Was machen wir im August

Was macht Minoggio

Minoggio hat zunächst eine Hauptverhandlung vorzubereiten, in der es um den Vorwurf einer Insolvenzverschleppung geht. Einem Unternehmer wird vorgeworfen, einen erforderlich gewesenen Insolvenzantrag nicht rechtzeitig innerhalb der gesetzlich dafür vorgesehenen Frist von 3 Wochen gestellt zu haben. Aus unserer Sicht unberechtigt: Der hochqualifiziert, aber rein kaufmännisch ausgebildete und erfahrene Mandant hatte sich in einer sich anbahnenden Krise einer seiner Gesellschaften eng sowohl mit der tätigen Steuerberatungsgesellschaft als auch dem seit Jahren für ihn arbeitenden Rechtsanwalt ausgetauscht, Liquidität und Auftragslage immer wieder überprüfen lassen, bevor der Gang zum Insolvenzrichter nach der Weisung der Berater schließlich doch angetreten werden musste. In derartigen Fällen stehen Literatur und Rechtsprechung berechtigterweise auf dem Standpunkt, dass der Insolvenzantrag zwar objektiv zu spät gestellt worden sein mag, den Betroffenen aber wegen der engmaschigen Beratung kein eigenes Verschulden daran trifft. Strafverfolgungsbehörden berücksichtigen zuweilen nicht, wie sehr Verantwortliche, die für die Gesamtheit eines Unternehmens geradezustehen haben, in Teilbereichen auf Fremdberatungen angewiesen sind und nur Plausibilitätskontrollen selbst vornehmen können.

Weiterhin schreitet die Arbeit für die anstehenden, wissenschaftlichen Veröffentlichungen voran. Unter anderem muss jetzt unwiderruflich das Konzept des Buchbeitrages für das im Beck Verlag erscheinende Münchener Anwaltshandbuch Verteidigung in Wirtschafts– und Steuerstrafsachen abgegeben werden. Minoggio schreibt dort themenübergreifend über Verteidigungsstrategien und taktische Handlungsmöglichkeiten in Schlüsselsituationen des Wirtschaftsstrafverfahrens.

Schließlich muss sich Minoggio im Rahmen eines gewichtigen Betrugsverfahrens mit europäischen Bezügen mit den technischen Gegebenheiten und Handelsbräuchen bei dem Vertrieb von Privatflugzeugen befassen. Kein leichtes Unterfangen für einen technisch wenig begabten, fliegerischen Laien, es geht unter anderem um historische Flugzeugtypen mit ansteigendem Wert – aber unverzichtbar: Es kann kein Rechtsanwalt oder Jurist einen Lebenssachverhalt in rechtlicher Hinsicht zutreffend und vollständig bewerten und Rechtspositionen nachhaltig vertreten, der den sozialen Sachverhalt nicht verstanden hat, und sei es über eine unbequeme Einarbeitung in technische Umstände. Ebenfalls ist hier nahtlose Zusammenarbeit zu technischen Sachverständigen gefragt. Strafverteidigung in komplexen Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren ist fast immer nur über fachübergreifende Teamarbeit optimal zu gestalten.

Daneben steht wenig spektakuläre Tagesarbeit an, etwa der nach anstrengenden Auseinandersetzungen jetzt möglich erscheinende Abschluss von zwei steuerstrafrechtlichen Verfahren in so genannten Kombi-Fällen (gleichzeitige Tätigkeit von streitig gewordener Betriebsprüfung und während dessen einsetzender Steuerfahndungsprüfung). Hier gilt es, für Unternehmen bzw. Unternehmensgruppe sowie die persönlich Betroffenen auf allen Feldern einen insgesamt möglichst schnellen und günstigen Verfahrensabschluss zu erreichen – wohl wissend, dass die Interessen des einen Verfahrensbeteiligten nicht für diejenigen des anderen vernachlässigt oder gar geopfert werden dürfen und auch berufsrechtlich der Vertretung von verschiedenen Interessen berechtigterweise enge Grenzen gesetzt sind. Wir schätzen, dass wir 85-90 % aller hier bearbeiteten Steuerstrafverfahren ohne eine öffentliche Hauptverhandlung abschließen können – nicht um jeden Preis, oftmals auch nicht in einem kurzen Prozess, der sich in der Praxis erfahrungsgemäß schnell als sehr teurer Prozess herausstellt. Jedenfalls aber lohnt der nachhaltige Kampf vor der Behörde bzw. den verschiedenen Behörden immer, Hauptverfahren vor dem Strafgericht zu vermeiden. Selbst wenn das nicht erfolgreich ist oder die Forderungen der Finanzverwaltung und Strafverfolgung ohne richterliche Überprüfung dafür als deutlich zu hoch erscheinen, so ist auf diese Weise bereits im Ermittlungsverfahren der eigene Standpunkt für ein später mit der Entscheidung befasstes Gericht geschärft dargestellt und klar erkennbar – und gerade bei nicht konsensfähigen Maximalforderungen der Strafverfolgungs– und/oder Besteuerungsbehörde sind auf diese Weise oftmals die Weichen für eine angemessene gerichtliche Korrektur dieser Vorstellungen gestellt.

