Minoggio hat eine wirtschaftsstrafrechtliche Revision zu führen, muss eine aufwändige Prozessbeobachtung organisieren und plant etwas Urlaub.

Letzte Chance Revision

Minoggio muss im Juni zunächst eine strafrechtliche Revisionsbegründung zum Bundesgerichtshof fertigen. Es ist ein Urteil in einer gewichtigen Wirtschaftsstrafsache in einem Wirtschaftsstrafverfahren eines süddeutschen Landgerichts zur Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zu stellen. Dabei geht um die Frage, ob ein vermögender Kapitalanleger erkennen konnte, dass das ihm von seiner Bank und seinem Steuerberater als bedenkenfrei empfohlene Steuersparmodell tatsächlich Steuerhinterziehung bedeutet hat.

Für den Laien ist bei den Rechtsmitteln im Strafverfahren merkwürdig: Je schwerwiegender sich in Deutschland ein Strafverfahren für den Bürger auswirken kann, desto weniger Rechtsmittel stehen ihm zur Verfügung. Ergeht etwa in einem kleinen Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht ein Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 1000 €, kann man Einspruch einlegen, gegen das daraufhin folgende Urteil nach der Verhandlung beim Amtsgericht noch eine Berufung zum Landgericht, nach der Verhandlung vor dem Landgericht noch eine Revision vor dem zuständigen Oberlandesgericht betreiben. Wegen einer schweren Steuerhinterziehung oder gar eines Mordvorwurfes findet dagegen nur eine einzige Verhandlung vor dem Landgericht statt mit dem einzigen Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof.

Und diese Revision prüft nicht nach, ob ein Zeuge richtig oder falsch ausgesagt hat. Kann sie gar nicht, Zeugenaussagen werden dort nicht protokolliert, geschweige denn akustisch oder visuell zur Nachprüfung aufgezeichnet. Die Revisionsrichter entscheiden auch nicht, ob ein Urteil allgemein richtig oder falsch erscheint, zu hart oder zu milde: Geprüft wird anhand der schriftlichen Unterlagen nur, ob Verfahrensfehler zu beklagen sind und  – vereinfacht ausgedrückt –  das schriftliche Urteil aus sich selbst heraus logisch und widerspruchsfrei erscheint.

Das sehr formstrenge Rechtsmittel der Revision kann daher nur Verfahrensfehler präzise aufzeigen oder aber Fehler bei der Anwendung des so genannten materiellen Rechtes, etwa die falsche Anwendung des Strafgesetzbuches oder eine Beweiswürdigung, die gegen Denkgesetze verstößt.

Diese Beschränkungen führen dazu, dass der Revisionsverteidiger einen anderen Blick haben muss als der Strafverteidiger in der Tatsacheninstanz, einen kalten Blick ohne Engagement und Anteilnahme des Instanzverteidigers und ohne dessen Kenntnisse aus dem tatsächlichen Ablauf des Strafprozesses.

Ein neutraler und ein böser Spruch von uns Strafverteidigern kennzeichnen diese Unterschiedlichkeit: Der Revisionsverteidiger muss (bei einer engen begrenzten Ausnahme) grundsätzlich von den Feststellungen des erstinstanzliche Urteils ausgehen und darf nicht gegen sie angehen. Der Instanzverteidiger meint zuweilen bei Lesen des schriftlichen Urteils nach einer langen Hauptverhandlung ein bitterböses Fazit ziehen zu müssen: Er muss wohl während mancher Zeugenaussage irrtümlich in einem anderen Gerichtssaal gewesen sein, so wie die Strafkammer diese Aussagen im Urteil schildert.

Diese Unterschiedlichkeit gebietet in sehr vielen Fällen, dass der tätig gewesene Instanzverteidiger gerade nicht auch die Revisionsinstanz führt, sondern diese Arbeit   Kollegen oder  Kolleginnen überlässt, die noch nicht „verbrannt“ sind und die notwendig distanziert ihren Blick in der Revision auf die Verfahrensergebnisse und die Formalien richten können.

Prozessbeobachtung in Norddeutschland…

Daneben ist im Norden ein gewichtiger Cum-Ex Prozess zu beobachten, der direkte Auswirkungen auf ein von der Kanzlei geführtes Mandat hat. Eine Situation, auf die man in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren nicht selten trifft: Wegen desselben Sachverhaltes wird gegen andere Beteiligte bereits verhandelt, der eigene Mandant ist zweifellos direkt davon betroffen. Die hierbei gewonnenen Beweisergebnisse werden faktisch große, nicht selten entscheidende Auswirkungen auf sein späteres Verfahren haben. Wir sprechen von der Wucht der ersten Beweisaufnahme.  Gleichwohl kann er sich nicht beteiligen, hat noch nicht einmal volle Informationsrechte.

