Abwechslung im April: Vertretung eines Arztes gegen Betrugsvorwürfe, Beobachtung eines fremden Prozesses zugunsten eigener Mandanten, Unterstützung eines Unternehmens im Konkurrentenstreit

Verteidigung in einem Verfahren wegen Abrechnungsbetrug

Minoggio hat zunächst in einer mehrtägigen Hauptverhandlung vor einem hessischen Landgericht einen Arzt wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges zu verteidigen: Ein betäubungsmittelabhängiger Patient als Zeuge hatte ihn beschuldigt, für ihn tatsächlich nicht erbrachte Leistungen gegenüber der Krankenkasse abgerechnet und ihm als Gegenleistung Beruhigungsmittel ausgehändigt zu haben. Es steht Aussage gegen Aussage. Ein einziger Fall bei einem ansonsten über Jahrzehnte korrekt handelnden Arzt. Der Zeuge hatte im Laufe des Verfahrens seine belastenden Angaben mehrfach verändert, diese wurden teilweise auch durch die sonstigen Ermittlungen widerlegt.

Gleichwohl ist Anklage erhoben. Es irrt, wer glaubt, bei Aussage gegen Aussage könne ein Angeklagter nicht verurteilt werden. Die richterliche Überzeugung von der Schuld ist zuweilen schnell gewonnen. Dissonanzeffekt, Perseveranz, Confirmation Bias– diese wissenschaftlichen Schlagworte kennzeichnen den menschlichen, damit auch den richterlichen Entscheidungsprozess und dessen Fehleranfälligkeit. Eine Fehleranfälligkeit, die durch den seit dem Jahr 1900 praktisch unverändert festgelegten Ablauf des Strafverfahrens in Deutschland sehr gefördert wird.

Das wissen Erkenntnispsychologen, die sich mit dem Thema befassen. Das wissen forensisch tätige Glaubwürdigkeitsgutachter mit viel Erfahrung und viel Fortbildung. Die vorgenannten Effekte sind in der Erkenntniswissenschaft allgemein anerkannt.

Nur die meisten Juristen wissen das nicht und viele wollen das auch nicht wissen, weil diese Erkenntnisse nicht Teil der Ausbildung waren und sie das eigene, „reine“ Justizsystem zuweilen regelrecht infrage stellen. Staatsanwälte und Richterinnen wissen das im Einzelfall nur, wenn sie sich besonders und eigeninitiativ mit dem Thema vertraut machen und darüber hinaus bereit sind, die Unzulänglichkeit und Fehleranfälligkeit des Strafjustizsystems in diesem zentral wichtigen Punkt zu akzeptieren.

Hier muss Verteidigung kämpfen, nämlich um ein gerechtes Urteil nach umfassender und unvoreingenommen durchgeführter Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes. Notfalls mit strafprozessualen Eingriffsmöglichkeiten, um eine von vornherein unabwendbar gewesene Verurteilung zu erreichen, der man später mit den Mitteln des Revisionsrechtes ansehen kann, dass der Schulspruch nicht auf einer rational nachvollziehbaren Grundlage gefunden wurde und der deshalb aufzuheben ist.

Prozessbeobachtung in einem möglicherweise wegweisenden Cum-Ex Verfahren

Darüber hinaus ist im April im Norden Deutschlands die Hauptverhandlung in einem CumEx Strafverfahren genau zu verfolgen, deren Erkenntnisse und Ergebnisse unmittelbare Auswirkungen auf einen von Minoggio betreuten CumEx Fall haben, in dem für den Mandanten ein öffentliches Hauptverfahren bislang vermieden wurde und voraussichtlich vollständig bis zum Abschluss vermieden werden kann.