Verteidigungsarbeit in Wirtschafts– und Steuerstrafverfahren kann nicht früh genug einsetzen. Aufwand zu Beginn eines Verfahrens führt erfahrungsgemäß zu vielfacher Ersparnis von späterem Aufwand an Zeit und Kosten. Strafverteidigung ist oft leise und ruhig und findet zuweilen vollkommen im Hintergrund statt – darf aber im gesamten Verfahren andererseits nie an Bereitschaft einbüßen, die Durchsetzung von Verfahrensrechten oder materiellen Rechtspositionen des Betroffenen auch laut und deutlich ohne verfehltes Harmoniebedürfnis einzufordern.

 

 

Was macht Wehn

 

Nach seiner Rückkehr aus den Sommerferien – Urlaub an der deutschen Ostseeküste – ist Wehn wieder im Büro. Aufgrund der in Nordrhein-Westfalen noch andauernden Sommerferien arbeiten Gerichte und Finanzbehörden nur mit „halber Kraft“. Im August geht es daher vor allem darum, die im September und Oktober beginnenden umfangreicheren Verfahren vorzubereiten.

Aktuell „heiß“ wird ein Wirtschaftsstrafverfahren vor einem Schöffengericht in Hessen. Es geht um Fragen der Insolvenzverschleppung und des Beiseiteschaffens von Vermögen. Der Mandant hatte eine sehr teure Maschine zu einem hohen sechstelligen Betrag weiterveräußert, den Kaufpreis vereinnahmt und die Maschine ausgeliefert. Die finanzierende Bank behauptet nun, die Maschine sei ihr zur Sicherheit übereignet worden, und geht sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich aggressiv gegen den Mandanten und den Erwerber vor. Bereits im Ermittlungsverfahren musste der Mandant z.B. im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme und gegen Arrestbeschlüsse in sein Vermögen unterstützt werden. Eine Herausforderung ist in diesem Fall das Zusammenspiel zwischen Strafrecht und Zivilrecht. Im Rahmen der Hauptverhandlung werden z.B. Fragen des gutgläubigen Eigentumserwerbs zu thematisieren sein.

Daneben ist ein Verfahren vor dem Finanzgericht zu führen, bei dem der Mandant erhebliches Auslandsvermögen hatte, dessen Verbleib er aber nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht lupenrein nachweisen kann – die Finanzverwaltung geht nun davon aus, dass aus diesem Vermögen auch in den Jahren nach der Entdeckung erhebliche Zinsgewinne im hohen sechsstelligen Bereich erwirtschaftet worden sind.  Das Finanzamt hat entsprechend hohe Steuerbescheide erlassen. Über die Berechtigung dieser Zinsschätzungen wird das Finanzgericht zu entscheiden haben. Dies geschieht zunächst wie so häufig im Rahmen eines Erörterungstermins vor einem einzelnen Richter des Senats, dem Berichterstatter. Danach wird klar sein, inwieweit das Finanzgericht die zahlreichen Argumente gegen Grundlage und Höhe der Zinsschätzungen teilt. Dies bedeutet praktisch für Wehn und den Mandanten eine Orientierung, ob und in welche Richtung noch vorgetragen werden muss. Grundsätzlich möglich ist auch eine direkte Einigung zwischen Mandant und Finanzamt in einem solchen Termin.

Das Verfahren vor dem Landgericht wegen versuchten Totschlages (siehe Eintrag im Juli) ist erfolgreich verlaufen, der zuletzt inhaftiert gewesene Mandant befindet sich auf freiem Fuß.