Hier soll Prozessbeobachtung zumindest etwas ausgleichen. Sie wird aber von manchen Gerichten und Staatsanwaltschaften misstrauisch beobachtet, zuweilen sogar ohne Rechtsgrundlage erschwert. Deshalb schulen wir die von unserer Kanzlei eingesetzten Prozessbeobachter (je nach Wichtigkeit des Falles und der Konstellation unsere wissenschaftlichen Mitarbeiter, Studenten, Referendare oder Anwälte), bevor sie sich auf die Reise machen. Geschult darin, rechtsstaatliche und berufsrechtliche Grenzen selbstverständlich allesamt peinlich genau einzuhalten – aber sich in keiner Weise davon abbringen zu lassen, eben auch aus dem Zuschauerraum heraus die Rechte der uns anvertrauten Mandanten vollständig geltend zu machen und sich von niemandem hiervon abbringen zu lassen.

…und Planung des Jahresurlaubs

Ende Juni plant Minoggio zwei Wochen Urlaub In Südtirol. Viel italienische Küche, Sport und Ruhe, wenig Telefon und E-Mail.

Neben „Pulverdampf“ im Gerichtsaal und bei Verhandlungen mit der Steuerfahndung steht bei Bischoff im Juni Schreibtischarbeit auf dem Programm: Ein strafrechtliches Gutachten, Verteidigungsschriftsätze, Compliance-Richtlinien, eine Prüfung für einen Zertifikatslehrgang zur Geldwäschebekämpfung… 

Strafanzeige ja oder nein – Risikoabwägung „Reputationsschaden“

Für ein mittelständisches Unternehmen im Sauerland schreibt Bischoff im Juni ein Gutachten über die Strafbarkeit dreier leitender Angestellter, die über Jahre hinweg ein betrügerisches Provisionssystem aufgebaut haben. Die Hintergründe wurden in monatelanger Ermittlungsarbeit sorgfältig recherchiert, umfangreiche Beweismittel gesichert, Interviews mit Mitarbeitern geführt. Durch die Taten ist dem Unternehmen voraussichtlich ein Schaden im siebenstelligen Bereich entstanden.

Bevor eine endgültige Entscheidung über das strafrechtliche Vorgehen (Strafanzeige ja/nein) durch den Vorstand getroffen wird, sollen die Ermittlungsergebnisse und der beweisbare Sachverhalt zusammengefasst und ein Gutachten zur Strafbarkeit der Beteiligten erstellt werden. Die Verantwortlichen haben momentan noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob neben dem zivilrechtlichen Vorgehen auch eine Strafanzeige zweckdienlich ist. Das Unternehmen befürchtet, hierdurch selbst als Ganzes unberechtigt ins Fadenkreuz der Ermittler zu geraten. Das Unternehmen soll in der Öffentlichkeit keinesfalls mit einem laufenden Strafverfahren in Verbindung gebracht werden, auch nicht als geschädigtes Unternehmen. Mit Straftaten von Mitarbeitern geht oftmals auch der implizite Vorwurf einher, man habe kein ausreichendes internes Kontrollsystem geschaffen. Dieser Eindruck muss vermieden werden.

Dennoch hätte die Strafanzeige für das zivilrechtliche Verfahren nicht zu vernachlässigende, strategische Vorteile. Es ist insbesondere wahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund der Vorwürfe bei den Angestellten durchsuchen würde. Durch eine spätere Akteneinsicht können weitere Beweismittel gewonnen werden, die sich außerhalb der Zugriffsmöglichkeiten des Unternehmens befinden. Handys, Laptops und Tablets sind in der heutigen Zeit oftmals eine Fundgrube für konkrete Absprachen, Hintergründe und Zahlungsflüsse. Elektronische Dateien sind regelmäßig nicht mehr völlig spurenlos zu löschen.

Zudem kann der Druck eines Strafverfahrens auf die Beschuldigten zivilrechtliche Einigungen und Rückzahlungen beflügeln. Eine Schadenswiedergutmachung wirkt sich immer strafmildernd aus. Nun gilt es also, den Verantwortlichen eine möglichst präzise und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage für das Für und Wider einer Anzeige zu schaffen.