Flankenschutz im Wirtschaftskrieg

Daneben steht für Minoggio bei einem mittelständischen Konzern der Beginn von Beratungsarbeit an. Die Unternehmensgruppe (IT mit Technologietransfer) befindet sich in einer erbitterten Auseinandersetzung mit einem US–amerikanischen Konkurrenten um Patente und Wettbewerbsbehinderungen, der von dort mit harten, nicht mehr vollständig redlich erscheinenden Mitteln geführt wird. Hier wurde unsere spezielle Expertise im Wirtschaftsstrafrecht angefordert, um in enger Abstimmung mit den patent- und wettbewerbsrechtlich federführend tätigen Kollegen den Schutz vor bewussten Falschaussagen in den Zivilverfahren, verfälschten Dokumenten und sonstigen Unredlichkeiten zu gewährleisten.

Wir nennen das den wirtschaftsstrafrechtlichen Flankenschutz, den wir in derartigen, komplexen und wichtigen Auseinandersetzungen sichern können- und nach unserer Sichtweise auch vielfach sichern müssen, um zu verhindern, dass ein seine Rechtspositionen nur mit redlichen Mitteln verteidigendes Unternehmen durch Unredlichkeiten des Prozessgegners Schaden erleidet.

Zu derartigen Auseinandersetzungen werden wir regelmäßig hinzugerufen, wenn es „schmutzig“ wird – keineswegs, um für den eigenen Mandanten schmutzig zu reagieren, sondern um sich effektiv gegen Schmutz im Sinne von Unredlichkeit der Gegenseite zu wehren. Nicht selten, um die eigene Rechtsposition durch Erheblich verstärken zu können. Wir verfügen beispielsweise über langjährige Erfahrungen, wie Zeugenkomplotte aufgedeckt werden und Falschaussagen vor Gericht scheitern, wie angeblich dokumentenechte Verträge und Gesprächsmitschriften beschaffen sein müssen, um diese Echtheit tatsächlich in Anspruch nehmen zu können.

Bei Bischoff steht die Arbeit im April unter dem Kanzlei-Motto „alles mit Strafrecht…“ Dies bedeutet im April 2021: Beratung zur Verhinderung strafrechtlicher Risiken im Unternehmen, Vertretung eines von einer Einziehungsanordnung in Millionenhöhe bedrohten Unternehmens und ein Erörterungstermin beim Finanzgericht zur Stärkung der Position im parallel laufenden Steuerstrafverfahren.

Risikoanalyse als zentraler Compliance-Baustein

Trotz Spezialisierung im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht ist das Beratungsspektrum der Kanzlei vielfältig und garantiert tägliche Abwechslung. So ist auch Arbeit Leben. Für ein mittelständisches Unternehmen aus dem Emsland führt Bischoff aktuell eine strafrechtliche Risikoanalyse durch, um anschließend eine Compliance-Richtlinie zu entwerfen. Es werden den Verantwortlichen zunächst in einem Risikoworkshop verschiedene Fallkonstellationen vorgestellt, die typischerweise in einem derartigen Produktionsbetrieb auftreten können. Anschließend wird gemeinsam diskutiert, wie diese abstrakten Strafrechtsrisiken im Unternehmen einzuordnen sind.

Dabei geht es um zwei Bereiche: Zum einen wird die Wahrscheinlichkeit (unwahrscheinlich, gering, mittel, hoch) bestimmt, mit der ein solches Risiko auftreten könnte. Zum anderen wird geprüft, welche Schadensschwere (leicht, mittelschwer, schwer, Katastrophe) bei einem Risikoeintritt zu erwarten wäre. Anhand dieser Risikomatrix werden anschließend die Schwerpunkte in der präventiven Beratung gesetzt und in konkrete Maßnahmen überführt – Maßnahmen, die nicht aufgezwungen werden dürfen, sondern im Unternehmen akzeptiert werden müssen und nur dann „gelebt“ werden.

