Langsame Rückkehr zur Normalität, mit allen Vor- und Nachteilen, Eintauchen in fremde Materie und unberechtigte Geldwäscheanzeigen.                                                                                                                                                                                                                                                              

Für Minoggio beginnt der August mit einigen Tagen Sporturlaub mit seinem Fallschirmverein auf Borkum. Danach steht Tagesarbeit an, im Wesentlichen als Verteidiger in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren.

Steuerfahndungen und Wirtschaftskommissariate wieder im Normalbetrieb

Die Strafverfolgungsbehörden führen nach einigen Wochen Corona–Agonie jetzt wieder Hausdurchsuchungen durch. Hierdurch ergeben sich Beratungs- und Verteidigungsbedarf regelmäßig aus dem Stand heraus und ohne Rücksicht auf geplante Termine in anderen Mandaten.

Der Strafverteidiger als temporärer Motorradexperte

In einem technisch anspruchsvollen Wirtschaftsstrafverfahren mit Bezügen in andere europäische Länder muss in Zusammenarbeit mit technischen Motorradspezialisten eine komplizierte Stellungnahme erarbeitet werden. Es geht um den Verkauf von Oldtimer-Motorrädern zu erstaunlich hohen Preisen innerhalb einer Liebhaberszene und damit zusammenhängenden Betrugsvorwürfen im Millionenbereich in mehreren europäischen Ländern.

Auch hier gilt wie in allen komplexen Wirtschaftsstrafverfahren: Nur tiefe Einarbeitung auch in den technischen Sachverhalt und nahtlose, interdisziplinäre Zusammenarbeit der jeweils  spezialisierten Berater bringt optimalen Schutz der Rechtsposition des Mandanten.

Tagespraxis Geldwäscheverdachtsverfahren: weiterhin ineffektiv mit hohen Kollateralschäden

Verteidigungsarbeit in Geldwäscheverfahren nimmt auch für Minoggio momentan zu – aber nicht so, wie man sich das von außen vorstellt:

Die Praxis in angeblichen Geldwäscheverdachtsfällen ist nämlich nicht selten: Übereilte oder klar ungerechtfertigte Geldwäscheanzeige der eigenen Bank an die FIU, schablonenhaft in vorauseilendem BaFin-Gehorsam. Von dort Weitergabe an die Staatsanwaltschaft, Einstellung des Geldwäscheverfahrens mangels Tatverdacht zumeist sofort vor oder nach Ermittlungen,  Weitergabe des Vorganges an die Finanzbehörde. Von dort Steuerstrafverfahren oder Steuerprüfung. Mittlerweile hat die Bank die Kreditverbindung des Betroffenen „vorsorglich“ gekündigt.

Steuerbehörde und Staatsanwaltschaft versuchen teilweise in der Folge umso verbissener, wenigstens irgendein steuerliches Fehlverhalten feststellen zu können: Es kann ja nicht sein, dass der Bürger zwar seine Bankverbindung grundlos verliert, über Monate oder Jahre Ermittlungen hinnehmen muss und sich dann das herausstellt, was der Banker bei einer qualifizierten Rückfrage vor der Geldwäscheanzeige (die entgegen teilweise geäußerter Ansicht sehr wohl zulässig ist!) hätte ermitteln können: Dass die Geldbewegung leicht erklärbar ist, der Bürger sich samt und sonders rechtmäßig verhalten hatte und alle Maßnahmen gegen ihn und sein Unternehmen unberechtigt waren.

Irgendwann wird sich auch für den letzten Geldwäschebeauftragten herausstellen, dass zur Vermeidung einer derartigen Fehlentwicklung eine am Anfang jeden Verdachtsfalles schnelle, aber doch absolut qualifizierte Analyse erforderlich ist und nicht ein holzschnittartiges Vorgehen als Daseinsnachweis und nach schablonenhaftem BaFin-Verlangen.

Frustrierend für den Bürger, frustrierend für den Strafverteidiger: Die negativen Begleiterscheinungen dieser mutierten Geldwäscheverdachtsverfahren können fast nie verhindert werden. Illusorisch ist ferner, Staat oder Bank für den finanziellen Schaden dabei  haftbar zu machen.

Jedenfalls Bank wechseln mit lauter Begründung! Nur wenn seriöse Medien berichten und Bankkunden für Vorstände und Bankenverbände merkbar Konsequenzen ziehen, wird sich etwas ändern zu mehr Rechtsstaatlichkeit zugunsten des Bürgers.