Schätzungen im Steuerstreit und im Strafverfahren – ein Sachverhalt, zwei Ergebnisse

Bischoff hat einen weiteren Steuerstrafrechtsfall aus der Gastronomie übernommen, in dem um Schätzungen aufgrund von materiellen und formellen Buchführungsmängeln gestritten wird. Ein Dauerbrenner im Steuerstrafrecht. Das Verfahren ist bereits weit fortgeschritten. Im Strafverfahren ist eine Anklage zu einem niedersächsischen Landgericht erhoben, im Besteuerungsverfahren liegt der Fall bereits beim Finanzgericht. Klar ist, dass es nur darum gehen wird, die Schätzungen in der Höhe anzugreifen. Die Zulässigkeit der Schätzung selbst ist hingegen angesichts der Mängel der Buchführung nicht angreifbar.

Doch wie fast immer in solchen Fällen gibt es ausreichend Ansatzpunkte dafür, die im Schätzwege ermittelten Besteuerungsgrundlagen zu erschüttern. Die geschätzten Rohgewinnaufschlagsätze nach Richtsatzsammlung bewegen sich am obersten Rand des Schätzrahmens. Es sieht so aus, als habe die Finanzverwaltung hier eine Art „Wutschätzung“ vorgenommen, nachdem eine Einigung mit dem Steuerpflichtigen gescheitert war. Eine zwischenzeitlich mit der Steuerberatung erstellte interne Kalkulation kommt zu komplett abweichenden Aufschlagssätzen. Zudem lassen sich weitere Argumente wie eine handwerklich fehlerhafte Geldverkehrsrechnung widerlegen.

Es geht also in den nächsten Wochen darum, alles vernünftig aufzubereiten und anschließend sowohl im Straf- als auch im Besteuerungsverfahren Lösungen auszuloten. Dabei wird im Strafverfahren nutzen, dass strafrechtliche Schätzungen anderen verfahrensrechtlichen Regelungen unterliegen. Während ein Ergebnis im Steuerrecht bei groben Mängeln auch im oberen Bereich des Schätzrahmens liegen kann, gilt im Strafrecht der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. Dies führt dazu, dass nur ein zur Überzeugung des Gerichtes feststehender Mindestschaden festgesetzt werden kann. Aus diesem Grund kann oftmals ein steuerliches Ergebnis im Strafverfahren etwa nur hälftig zugrunde gelegt werden. Da sich die Strafzumessung zu sehr am Steuerschaden orientiert, hat diese Reduzierung stets eine erhebliche Bedeutung für das Strafmaß. Mit möglichst parallelen Verhandlungen in beiden Verfahren und konkreten inhaltlichen Argumenten lassen sich oft auch noch zu einem späten Zeitpunkt vernünftige Lösungen als Gesamtpaket erreichen.

Compliance für den Mittelstand

Neben den klassischen wirtschafts- und steuerstrafrechtlichen Themen wird Bischoff im Bereich Compliance tätig. Eine Compliance-Richtlinie für einen Metallverarbeitungsbetrieb muss finalisiert, eine Durchsuchungsrichtlinie für eine Bank entworfen, erneut ein Risiko-Workshop zur Erarbeitung einer Risikomatrix in einem Produktionsbetrieb durchgeführt, eine Schulung für ein Spezialthema aus dem Bereich Tax-Compliance vorbereitet und ein Leitfaden für eine interne Untersuchung entwickelt werden. Damit ist nahezu das gesamte Spektrum der compliancerechtlichen Beratung für den Mittelstand abgedeckt.  Reichlich Präventionsarbeit.

Prüfungsaufgabe, Steuerrechtsausschuss und Wanderkilometer auf dem Rheinsteig

Bischoff ist im Juni auch im Rahmen von Lehraufträgen und ehrenamtlichen Tätigkeiten eingespannt. Für einen Geldwäsche-Zertifikatslehrgang muss eine abschließende Prüfungsaufgabe erstellt werden. Die nächsten Entscheidungen aus dem steuerlichen Verfahrensrecht für den Steuerrechtsausschuss und die Fachnachrichten des Steuerberaterverbandes-Westfalen Lippe sind vorzubereiten. Zudem ist am langen Wochenende eine mehrtägige Wandertour auf dem Rheinsteig geplant, ganz ohne Diensthandy.

Arbeit an der Einstellung eines Verfahrens wegen Insolvenzverschleppung, Vorbereitung einer Verständigung und Hilfe bei einer Selbstanzeige stehen im Juni bei Wehn auf dem Programm

Vorsatz trotz Hinzuziehung eines Beraters?

