Verstorbenen war ein Insolvenzverfahren anhängig. Bestandteile seines Vermögens gehören deshalb zur Insolvenzmasse und dürfen nicht beiseite geschafft, verheimlicht, zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht werden gemäß § 283 StGB. Der Sachverhalt ist völlig unklar, die Hinterbliebenen beschuldigen sich gegenseitig. Da eine Durchsuchung bei seinem Mandanten keinerlei Hinweise auf den Verbleib der Wertgegenstände und des Bargeldes erbracht hat, ist Westermann zuversichtlich, dass das Verfahren noch im Oktober eingestellt werden wird.

Ein Strafsachenfinanzamt auf falscher Fährte und ein tragischer Unglücksfall beschäftigen Hillejan im Oktober.

Provision für Kundenakquise?

Im Oktober verteidigt Hillejan eine Mandantin aus Düsseldorf in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Das Strafsachenfinanzamt hat ausgehend von einer Geldwäscheverdachtsmeldung –wie so oft in der Praxis- die Ermittlungen aufgenommen, weil verschiedene Bareinzahlungen im vier- und fünfstelligen Bereich auf das Konto der Mandantin vorgenommen wurden. In den Jahren 2017 und 2018 insgesamt rund 100.000 €.

Die Verfolgungsbehörden sind der festen Überzeugung, dass die Mandantin als sogenannter „Tour-Guide“ für chinesische Reisegruppen tätig sei. Als sich in Deutschland auskennender „Tour-Guide“ soll sie chinesische Urlaubsgruppen in diverse Luxusboutiquen und Juweliere führen und für von den Reisenden erworbenen Luxusgütern eine Provision „am Fiskus vorbei“ erhalten. Gestützt wird diese These im vorliegenden Fall auf eine einzelne Überweisung über 1.500 € durch die Filiale eines namhaften Luxus-Mode-Labels auf das Konto der Mandantin. Daraus schlossen die Ermittlungsbehörden, dass die diversen Bareinzahlungen nur aus der beschriebenen Tätigkeit kommen können. Das ist jedoch äußerst dünn.

Der Überweisung der Luxus-Boutique lag zwar tatsächlich der Kauf einer teuren Lederhandtasche durch eine chinesische Urlauberin zugrunde. Allerdings erhielt die Mandantin dafür keine Provision. Bei der Reisenden handelt es sich um eine gute Freundin der Mandantin und unsere Mandantin hatte die exklusive Tasche (für die es extra eine Warteliste gibt) schon Monate vor der Einreise bestellt und gezahlt. Am Tag der Abholung gab es aufgrund des Firmenjubiläums eine Rabattaktion, sodass der Mandantin der genannte Betrag zurücküberwiesen wurde.

Wie die Behörden wegen dieses einmaligen Freundschaftsdienstes auf eine Tätigkeit der Mandantin als „Tour-Guide“ schließen, ist nicht nachvollziehbar. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Im Übrigen lassen sich sämtliche Bareinzahlungen lückenlos und mittels Belegen aufklären. Die Einstellung des Verfahrens dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein.

Vertretung in einem Verfahren wegen fahrlässiger Tötung

Außerdem vertritt Hillejan diesen Monat noch einen Mandanten aus dem Münsterland. Der Mandant ist ein seit Jahrzehnten etablierter Bauunternehmer mit tadellosem Ruf und sehr starker Auftragslage. Ein aufsehenerregendes Verfahren gegen den Mandanten wäre fatal und kann seine berufliche Existenz gefährden. Insofern hat oberste Priorität, das Verfahren möglichst „leise“ und zügig zu beenden.

Dem Mandanten wird eine fahrlässige Tötung zur Last gelegt. Auf einer seiner Baustellen ist ein Mitarbeiter vom Baugerüst gefallen und tödlich verunglückt. Es handelt sich um einen tragischen Unfall. Dennoch prüft die Staatsanwaltschaft, ob möglicherweise gegen Arbeitsschutzmaßnahmen verstoßen wurde und ob die Baustelle, insbesondere das Gerüst, ausreichend gesichert war. Das Unternehmen des Mandanten nahm Arbeitsschutzvorschriften und Bausicherheitsmaßnahmen schon immer äußerst ernst. Die Mitarbeiter erhielten regelmäßige Schulungen, es erfolgten Unterweisungen für den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit. Für die Baustelle, auf der sich das Unglück ereignete, gab es eine eigene, spezifische Gefährdungsbeurteilung. Das Werkzeug und Material wurde vor Verwendung auf Fehler überprüft. Es gab gegen die Nutzung gab es keine Bedenken. Das alles lässt sich mittels Dokumenten sicher nachweisen. Insofern sollte auch dieses Verfahren alsbald eingestellt werden.