Einziehung als Waffe der Strafverfolger

Eine GmbH in Schleswig-Holstein wurde von der Staatsanwaltschaft mit Anklageerhebung an einem Strafverfahren beteiligt. Es soll ein Betrag in Millionenhöhe eingezogen werden, da es entsprechende Vermögenszuflüsse aus Betrugstaten in den Wirtschaftskreislauf des Unternehmens gegeben haben soll. Hinter dem Einziehungsrecht steckt der Grundgedanke, dass Straftaten sich nicht lohnen sollen. Der Gesetzgeber hat entschieden, dass „etwas“ aus einer Straftat einem Unternehmen wieder abgenommen werden kann. Da Voraussetzung ein Vermögenszufluss beim Unternehmen ist und nach neuer Rechtslage bei nicht rein illegalen Geschäften Aufwendungen abgezogen werden können, geht es im vorliegenden Fall insbesondere darum, den unzutreffend ermittelten Schadensbetrag auf das notwendige Minimum (Gewinn statt Umsatz) zu begrenzen. Als weiteres Sicherheitsnetz wird durch eine Abstimmung mit den Individualverteidigern der Beschuldigten erreicht, dass auch die Straftaten selbst als Anknüpfungspunkt für die konkrete Einziehungsanordnung noch in Frage gestellt werden.

Deal nach Erörterung vor dem Finanzgericht

In einem Finanzgerichtsprozess steht ein wichtiger Erörterungstermin an. Es geht um Hinzuschätzungen aufgrund von Kassenmängeln in der Großgastronomie. Das parallel geführte Strafverfahren ist nicht abgeschlossen. Nach umfangreichen Stellungnahmen ist es interessant, die Position des Gerichtes zu erfahren. Dazu dient ein solcher Erörterungstermin. Es wird auch darum gehen, möglicherweise doch noch eine einverständliche Lösung zu erzielen. Allerdings wird diese nur dann endgültig im Wege einer Tatsächlichen Verständigung (verbindliche Vereinbarung zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt über nur noch schwer aufklärbare Sachverhalte) umgesetzt werden, wenn auch eine Lösung für die Erledigung des parallelen Steuerstrafverfahrens gefunden werden kann. Das ist das Ziel: Nicht Beendigung eines Verfahrens, sondern des sozialen Konflikts insgesamt.

Veröffentlichungsprojekte…

Den Beitrag zum Wirtschafts- und Steuerstrafrecht für die nächste Profile-Ausgabe des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe hat Bischoff gerade fertig gestellt. Jetzt muss noch die Kommentierung zum Agrarstrafrecht für den Agrarrechtskommentar von Düsing/Martinez beendet werden. Darüber hinaus steht weitere Mitarbeit im Arbeitskreis Sanierung und Restrukturierung des Steuerberaterverbandes an. Bischoff arbeitet mit Hochdruck an der Endversion eines zweiteiligen Fachaufsatzes zu diesem Thema, der im Mai 2021 erscheinen soll.

Ein unberechtigtes Ermittlungsverfahren, ein Streit zwischen zwei Geschäftsführern und die Vorbereitung einer Hauptverhandlung wegen Insolvenzverschleppung stehen bei Wehn im April auf dem Programm.

Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegenüber einer Ärztin

Wehn bereitet im April eine Stellungnahme in einem Ermittlungsverfahren gegen eine Ärztin aus Niedersachsen vor. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet, nachdem eine Patientin tragischerweise an einer nicht behandelten Krebserkrankung verstorben war. Ins Visier der Ermittlungsbehörden war die Mandantin geraten, weil sie neben konventionellen Behandlungsmethoden auch homöopathische Therapien anbietet und im vorliegenden Fall auch bei der Patientin angewendet hatte. Strafbar gemacht hat sie sich nicht. Aus Aussagen der Hinterbliebenen und einer Ärztin, die von dem Verstorbenen kurz vor seinem Tod aufgesucht worden war, ergibt sich eindeutig: Der Verstorbene hat in vollem Bewusstsein der Gefährlichkeit seiner Erkrankung auf einen Krankenhausaufenthalt und eine extrem belastende und nicht sicher erfolgreiche konventionelle Krebsbehandlung verzichtet. Die Bemühungen der Mandantin, das Leid ihres Patienten zu lindern, haben damit nichts zu tun. Es kann nicht Aufgabe des Hausarztes sein, einen vollinformierten Patienten zu einer Behandlung zu zwingen, die dieser nicht durchführen will. Welche Meinung man zu homöopathischen Behandlungsmethoden auch immer haben mag: Vorschnelle Schlussfolgerungen oder gar die Einleitung offensichtlich unbegründeter Ermittlungsverfahren sind sicher nicht die richtige Antwort.