In einem Verfahren wegen Insolvenzverschleppung argumentiert Wehn gegenüber der Staatsanwaltschaft mit fehlendem Vorsatz. Der Geschäftsführer einer mittelständischen GmbH mit 50 Mitarbeitern war bereits vor Beginn der Coronakrise mit seinem Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Aufgrund von Zahlungsvereinbarungen sowohl mit den Lieferanten als auch mit Kunden war die Frage der Insolvenzreife nicht einfach zu beantworten. In dieser Situation hatte sich der Geschäftsführer an einen Wirtschaftsprüfer gewandt, der daraufhin die Buchhaltung der GmbH umfassend geprüft hatte.

Dieser war zu der Feststellung gelangt, dass eine Insolvenzreife noch nicht vorliege. Es gab für den Mandanten keine offensichtlichen Hinweise darauf, dass dieses Urteil falsch ist. Er durfte sich darauf verlassen. Da der Wirtschaftsprüfer seine letztlich objektiv wohl nicht korrekte Auffassung umfangreich begründet hatte, ist Wehn zuversichtlich, die Staatsanwaltschaft von dem fehlenden Vorsatz zu überzeugen und damit eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.

Vorbereitung eines „Deals“ zugunsten eines Angeklagten

In Schleswig-Holstein vertritt Wehn einen Mandanten gegen den Vorwurf der Untreue vor einer Strafkammer eines Landgerichts. Bereits frühzeitig aufgrund erdrückender Beweislast hatte der Mandant die Vorwürfe eingestanden, so dass es im Rahmen der Verhandlung nunmehr um die Höhe einer Sanktion geht. Für den Mandanten steht die Existenz auf dem Spiel, im schlimmsten Fall droht eine Haftstrafe ohne Bewährung aufgrund des Schadens im oberen sechsstelligen Bereich. Der Sachverhalt ist komplex, eine Hauptverhandlung und Beweisaufnahme würde sich über mehr als ein Dutzend Verhandlungstage ziehen. Mit dem Gericht soll deshalb im Juni die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO (die sogenannte Verständigung oder „Deal“) besprochen werden. Die Vorbereitung auf ein solches Gespräch unterscheidet sich dabei allerdings kaum von der einer “gewöhnlichen“ Hauptverhandlung. Als Bestandteil wird von dem Angeklagten erwartet, dass dieser eine umfassende geständige Einlassung abgibt.

Im Rahmen der konkreten Urteilsfindung muss der Anwalt gerade bei Untreuestraftaten darauf achten, dass sich das Gericht nicht alleine an der Schadenshöhe orientiert, sondern alle anderen auch für den Mandanten sprechenden Aspekte berücksichtigt. Im Übrigen müssen mögliche Bewährungsauflagen im Vorhinein geklärt werden. Ausgeschlossen wäre es, eine Bewährungsstrafe für den Mandanten auf diese Art und Weise zu erreichen, nur um ihn dann an überhöhten Zahlungsauflagen scheitern und die Bewährung widerrufen zu sehen. Also ist insgesamt ein verhandeln mit viel Erfolg gefordert.

Trotz Verschärfungen der Selbstanzeige: Immer noch Königsweg zur Straffreiheit

Wehn unterstützt im Juni einen Mandanten bei einer steuerlichen Selbstanzeige. Dieses Thema war in den letzten Jahren aus dem kollektiven Bewusstsein verschwunden. Grund dafür war die schnellere Entdeckung von grenzübergreifenden Steuerstraftaten durch die Vernetzung der Behörden, und die erschwerten Voraussetzungen einer Straffreiheit im Rahmen der Selbstanzeige. Nordrhein-Westfalen führt keine eigenen Statistiken mehr zu der Auslandskonten-Thematik. Dies bedeutet aber nicht, dass es solche Fälle überhaupt nicht mehr gibt oder dass die Selbstanzeige an sich nutzlos geworden ist. Im vorliegenden Fall droht aufgrund einer familiären Auseinandersetzung die Offenlegung umfangreicher Vermögenswerte in verschiedenen europäischen Ländern. Hier ist zunächst einmal genaue Vorarbeit mitsamt Einholung aller relevanten Daten der Kreditinstitute nötig, um in jedem Falle eine wirksame steuerliche Selbstanzeige formulieren zu können. Trotz der veränderten Voraussetzungen: Gerade bei großen Auslandsvermögen und damit hohen Strafbarkeitsrisiken im Falle einer Entdeckung lohnt sich die Selbstanzeige nach wie vor. Aber jeder Einzelfall ist anders: Zuweilen ist die Selbstanzeige schlicht überflüssig (plakativ: bei „altem“ Geld und fehlenden Erträgen in den letzten Jahren).