Neue Gastronomiefälle, eine Hauptverhandlung, Verhinderung einer Haftungsinanspruchnahme nach Ende eines Strafverfahrens – und Urlaub                                                                                                                                                                                                   

Hauptverhandlung wegen eines Untreuevorwurfs

Im August muss Bischoff zunächst eine Hauptverhandlung im Ruhrgebiet vorbereiten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mandanten Untreue im sechsstelligen Bereich vor. Er soll mehrfach vier- bis fünfstellige Beträge von Bankkonten des Unternehmens auf persönliche Konten transferiert haben. Der Mandant führte ein separates Gewerbe für Buchführungsservice und hatte unstreitig zahlreiche Sonderaufgaben in der Finanzbuchhaltung des Unternehmens übernommen. Sämtliche Zuflüsse wurden als Einkünfte versteuert. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, die Beträge standen ihm nicht zu und er habe hinter dem Rücken der Geschäftsführung gehandelt. Eine nicht eindeutige Vertrags- und Abrechnungslage verkomplizieren die Beurteilung. Transparenz und jahrelange Duldung des Vorgehens sprechen gegen eine Strafbarkeit. Dennoch hat die Geschäftsführung Strafanzeige erstattet. Letztlich wird entscheidend sein, die erbrachten Leistungen im Einzelnen darzulegen und auf dieser Grundlage eine mögliche Schadenssumme zu negieren oder zu reduzieren. Gelingt dies, werden nochmals Verständigungsgespräche geführt werden. Die bislang angebotene Bewährungsstrafe mit hoher Bewährungsauflage bei Geständnis ist angesichts der konkreten Umstände nicht zu akzeptieren.

Das Steuerstrafverfahren endet – das Haftungsverfahren beginnt

Nachdem ein Steuerstrafverfahren wegen Beihilfe für einen Mandanten erfolgreich gegen Zahlung einer Geldauflage abgeschlossen werden konnte, droht das Finanzamt jetzt erwartungsgemäß eine Haftungsinanspruchnahme des Mandanten für die Steuerschulden der Haupttäter an. Hierzu muss eine umfassende Stellungnahme vorbereitet werden. Zum einen verkennt die Finanzverwaltung, dass sie den Vollbeweis für die Beihilfe der Steuerhinterziehung und damit für ein vorsätzliches Handeln des Mandanten erbringen muss. Die Einstellung gegen eine Geldauflage kann hier allenfalls als ein Indiz dienen, da die Unschuldsvermutung unangetastet bleibt und die Zustimmung ausschließlich aus prozessökonomischen Erwägungen erfolgte. Zum anderen ist die im Anhörungsverfahren angekündigte Höhe der Inanspruchnahme offensichtlich verfehlt. Es wurde nicht differenziert zwischen Steuerschulden im Zusammenhang mit der vermeintlichen Beihilfehandlung und sonstigen Steuerforderungen gegen den Haupttäter aus einer durchgeführten Betriebsprüfung. Für diese kann der Mandant keinesfalls haften. Er hat nichts damit zu tun.

Immer aktuell: Schätzungen in der Gastronomie

Ansonsten wird der August durch mehrere Gastronomiefälle geprägt sein. Es geht wieder um die Zulässigkeit und vor allem die Höhe von Schätzungen bei formellen und materiellen Buchführungsmängeln. Ausbeutekalkulationen für Restaurants sind gemeinsam mit der Steuerberatung sorgfältig zu analysieren und inhaltlich anzugreifen. Es tauchen die üblichen Fehler auf: der Eigenverbrauch des Gastronomen ist nicht kalkuliert. Schwund bei Getränken und Abfälle bei Speisen nicht berücksichtigt. Gratisgetränke oder Speisen sind nicht in Abschlag gebracht. Die Portionsgröße und die Rezepte stimmen nicht. Diese Argumente müssen zusammengestellt, möglichst durch Speisekarten, Rezepturen und sonstige Beweismittel untermauert werden. Danach wird es in weiteren Gesprächen mit der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung jeweils darum gehen, vielleicht doch eine einverständliche Lösung zu finden und ein streitige Einspruchs- bzw. Finanzgerichtsverfahren zu verhindern.