 

 

 

Was macht Bischoff

In einer laufenden Betriebsprüfung bei einem mittelständischen Unternehmen aus der Textilbranche hat ein Steuerberater RAin Bischoff zur rechtlichen Unterstützung hinzugezogen. Er hat den Fall in der laufenden Prüfung von dem Vorberater übernommen. Im August 2019 steht die Schlussbesprechung an. Steuer- und Rechtsberatung überprüfen dafür gerade mit Hochdruck die vorläufigen Feststellungen des Betriebsprüfers. Inhaltliche und rechtliche Fehler müssen rechtzeitig aufgedeckt und möglichst im Gespräch geklärt werden. Selbst wenn nicht in allen Punkten Einigkeit erzielt werden kann, ist eine Verschlankung des weiteren Verfahren zweckmäßig. Ein sich an die Prüfung anschließendes Einspruchs-/Finanzgerichtsverfahren sollte nicht durch Nebensächlichkeiten aufgebläht werden. Das schadet nur dem Geldbeutel des Mandanten. Wirtschaftlich bedeutsam ist im vorliegenden Fall vor allem, dass es durch die Einbringung eines Betriebes in eine GmbH zu einer Aufdeckung stiller Reserven gekommen sein soll. Die ungewollte Aufdeckung stiller Reserven bei Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe oder unentgeltlicher Betriebsübertragung ist der Alptraum eines jeden Beraters. Es überrascht immer wieder, wie oft es selbst in gesellschaftsrechtlichen Standardkonstellation zu einer ungeplanten Aufdeckung kommt. Wird dieses ungewollte Desaster im Rahmen einer Betriebsprüfung entdeckt, führen die dadurch entstanden Steuern inklusive Zinsen oftmals zu Liquiditätsengpässen und gelegentlich zum Ende der wirtschaftlichen Existenz. Wenn – wie im vorliegenden Fall – ein vorheriger Berater mit der steuerlichen Überprüfung der Gestaltung beauftragt war, schließt sich an die Feststellung des Steuerschadens direkt die Frage an, ob ausreichende Hinweise zu den steuerlichen Risiken und den Alternativen erteilt wurden. War die Folge durch eine andere Gestaltung vermeidbar und beruhte nicht auf einer bewussten Entscheidung des Mandanten in Kenntnis der Risikolage, mündet das Verfahren anschließend in einem Regressanspruch gegen den ehemaligen Berater bzw. wirtschaftlich dessen Haftpflichtversicherung.

Gerichtstermine innerhalb der Schulferien finden seltener statt. Dennoch verteidigt Bischoff in einem Steuerstrafverfahren vor Gericht. Die freiberuflich tätige Mandantin hatte jahrelang aufgrund persönlicher Probleme ihre Steuererklärungen vernachlässigt. Ihr Steuerberater hatte keinerlei Druck aufgebaut und teilweise sogar Korrespondenz mit dem Finanzamt über abgelehnte Fristverlängerungen verschwiegen. Offenbar kam er selbst mit seiner Arbeit nicht mehr nach. Dem Finanzamt reichte es schließlich. Nach Ablauf einer weiteren Frist hat die Straf- und Bußgeldsachenstelle ein Steuerstrafverfahren wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuer- und Einkommensteuerjahreserklärungen für drei Jahre gegen die Mandantin eingeleitet. Es mussten mit Hochdruck die fehlenden Erklärungen abgegeben und anschließend die Steuern nachgezahlt werden. Das alles ist geschehen. Erwartungsgemäß bestand auch Einigkeit mit dem Strafsachenfinanzamt, dass das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt werden kann. Die angebotene Höhe war aber inakzeptabel. Gerechnet wurde mit spitzen Bleistift nach der so genannten „Leise-Tabelle“ (kritisch hierzu: https://www.minoggio.de/minoggio-unsinnigkeit-strafzumessungstabellen/). Ausreichende Abschläge für die Mitwirkung im Strafverfahren und die Versäumnisse des Beraters wurden nicht gebildet. Deshalb entschied sich die Mandantin nach umfassender Beratung über die Möglichkeit, es auf einen Strafbefehl ankommen zu lassen, um anschließend nach Einspruch bei Gericht eine akzeptable Auflage zu erzielen. Das Verhandlungsziel und die Argumenten sind zur Vorbereitung der Verhandlung bereits durch eine Stellungnahme dargelegt. Telefonate wurden geführt. Gericht und Staatsanwaltschaft haben Einigungsbereitschaft signalisiert. Der Weg in die Hauptverhandlung wird sich im Ergebnis wirtschaftlich lohnen und die Mandantin geht ohne Sorge in die Verhandlung.