Hauptverhandlungs-Tournee in mehreren Strafverfahren unterschiedlichster Art: Brandstiftung, Körperverletzung, versuchter Mord.

Tatverdacht dank GSM-Ortung?

Possemeyer wird im Juni bundesweit in verschiedenen gewichtigen Strafverfahren verteidigen und dabei viele Straßenkilometer zurücklegen. Als spezialisierter Strafverteidiger liegen die Gerichtsorte auch in anderen Bundesländern. Dabei ist Possemeyer immer wieder darüber erstaunt, wie unterschiedlich die Straferwartung trotz nahezu identischem Sachverhalt ist.

In einem Fall im Rheinland geht es um eine Serien-Brandstiftung und versuchten Mord in 3 Fällen. Die Staatsanwaltschaft hat es sich sehr einfach gemacht und lediglich aufgrund der Handyortung (eine sogenannte GSM-Ortung) und weiteren eher schwachen Indizien den Tatverdacht gestützt.

Die Position eines Mobiltelefons ist für den Mobilfunkbetreiber bekannt,  im Bereitschaftsbetrieb  durch die Zuordnung zur aktuell verwendeten Location Area, im Gesprächsbetrieb oder bei Datenverkehr (SMS, MMS) durch die Cell-ID der aktiven Basisstation.

Possemeyer geht davon aus, dass allein durch derlei Daten die Täterschaft und die Brandstiftung nicht zu beweisen sind, zumal die Brandserie trotz Verhaftung und Inhaftierung des Mandanten fortgesetzt wurde.

Schwere Verletzungen und ein unübersichtliches Tatgeschehen

Ein weiterer Fall wird Possemeyer an die Nordküste Deutschlands vor ein Schöffengericht führen. Hier wird dem Mandanten vorgeworfen, bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen zwei Demonstrantengruppen mit einer zerbrochenen Flasche einem anderen Mann massive Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt zu haben. Aus der Akte ergeben sich gänzlich unterschiedliche Sachverhaltsschilderungen von Zeugen. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Zum einen ist ein dynamischer Geschehensablauf immer schwer zu rekonstruieren, vor allem wenn man bedenkt, dass es sehr voll war, die Lichtverhältnisse schlecht und vielen der Zeugen durchaus nicht unerheblich alkoholisiert waren. Zum anderen gehören die Zeugen verfeindeten Lagern an (deshalb „Lagerzeugen“), was den Beweiswert sehr schmälert. Es ist durchaus nicht auszuschließen, dass auch in der Hauptverhandlung der Sachverhalt – der Vorfall liegt auch bereits 2 Jahre zurück –  nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden kann, so dass der Mandant freizusprechen wäre.

Verkehrsdelikt statt „Road Rage“ mit beinahe lebensgefährlichen Folgen

Im Juni muss sich Possemeyer zudem mit einem Fall beschäftigen, den die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord angeklagt hat. Die Mandantin soll mit ihrem Auto aus Verärgerung auf einen Fußgänger zugefahren sein, wurde dann letztlich von einem parkenden Auto gestoppt. Die – zu Recht sehr hohen- Voraussetzungen für die Annahme eines vorsätzlichen Tötungsdelikts nebst Mordmerkmalen liegen nicht vor. Das Gericht im Süden Deutschlands hat signalisiert, dass es eher zu einem Verkehrsdelikt tendiert und zu Erörterungsgesprächen mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft bereit ist. Die Mandantin  befindet sich auch folgerichtig nicht in Untersuchungshaft. Also zeichnet sich Vernunft der Justiz ab nach allerdings höchst unvernünftigem Handeln der Beteiligten.

Steuerliche Auswirkungen angeblicher Bestechungsgelder, ein rechtswidriger „doppelter“ Haftungsbescheid und Abwehr des Zugriffs auf Mandantenvermögen.