Außerhalb von Mandanten schreibt Bischoff im August einen Aufsatz zu Strafrechtsrisiken im Zusammenhang mit der Corona-Krise für die Rechtsanwaltskammer Hamm. Eine weitere Veröffentlichung für den Steuerberaterverband zum Gesetzesentwurf des Verbandssanktionengesetzes muss vorbereitet werden. Zudem steht der erste richtige Urlaub des Jahres an. Die ursprünglich geplante Balkantour durch sieben Länder musste aufgrund der Pandemielage und aktueller Reisewarnungen abgesagt werden. Geplant ist jetzt aber eine abwechslungsreiche Alternativroute quer durch Deutschland mit langen Wanderungen im Harz, der sächsischen Schweiz, im Schwarzwald, der fränkischen Schweiz und auf dem Rheinsteig. Körperliche Anstrengung und freier Kopf garantiert.

Nicht beschuldigt, aber Ziel einer Durchsuchung; das Ende eines langen Strafverfahrens und ein Schlagabtausch in der Revision                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                

Umsatzsteuerkarussell – aus anderer Perspektive

Wehn vertritt im August einen Textilienhändler als –mutmaßlich ahnungslosem- Mitglied eines sogenannten Umsatzsteuerkarussells.

Der Ansatzpunkt ist hier jedoch anders als in vergleichbaren Fällen. Der Besuch der Steuerfahndung in den Geschäftsräumen des Mandanten entpuppte sich nicht als „klassische“ Durchsuchung bei einem Beschuldigten, sondern als Durchsuchung und Sicherstellung nach § 103 StPO. Das bedeutet, dass gegen den Mandanten nicht als Beschuldigter ermittelt wird. Der § 103 StPO erlaubt die Durchsuchung bei anderen Personen als den Beschuldigten wenn Tatsachen vorliegen, dass sich Beweismittel in den Räumen dieser Person befinden können.

Im vorliegenden Fall hielt die Steuerfahndung Ausschau nach Lieferscheinen, Rechnungen und ähnlichem. Es kommt nicht selten vor, dass -wir hier geschehen- ein Zwischenhändler ohne Wissen oder gar Vorsatz zum Teil eines Umsatzsteuerkarussells wird. Der Hauptbeschuldigte in diesem Verfahren ist dem Mandanten vollkommen unbekannt, war weder direkter Lieferant noch Kunde.

Auch wenn strafrechtlich im Ergebnis kein Risiko droht: Jede Durchsuchung bedeutet Aufregung und Unsicherheit. Es ist deshalb gut, dass ein Anwalt zugegen ist. Und sei es nur, um sicher zu gehen, dass der Mandant kurzfristig wieder aus dem Fokus der Ermittlungsbehörden verschwindet und beschlagnahmte Dokumente, Daten und Hardware schnell wieder verfügbar ist.

Was lange währt wird –hoffentlich- endlich gut

in einem Steuerstrafverfahren vor einem Schöffengericht vertritt Wehn den Betreiber eines größeren Gastronomiebetriebes. Bereits 2018 war Anklage erhoben worden. Aufgrund von Schätzungen des Finanzamtes ging die Staatsanwaltschaft bei Erhebung der Anklage von einem Steuerschaden von mehr als einer halben Million Euro aus. Nach jahrelangem Kampf mit dem Finanzamt und schließlich einem Urteil des Finanzgerichts musste das Gericht allerdings diese Zahlen nach unten korrigieren: Nunmehr wird dem Mandanten nur noch die Hinterziehung eines fünfstelligen Betrages vorgeworfen.

Obwohl in dem Verfahren bereits der Vorsatz streitig ist und Freispruch das Ziel darstellt: Durch Kampf gegen die Höhe der Steuerforderung ist auch strafrechtlich ein entscheidender Schritt getan. Er gibt dem Mandanten die Sicherheit, dass auch im „worst case“ bereits in der ersten Instanz eine Haftstrafe vermieden werden kann. Die Höhe der Steuerrückstände muss von Anfang an auf der steuerlichen Ebene bekämpft werden.

Schlagabtausch im Revisionsverfahren

In einem laufenden Revisionsverfahren bereitet Wehn eine Gegenerklärung zu einem Schreiben der Staatsanwaltschaft vor. Der Mandant war wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer mehrjährigen Haftstrafe vor einem Landgericht in Ostwestfalen ohne Bewährung verurteilt worden. Wehn legte nach Übernahme des Mandates Revision ein und begründete diese unter anderem damit, dass das Gericht von offensichtlichen Beweiserhebungen abgesehen hatte. Konkret waren benannte Zeugen nicht gehört worden. Das kann einen Verstoß gegen die allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichtes darstellen. Die benannten Zeugen hätten problemlos geladen und gehört werden können. Im Rahmen des Revisionsverfahrens bekam die Bundesanwaltschaft Gelegenheit, eine eigene Stellungnahme abzugeben und – wie hier geschehen- die von ihm beantragte Verwerfung der Revision zu begründen.