Es gibt sie noch: die CD-Fälle mit Datensätzen von ausländischen Privatbanken. Ab und zu hat die Steuerstrafverteidigerin wieder einen Fall auf dem Tisch, auch wenn sich die Aufregung in der Öffentlichkeit um diese Ankäufe längst gelegt hat. Spannendere Themen wie „Panama-Papers“ oder „Cum-Ex-Fälle“ haben die zum Teil sogar systematisch von einzelnen Banken organisierte Steuerhinterziehung durch Auslandskonten abgelöst. Umso mehr überrascht es, dass es bei einzelnen Banken in Luxembourg oder Liechtenstein teilweise immer noch Wochen dauert, bis man die angeforderten Bankunterlagen der letzten zehn bis zwölf Jahre erhält. Doch ohne die Ersatzbeschaffung geht es nicht, wenn Berater und Mandant sich für eine umfassende Mitwirkung als Strategie der Wahl entscheiden. Es müssen die Kapitalerträge berechnet und möglichst nachvollziehbar für die ermittelnden Fahnder aufbereitet werden. Oftmals erfolgt dann nur noch eine stichprobenartige Kontrolle und der strafrechtliche Abschluss ist schnell verhandelt. Etwas anderes gilt natürlich, wenn die Hinterziehungsbeträge im hohen fünf- bis sechsstelligen Bereich liegen. Insbesondere ab der Millionengrenze beginnt der keinesfalls auswegslose, aber harte Kampf um die Bewährungsstrafe.

Da im September 2019 schon wieder das Semester an der FOM Münster beginnt und der erste Vorlesungstag im Steuerstrafrecht schon zu Beginn des Monats ansteht, müssen im August 2019 die Vorlesungsmaterialen aktualisiert werden. Deshalb wandern sowohl diese Unterlagen als auch das Material für die Neuauflage Unternehmensverteidigung in eine sehr große Tasche. Sie wird Bischoff in den Sommerurlaub nach Bozen in Südtirol begleiten. Für anstrengende Bergtouren wird aber dennoch ausreichend Zeit bleiben.

Was macht Westermann

Westermann bereitet im August eine Hauptverhandlung in einer Betäubungsmittel-Strafsache vor einem Landgericht im Rheinland vor. Bereits vor deren Beginn ist jedoch die Besetzung des Gerichts zu rügen. Statt richtigerweise mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen (also Laienrichtern) besetzt zu sein, hat das Gericht die Eröffnung fälschlicherweise mit nur zwei Richtern und zwei Schöffen beschlossen. Das ist keine bloße Formalität. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Varianten der Besetzung richtet sich gemäß § 76 Gerichtsverfassungsgesetz nach dem Umfang oder Schwierigkeit der Sache. Die Hauptverhandlung wird geplant 10 Termine umfassen, mehr könnten folgen. Die haltlosen und auf Aussagen von Mitbeschuldigten basierenden Vorwürfe erstrecken sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren und umfassen zahlreiche Einzeltaten des Handels und der Einfuhr von Betäubungsmitteln, es gibt noch zwei Mitangeklagte. Es droht im Falle einer Verurteilung eine hohe Haftstrafe. Das Verfahren ist schwierig und umfangreich, eine Besetzung mit drei Berufsrichtern ist deshalb unerlässlich. Der Verteidiger muss in solchen Fällen die sog. Besetzungsrüge erheben. Nur so wird sichergestellt, dass der Anspruch des Mandanten auf seinen gesetzlich garantierten Richter auch erfüllt wird.

In einem Betriebsprüfungsverfahren der Großgastronomie befasst sich Westermann wieder einmal mit der Frage der Schätzungsbefugnis des Finanzamtes. Dem zunächst nicht anwaltlich vertretenen Mandanten war vom Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung wegen angeblicher Mängel eine Schätzung präsentiert worden, angeblich äußerst großzügig– ihn aber finanziell ruinieren würde. Zu diesem relativ späten Zeitpunkt wandte sich der Mandant an die Kanzlei mit der Bitte um Prüfung. Dabei fiel nicht nur auf, dass der Prüfer an vielen Stellen stets zuungunsten des Mandanten geschätzt hat – es steht noch nicht einmal fest, ob überhaupt eine Schätzungsbefugnis besteht. Im Rahmen der Kassenführung waren keine schwerwiegenden Mängel festgestellt worden, lediglich isoliert geringe Unstimmigkeiten im Rahmen des Außer-Haus-Verkaufs, die keinen Rückschluss auf mangelhafte Buchhaltung zulassen. Auch die Tatsache, dass im Rahmen einer weiteren Verprobung Abweichungen von der sogenannten Richtsatzsammlung (eine Liste mit Erfahrungswerten über Rohgewinne in verschiedenen Branchen, veröffentlicht vom Bundesfinanzministerium) festgestellt worden sind, reicht für die Ablehnung der Buchhaltung als sachlich unrichtig nicht aus. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die Vermutung der Richtigkeit der Buchhaltung entkräften. Diese gibt es in diesem Fall nicht. Sollte das Finanzamt dies im Rahmen der Prüfung nicht akzeptieren, wird der Gang zum Finanzgericht unumgänglich sein.