Annahme von steuerpflichtigen Kick-Back-Zahlungen in einem mittelständischen Unternehmen

In einem Verfahren vor einem Finanzgericht in Ostwestfalen vertritt Westermann eine ehemalige Mitarbeiterin eines mittelständischen Unternehmens. Das zuständige Finanzamt hatte für fünf Jahre hohe Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide erlassen aufgrund angeblicher „Kick-back“-Zahlungen. Die Mandantin soll diese Zahlungen angenommen und aufgrund dessen einen Lieferanten bevorzugt behandelt haben. Sie streitet dies sowohl im finanzgerichtlichen als auch im Strafverfahren konsequent ab. Grundlage für die Bescheide des Finanzamtes sind letztlich nur die vagen und teils widersprüchlichen  Angaben eines Mitarbeiters des Lieferanten. Objektive Beweise gibt es nicht. Nachdem das Finanzamt im Einspruchsverfahren seine Ansicht nicht geändert hatte, war eine Klage notwendig. Hier zeichnet sich bereits ab, dass das Finanzgericht im Gegensatz zum Finanzamt eine genauere Prüfung der tatsächlichen Umstände vornehmen will. Es steht ein Erörterungstermin an, in dem über das weitere Vorgehen und insbesondere den Umfang der Beweiserhebung entschieden wird. Im besten Fall wird dem Finanzamt bereits bei diesem Termin klar werden, dass die eigene Beweisführung auf tönernen Füßen steht, und die Bescheide zurücknehmen.

Beschwerde gegen rechtswidrigen Arrestbeschluss

In einem zunächst ruhig verlaufenden Verfahren wegen Steuerhinterziehung sieht sich Westermann gezwungen, eine Beschwerde gegen einen Arrestbeschluss zu erheben, den die Finanzbehörde des Landes gegen den Mandanten erlassen hatte. Fraglich ist zunächst der Arrestanspruch. Hier ist bereits streitig, in welcher Höhe der Mandant tatsächlich rückständige Steuern schuldet. Aber selbst wenn dies feststehen würde, scheitert der angeordnete dingliche Arrest in jedem Fall an dem Anordnungsgrund, kurz gesagt: Hat der Mandant zu erkennen gegeben, dass er versucht, Vermögen beiseite zu schaffen? Genau das ist hier nicht der Fall. In dem Verfahren wird seit ca. zwei Jahren ermittelt. In dieser Zeit hat der Mandant nicht etwa versucht, Teile seines umfangreichen Grundbesitzes zu verschieben oder zu verschleiern. Es hat keinerlei auffälligen Kontakte ins Ausland o. ä. gegeben. Ein Arrest kann aber nur dann angeordnet werden, wenn der Staat befürchten muss, dass er mit seiner möglichen Forderung gegen den Schuldner leer ausgeht.

Geschützte Erwartungen bei doppeltem Haftungsbescheid

In einem Einspruchsverfahren gegen einen Haftungsbescheid in sechsstelliger Höhe vertritt Westermann einen Mandanten gegen ein niedersächsisches Finanzamt. Der Mandant ist kurzzeitig Geschäftsführer einer Spedition gewesen, wobei es sich dabei eher um eine nur formale Tätigkeit gehandelt hat. Eine andere Person war faktischer Geschäftsführer und im Gegensatz zu den Mandanten auch in der Lage die steuerlichen Pflichten der Firma zu erfüllen. Letzteres ist nicht geschehen, es sind daraufhin hohe Schätzungsbescheide erlassen worden. Als formell eingetragener Geschäftsführer haftet der Mandant grundsätzlich. Insoweit ist dieser Fall nicht ungewöhnlich.

Das Finanzamt hatte allerdings im Rahmen seines Ermessens bereits vor Monaten auch einen Haftungsbescheid gegen den faktisch tätigen Geschäftsführer erlassen – und einen weiteren gegen den Mandanten. Letzterer ist durch das Finanzamt kurze Zeit später jedoch aufgehoben worden. Die interne Entscheidungsfindung der Finanzbehörde ist dabei unklar geblieben. Das Finanzamt hatte den Mandanten zu verstehen gegeben, dass er nicht in Anspruch genommen werden soll für die Schulden der Firma. In solchen Fällen bindet sich die Behörde selbst: Der Empfänger einer solchen Erklärung kann erwarten, dass die Behörde ihre Meinung nicht mehr ändert und einfach einen neuen, inhaltlich unveränderten Bescheid erlässt. Genau das ist jedoch geschehen. Aufgrund der herrschenden Rechtsprechung ist Westermann zuversichtlich, dass spätestens in einem Klageverfahren der Bescheid aufgehoben werden wird.

Verteidigung eines Bauunternehmers, Verhandlung vor einem Schöffengericht, Erfolg in einem Schwurgerichtsverfahren.

Scheinselbstständigkeit oder Subunternehmer?