Der Verteidiger kann und muss in diesem Fall in einer Gegenerklärung seine Position und die Revisionsbegründung verteidigen. Er hat sich mit den Argumenten der Staatsanwaltschaft auseinanderzusetzen, die bereits in der Revisionsbegründung vorgebrachten Ausführungen zu ergänzen und zu präzisieren.

Verteidigung eines Heranwachsenden und eine richterliche Aussage                                                                                                                              

Ausflug in das Jugendstrafrecht

Possemeyer verteidigt auch in gewichtigen Jugendstrafsachen. Anders als im Erwachsenenstrafrecht liegt der Schwerpunkt im Jugendstrafrecht nicht auf dem Straf- sondern auf dem Erziehungsgedanken. Im August wird in einem Berufungsverfahren vor einem Landgericht dem Mandanten der Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzt vorgeworfen, indem er eine größere Menge Cannabis aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt hat. Das Amtsgericht hatte in erster Instanz eine vollstreckbare Jugendstrafe ausgeurteilt wegen schädlicher Neigungen und der Schwere der Schuld.

„Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG ist zu bejahen, wenn der Jugendliche oder ihm gleichgestellte Heranwachsende ein Kapitalverbrechen (wie z.B. Totschlag)  begeht. Daneben können auch andere, besonders schwere Taten allein wegen der Schwere der Schuld die Verhängung von Jugendstrafe rechtfertigen. Dagegen kann ein Vergehen mit vergleichsweise geringem Schaden, auch wenn es bedenkenlos begangen wird, die Schwere der Schuld nicht begründen, da das Gewicht der Tat zu gering ist. Für die Beurteilung der Schuld kommt es maßgeblich auf die charakterliche Haltung und das gesamte Persönlichkeitsbild des Jugendlichen an. Das äußerliche Tatgeschehen hat nur insoweit Berücksichtigung zu finden, als es Schlüsse auf das Maß der persönlichen Schuld und die charakterliche Haltung des Täters zulässt. Darüber hinaus ist bei der Frage, ob Jugendstrafe zu verhängen ist, der im gesamten Jugendstrafrecht geltende Erziehungsgedanke gegenüber der Schwere der Schuld vorrangig zu beachten.

In diesem Fall ist der geständige Mandant (17 Jahre alt) nicht vorbestraft und die spontane Tat liegt länger zurück. Entscheidend dürfte aber sein, dass das angefochtene Urteil sich nicht mit der Frage auseinandersetzt, warum gegen den Angeklagten die Verhängung einer Jugendstrafe aus Erziehungsgründen und damit zu seinem Wohl erforderlich sein soll, zumal der weitere Lebensweg nach der Tat durchweg positiv erscheint. Der Mandant lebt nunmehr sowohl privat als auch beruflich in geordneten Verhältnissen.

Das Landgericht wird die aktuellen Umstände des Mandanten berücksichtigen müssen, so dass die Berufung  gute Erfolgsaussichten hat – und unserer Ansicht nach haben muss: Jugendstrafe gefährdet soziale Bindungen, wenn der Jugendliche wie hier über sie verfügt.

Tödlicher Ausgang einer Auseinandersetzung unter Nachbarn

Possemeyer beschäftigt sich im August mit einem weiteren Kapitalverbrechen. Im Ruhrgebiet soll ein 40-jähriger Mann seinen Nachbarn mit einem Hammer erschlagen haben. Ein tragischer, aber nicht spektakulärer Fall. Der Mandant war zuvor nie gewalttätig. Vieles ist noch unklar. Die Verlobte des Mandanten war bei dem Vorfall dabei und möchte aussagen. Sie wird deshalb noch vor Anklageerhebung richterlich vernommen. Grund hierfür ist, dass bei späterer Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht die durchaus bedeutende Aussage über die Vernehmung des  Ermittlungsrichters in die Hauptverhandlung eingeführt werden kann.   Deshalb ist es enorm wichtig, sich auf eine solche Zeugenbefragung sorgfältig vorzubereiten. Sie kann für das Urteil entscheidend sein. Fragen der Notwehr, der Überschreitung zulässiger Notwehr und auch eine die Schuldfähigkeit beeinflussende Affektbeteiligung werden sorgfältig zu klären sein.