In einem seltenen Ausflug in das Strafvollstreckungsrecht stellt Westermann für einen neuen Mandanten einen Antrag auf Verlegung in eine heimatnahe Anstalt. Der Mandant war im vergangenen Jahr in Süddeutschland zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Seine Familie lebt in Nordrhein-Westfalen. Grundsätzlich werden Häftlinge nach einem bestimmten Schlüssel auf die verschiedenen Haftanstalten verteilt. Nur in Ausnahmefällen kann davon abgewichen werden. Oft ist es im Rahmen der Strafvollstreckung klug, vor Antragstellung eine Lösung auf dem kleinen Dienstweg zu suchen, z.B. durch Kontaktaufnahme mit dem Anstaltsleiter. Im Falle eines Verlegungsantrages ist dies durch die Beteiligung gleich zweier JVAs und der Staatsanwaltschaft nicht möglich. Ein gut begründeter Antrag ist notwendig. Anknüpfungspunkt hier ist die Gesundheit der Eltern des Mandanten und die Tatsache, dass seine Frau aufgrund zweier kleiner Kinder nicht in seine Nähe ziehen kann. Die Stärkung familiärer Bindungen stellte einen wichtigen Aspekt der Resozialisierung dar, auf dieser Grundlage ist ein erfolgreicher Antrag möglich.

Die im letzten Monat erwähnte Berufungshauptverhandlung vor einem Landgericht im Rheinland hat für den Mandanten mit Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe ein gutes Ende genommen. Wie geplant konnte das Gericht von den zahlreichen positiven Entwicklungen seit der Verurteilung in erster Instanz überzeugt werden.

Was macht Possemeyer

Possemeyer muss sich im August mit verschiedenen Verfahren beschäftigen, in denen die Mandanten sich in Haft befindet. Eine Haftsituation ist nicht nur für den Betroffenen sehr belastend, sondern im Regelfall für die gesamte Familie. Deshalb muss der Verteidiger mit Hochdruck daran arbeiten, die Haft zu beenden. Je nach Schwere des vermeintlichen Delikts und Art des Haftgrunds gibt es verschiedene Ansätze.

In einem Fall wirft die Staatsanwaltschaft Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Haftrichter sehen den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gem. § 112 a Strafprozessordnung.

Bei den sogenannten Anlasstaten muss es sich um die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Taten handeln – wie  sie unter § 112 a Abs. 1 Ziffer 2 aufgezählt werden. An Anordnung und Vollzug der Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr sind im Hinblick auf ihren Charakter als präventive Sicherungshaft aus verfassungsrechtlichen Gründen strenge Anforderungen zu stellen. Der Anlasstat muss überdurchschnittlicher Unrechtsgehalt und Schweregrad zukommen, wobei zur Bestimmung des Gewichts der Tat Begleitumstände wie Beweggründe, Art der Tatausführung, Auswirkungen der Tat, Vorleben und Nachtatverhalten herangezogen werden können. Die Anlasstaten müssen auch geeignet sein, in weiten Kreisen das „Gefühl der Geborgenheit im Recht” zu beeinträchtigen. Ferner muss die Tat wiederholt oder fortgesetzt begangen worden sein, das heißt mindestens zweimal durch rechtlich selbständige Handlungen. Diese durchaus streitigen Voraussetzungen lassen sich in Zweifel ziehen mit der Folge einer Haftverschonung.

In einem anderen Fall wirft die Anklage unserem Mandanten mit 8 weiteren Angeschuldigten vor, in weit über 200 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben, indem Drogen über das Darknet vertrieben und dann über den Postweg an Adressen in die ganze Welt verschickt worden sind. Sämtliche Angeschuldigten kommen aus dem Ausland ohne festen Wohnsitz in Deutschland. Eine Haftverschonung ist in solchen Fällen schlicht unmöglich, zumal die  Haftandrohung  hoch ist. Erst in oder  nach der Beweisaufnahme wird man entscheiden können, ob ein entsprechender Antrag auf Haftentlassung Aussicht auf Erfolg hat.

Possemeyer verteidigt zudem in einem Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht. Die Mandantin soll in einem Verfahren wegen einer Vergewaltigung falsch ausgesagt haben. In dem Ursprungsverfahren saß der damalige Angeklagte für 5 Monate  in Untersuchungshaft und wurde dann freigesprochen. Nun muss das gesamte Verfahren aufgerollt werden, um festzustellen, wer wirklich vor Gericht die Wahrheit gesagt hat und wer nicht.