Hillejan verteidigt in einem Ermittlungsverfahren einen Bauunternehmer wegen des Vorwurfs des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in mehreren Fällen. Dieser arbeitete bei mehreren Bauvorhaben mit denselben Subunternehmern zusammen. Nach Ermittlungen des Hauptzollamtes und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit wird ihm nunmehr vorgeworfen, dass die Subunternehmer tatsächlich in einem abhängigen Arbeitsverhältnis zu der Unternehmung des Mandanten stehen würden – also nur „scheinselbstständig“ seien.

Die Vorwürfe gilt es zu widerlegen. Nach Einsicht in die Ermittlungsakte sowie ersten Besprechungen ist nicht von Scheinselbstständigkeit auszugehen. Das wird schon anhand der tatsächlichen Verhältnisse und Bedingungen auf den Baustellen deutlich. Zwar arbeitete der Mandant oftmals mit denselben Subunternehmern zusammen, allerdings übte er keine Kontrolle über sie aus. Die Subunternehmer waren frei von Weisungen des Mandanten, konnten Arbeits- und Urlaubszeiten eigenverantwortlich bestimmen, Preise selbstständig verhandeln, etc. Ferner waren die meisten Subunternehmer zusätzlich auch für andere Auftraggeber tätig. Mittels einer ausführlichen Stellungnahme und ergänzenden Unterlagen wird Hillejan versuchen, genau das den Ermittlungsbehörden darzulegen und auf eine zügige Einstellung des Verfahrens hinwirken.

Dauerbrenner (überhöhte) Schätzung

Im Juni steht für Hillejan eine Hauptverhandlung vor einem Schöffengericht im Ruhrgebiet an. Er verteidigt einen Mandanten aus dem Gastronomiegewerbe wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung. Dem Mandanten wird vorgeworfen, in über 10 Fällen rund 500.000 € Steuern verkürzt zu haben. Diesen Wert hat die Steuerfahndung – der die Staatsanwaltschaft in Ihrer Anklageschrift  1 : 1 folgt, zuweilen ohne jede eigene Prüfung – allerdings geschätzt.

Unserer Auffassung nach ist diese Schätzung deutlich zu hoch ausgefallen. Zwar gab es Buchführungsmängel, die eine Schätzung rechtfertigen mögen, allerdings ist Hillejan nach Besprechung mit dem Steuerberater des Mandanten zuversichtlich, dass der Schätzbetrag deutlich gemindert werden kann. Dafür werden insbesondere auch die ergänzenden Unterlagen und Berechnungen des Steuerberaters hilfreich sein. Das enge und koordinierte Zusammenwirken von Verteidiger und Steuerberater ist in solchen Fällen essentiell.

Erfolg in einem Schwurgerichtsverfahren nach zahlreichen Verhandlungstagen

Das umfangreiche Schwurgerichtsverfahren im Rheinland wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags (vgl. die Beiträge der Vormonate) in dem Hillejan zusammen mit Possemeyer die letzten Monate verteidigte, hat für den Mandanten ein sehr erfreuliches Ende genommen. Er wurde freigesprochen und nach circa acht Monaten direkt aus der Untersuchungshaft entlassen.

Laut Anklageschrift sollte unser Mandant während einer Massenschlägerei ein Messer gezogen und damit dem Geschädigten einen lebensgefährlichen Stich versetzt haben. Nach Abschluss der Beweisaufnahme, in der insbesondere zahlreiche (Augen-)Zeugen gehört wurden, konnte das nicht festgestellt werden. Sofern eine Zeugin in ihrer polizeilichen Vernehmung unseren Mandanten noch massiv belastet hatte und felsenfest davon überzeugt war, dass er es war, der zugestochen hat, wich sie von dieser Auffassung vor Gericht ab. Vielmehr konnte sie aufgrund der Entfernung zum dynamischen Geschehen, der Dunkelheit und den vielen beteiligten Personen in Wahrheit nichts Genaues erkennen. Darüber hinaus haben weitere Zeugen glaubhaft ausgesagt, dass unser Mandant eher etwas entfernt vom Geschädigten stand und tatsächlich andere Angeklagte ein Messer gezogen hätten. Auch nachdem die Staatsanwaltschaft eine nicht mehr bewährungsfähige Haftstrafe für unseren Mandanten gefordert hatte, ist das Gericht richtigerweise unserem Antrag auf Freispruch gefolgt. Haftentlassung im Gerichtssaal, der Mandant nach Monaten wieder in Freiheit und bei seiner Familie, dafür arbeitet man als Verteidiger.