Drei verschiedene Fälle, ein gemeinsames Ziel: Einstellung in verschiedenen Phasen des Strafverfahrens                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   

Verhinderung der Eröffnung einer Hauptverhandlung

In einem Verfahren vor einem Schöffengericht wegen schwerer Körperverletzung stellt Westermann den Antrag, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Dem Mandanten wird vorgeworfen, im Rahmen einer außer Kontrolle geraten Auseinandersetzung mit mehreren Beteiligten dem Opfer so schwere Verletzungen zugefügt zu haben, dass es zu dauernden Gesundheitseinschränkungen kommt. Tatsache ist jedoch, und dies ergibt sich bereits aus der Akte: Es fehlt bereits an einer Voraussetzung für die Strafbarkeit des Mandanten. Aus den zwei vorliegenden ärztlichen Gutachten ergibt sich nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit, dass Handlungen des Angeklagten für die Verletzungen verantwortlich sind. Objektive Zeugen gibt es nicht. Der Geschädigte erinnert sich nicht an den Vorfall. Der Tatverdacht basiert letztlich lediglich darauf, dass der Angeklagte in der Nähe des Tatorts aufgegriffen worden war und zuvor Streit mit dem Geschädigten hatte. Der Fall ist ausermittelt. Es gibt kein Beweismittel für einen hinreichenden Tatverdacht. Entsprechende Anträge auf Einstellung des Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft bislang unberücksichtigt gelassen. So muss im Rahmen des Zwischenverfahrens versucht werden, diese falsche Entscheidung zu korrigieren. Auch noch so nachvollziehbarer Verdacht kann allein keine Verurteilung Grundlage werden.

Dreiste Ablenkung von eigenen Verfehlungen durch Strafanzeige

in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Mandanten wegen Erpressung bereitet Westermann einen Einstellungsantrag vor. Die Strafanzeige gegen den Mandanten stellt eine dreiste Art der „Vorwärtsverteidigung“ dar und entbehrt jeglicher Grundlage. Schwerwiegende finanzielle Verfehlungen des Anzeigeerstatters waren den Mandanten, einem Arbeitskollegen in der gemeinsamen Firma, zu Ohren gekommen. Telefonisch suchte er die Aussprache mit dem späteren Anzeigeerstatter.

Im Nachhinein ist klar: ein Fehler, das überhaupt oder zumindest ohne Zeugen zu tun. Der Mandant hat sich dabei nichts gedacht, außer den Firmenfrieden zu sichern und dem Kollegen eine Chance zu geben, reinen Tisch zu machen. Sein Kollege konnte – oder vielmehr wollte- das nicht akzeptieren. Nunmehr behauptet er wahrheitswidrig, dass der Mandant Geld für sein Schweigen verlangt habe.

Das Verfahren wird eingestellt werden. Es steht Aussage gegen Aussage, und die finanziellen Unregelmäßigkeiten des Anzeigeerstatters werden wir beweisen.

Keine Beihilfe ohne Vorsatz

Ebenfalls einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens stellt Westermann für einen Mandanten, dem Beihilfe zu jahrelangem gewerbsmäßigen Betrug durch sogenanntes „Card-Sharing“ vorgeworfen wird. Dabei werden ohne Berechtigung der Anbieter Zugänge zu digitalem Pay-TV angeboten (Sky usw.). Der Nutzer erhält ein Endgerät und über einen speziellen Server einen Zugang, der die gleichen Funktionen einer legal erworbenen Smartcard besitzt – zum Bruchteil des offiziellen Preises. Angeboten werden diese Dienste unter anderen auf Internetseiten. Dem Mandanten wird nun vorgeworfen, als Webmaster einer dieser Seiten Beihilfe geleistet zu haben.

Der Mandant bestreitet, von dem Inhalt der Seite gewusst zu haben – und die Akte stützt diese Äußerungen. Zur Verfügung gestellt hat er nämlich nur sogenannte Templates, also Vorlagen für Webseiten. Diese wurden dann von dem Haupttäter – wie auch von den zahllosen redlichen Kunden – mit eigenen Inhalten „befüllt“. Eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den technischen Hintergründen lässt somit weder eine Kenntnis des Mandanten, und erst recht keinen wie auch immer gearteten Vorsatz zur Förderung fremder Straftaten erkennen. Westermann ist deshalb zuversichtlich, dass das Verfahren – nach langem Zeitablauf und einer belastenden Durchsuchungsaktion- nunmehr kurzfristig eingestellt wird und der Mandant seine Ruhe hat.