Der goldene Herbst… Oktober in Münster, Offenbarung von Besteuerungsgrundlagen und Obacht vor spontanen Reaktionen.

Der Kampf gegen Windmühlen (bzw. Behauptungen)

Anke vertritt den ehemaligen Geschäftsführer eines Unternehmens aus dem Ruhrgebiet. Dieser erhielt vor kurzem ein Schreiben des Finanzamtes, in dem ihm angekündigt wurde, dass er als Haftungsschuldner für angeblich ausstehende Steuerschulden des Unternehmens in deutlich sechsstelliger Höhe in Betracht gezogen werde. Er könne hierzu aber aus seiner Sicht noch einmal vorbringen, warum seine Haftungsinanspruchnahme nicht in Frage komme.

Es ist in bestimmten Fällen möglich, dass neben oder anstatt des Steuerschuldners ebenfalls ein Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird. Haftungsschuldner ist, wer nach dem Gesetz mit seinem Vermögen für eine fremde Steuerschuld haftet (§ 191 Abs.1 AO).

Für die Empfänger solcher Anhörungsbögen stellen diese weniger eine Anhörung, sondern vielmehr eine „Androhung“ dar. Ohne rechtlichen Rat auf solche Schreiben zu antworten, birgt große Gefahr für die Betroffenen. Es kann sich u. a. um erhebliche Steuerschulden eines Dritten bzw. eines Unternehmens handeln, die der vermeintliche Haftungsschuldner leisten soll. Oftmals finden sich in den Anhörungsbögen auch nur bloße Behauptungen, deren Wahrheitsgehalt es zu überprüfen gilt.

Aufgrund des in Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör und wegen des Grundsatz des fairen Verfahrens hat der Betroffene ein Recht darauf, von den Finanzbehörden in die Lage versetzt zu werden, sich gegen eine solche Inanspruchnahme wehren zu können. Eine effektive Verteidigung kann aber nur gelingen, wenn die Unterlagen, auf denen eine Besteuerung beruhen soll, von der Finanzbehörde bereits in diesem Verfahrensabschnitt zur Nachprüfung offenbart werden. Ansonsten ist jeder Versuch einer Verteidigung gegen diese Behauptungen ein Kampf gegen Windmühlen. Entgegen vieler Behauptungen steht das Steuergeheimnis einer solchen Offenbarung nicht entgegen.

Verdunklung durch den Griff zum Handy

Sachverhalt: Durchsuchungsmaßnahme bei einem Konzern. Die Mandantin wird als Vorstandsmitglied sofort hierüber informiert und befindet sich im Büro. In diesem Augenblick kommt es zu einer brenzligen Situation:

Die Mandantin nimmt unbedacht ihr Handy in die Hand und telefoniert. Ein an ihrem Büro vorbeilaufender Beamter sieht diesen Vorgang und hört nur Gesprächsfetzen. Plötzlich steht der Vorwurf von Verdunklungsgefahr im Raum, weil der Beamte die Situation missdeutete und annahm, der Anruf galt der Anweisung der Assistenz zur Beweisvernichtung.

Da Verdunklungsgefahr i. S.  d. § 112 StPO als ein Haftgrund für eine Untersuchungshaft gilt, können solche unbedachten, spontanen Reaktionen zu einem großen Risiko für den Einzelnen führen. Anke und Westermann konnten hier nach ihrem Eintreffen die Situation mit den Beteiligten klären. Die Mandantin hatte tatsächlich ihre Assistenz angerufen, allerdings nur, um einen etwas später stattfindenden Geschäftstermin im Büro wegen der Durchsuchungsmaßnahme verlegen zu lassen. Sie wollte hierdurch drohende Rufschäden von dem Unternehmen abwenden.

In vielen Fällen von Durchsuchungen sind Unternehmen bzw. Unternehmer nicht auf ein solches Szenario eingestellt und die Mitarbeiter wissen nicht, wie sie sich zu verhalten haben. Die oben näher geschilderte Situation oder ähnliche Situationen treten viel zu oft ein.

Präventiv bietet sich für viele Unternehmen an, bereits im Vorhinein einen auf das Unternehmen zugeschnittenen Durchsuchungsleitfaden ausarbeiten zu lassen und in Ruhe ins Unternehmen einzuführen. Falls keine Vorbereitung getroffen worden sind, ist in der Durchsuchungssituation dringend geraten, sofort den Unternehmensverteidiger einzuschalten und im Übrigen abzuwarten, bis dieser eingetroffen ist. Zuweilen warten die Beamten sogar auf dessen Eintreffen, bevor die Durchsuchungsmaßnahme weiter durchgeführt wird.