Anke schnuppert kurz frische Nordseeluft und steigt in der zweiten Juni-Woche wieder ein: Markenrecht, ein anonymer Tipp ans Finanzamt und ein Gesellschafterstreit artet aus.

Import, Export, Hausdurchsuchung

Wegen des Vorwurfs einer strafrechtlichen Markenrechtsverletzung verteidigt Anke eine Mandantin in einem Ermittlungsverfahren.

Die Mandantin hatte Waren aus Übersee eingekauft und in großer Anzahl auf einer Online-Verkaufsplattform weiterverkauft. Einigen Kunden fiel eine schlechte Qualität der Produkte auf. Erst im Rahmen einer plötzlichen Durchsuchung der Geschäftsräume durch die Ermittlungsbehörden erfuhr die Mandantin von der wohl qualitativ minderwertigen und möglicherweise gefälschten Ware.  Sie fiel aus allen Wolken.

In vielen Fällen beginnt mit der Durchsuchung und einem kurzfristigen Anruf beim Verteidiger die Mandatsarbeit. Die frühzeitige Einschaltung ist wichtig und lohnt sich. Bereits in dieser Phase des Verfahrens gilt es Mandanten zu unterstützten und zu begleiten, die Arbeit der Ermittlungsbehörden kritisch zu überprüfen und die Mandanten und ihre Unternehmen vor (Ruf-) Schädigungen zu schützen. Je früher der Einstieg in das Mandat, desto weiter ist der Verteidigungsspielraum. Zuweilen ist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen dem Bürger und der Strafjustiz schnell gefunden, wenn man mit der Suche danach früh anfängt.

Einmal in 10 Jahren…

Im Juni verteidigt Anke einen Mandanten wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung. Der Mandant verschenkte einen niedrigen sechsstelligen Geldbetrag an seinen erwachsenen Enkel. Eine Unterstützung für den Start ins Leben.

Die Schenkung zeigte er ordnungsgemäß beim zuständigen Finanzamt an. Ein Schenkungssteuer-Bescheid erging und der Mandant zahlte die angefallenen Schenkungssteuern. Kurze Zeit später erhielt der Mandant gleichwohl ein Schreiben des Strafsachenfinanzamts wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung. Das Finanzamt hatte einen anonymen Tipp über Vorschenkungen erhalten. Der Mandant soll seinem Enkel bereits in der Vergangenheit eine Immobilie und einen Kleinwagen geschenkt haben. Sein Freibetrag sei dadurch bereits ausgeschöpft und die Schenkungssteuern für die jüngste Schenkung zu niedrig festgesetzt worden.

Der Mandant hatte in seiner Schenkungssteuererklärung tatsächlich keine Vorschenkung an seinen Enkel angegeben. Grundsätzlich steht der steuerliche Freibetrag für Schenkungen alle 10 Jahre nur einmal zur Verfügung. Eine Schenkungssteuererklärung sollte deshalb vor der Abgabe sorgfältig geprüft werden. Glücklicherweise ist der Vorwurf in diesem Verfahren unbegründet, was darzustellen sein wird.

Hereingezogen in Gesellschafterstreit

Erst als Zeugen vernommen, dann Beschuldigte im Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Falschaussage:

Zwei Mandanten waren Berater eines mittelständischen Unternehmens in Norddeutschland. Als es wegen Streit unter den fünf Gesellschaftern zu einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung kam, wurden unsere Mandanten als Zeugen in der Sitzung des Zivilgerichts zu den eigenen, konkreten Beratungsleistungen vernommen.

Wenige Monate später kam der Anhörungsbogen als Beschuldigte eines Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Falschaussage vor Gericht vor. Anke verteidigt mit Bischoff die beiden Berater. Die frühe Verteidigung im Ermittlungsverfahren lässt Raum und Zeit für eine Stellungnahme der Verteidigung.

Die vorgeworfene Falschaussage gab es nicht. Anzeigeerstatter waren zwei der zerstrittenen Gesellschafter, die sich von ihren Mitgesellschaftern schlecht behandelt gefühlt haben. Die Anzeige sollte den Gesellschaftern zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ziele auf dem Rücken unserer Mandanten dienen. Umso wichtiger ist es nun, dieses Verhalten der Gesellschafter aufzuzeigen und die Mandanten vor fehlgeleiteter Strafverfolgung und einer weiteren Einbeziehung in den Gesellschafterstreit zu schützen. Aufgrund der Komplexität der Beratungsleistung unserer Mandanten gilt es nun, die Aussagen vor Gericht detailliert aufzuarbeiten und in den tatsächlichen Kontext einzuordnen.