Auseinandersetzung innerhalb einer GmbH

In einem Gesellschafterstreit mit strafrechtlichem Einschlag vertritt Wehn einen Mitgeschäftsführer und –gesellschafter einer GmbH. Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste sein Mandant sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen, der zweite Mitgeschäftsführer war damit über mehrere Jahre faktisch einziger Geschäftsführer. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass dieser Geschäftsführer die Gesellschaft immer mehr zu seinen eigenen Gunsten missbraucht und auch nicht vor Straftaten zurückgeschreckt hat. Unter anderem sind falsche Drittschuldnererklärungen gegenüber Gläubigern von Arbeitnehmern abgegeben worden, teilweise sind Lohnzahlungen durch die Einstellung tatsächlich nicht tätiger Personen verschleiert worden. Andererseits ist trotz offensichtlich fehlender Berechtigungen Kurzarbeitergeld für mehrere Arbeitnehmer beantragt worden. Für den redlichen Mitgeschäftsführer besteht akuter Handlungsbedarf, um sich nicht selbst einer strafrechtlichen Verantwortung auszusetzen. Der verantwortliche Mitgeschäftsführer entpuppte sich nach Kontaktaufnahme und Konfrontation als völlig uneinsichtig, sodass nach Stellung einer Strafanzeige nunmehr das Strafverfahren begleitet werden muss. Dabei muss eine möglichst umfassende Zeugenaussage des Mandanten vorbereitet werden.

Vorbereitung einer Hauptverhandlung wegen Insolvenzverschleppung

Des Weiteren bereitet Wehn eine Ende April anstehende Hauptverhandlung vor einem Schöffengericht in Ostwestfalen vor. Dem Mandanten wird Insolvenzverschleppung vorgeworfen. Er war Geschäftsführer eines Bauunternehmens. Laut Anklage soll sich das Unternehmen bereits ab Dezember 2017 in Insolvenzreife (Vorliegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) befunden haben. Demnach hätte der Mandant als Geschäftsführer drei Wochen Zeit gehabt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Da dies erst mehrere Monate später geschehen ist, sei eine Insolvenz gegeben. Die Sachlage ist jedoch weit komplizierter, als die Anklage erahnen lässt. Es ist völlig unklar, ob tatsächlich zum Stichtag ausreichende Mittel vorhanden gewesen bzw. nicht mit den Gläubigern wirksame Zahlungsvereinbarungen getroffen worden waren. Hier muss vor einer Hauptverhandlung in teils aufwendiger Kleinarbeit aus Sicht des Angeklagten die fälligen Verbindlichkeiten einerseits und die vorhandenen Mittel andererseits gegenübergestellt werden. Auch den stets nötigen Vorsatz hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift mehr oder minder grob übergangen. Bereits die Akte gibt nichts her, dass der Mandant es zumindest in Kauf genommen haben soll, dass er aufgrund der wirtschaftlichen Situation zu einer Stellung eines Eröffnungsantrages verpflichtet gewesen wäre. Seine Sanierungsbemühungen in den Wochen und Monaten nach der angeblichen Insolvenzreife lassen nicht zwingend ein Rückschluss darauf zu, dass er sich seiner Verpflichtung bewusst war und diese ignoriert hat – vielmehr sind sie ein positiver Hinweis darauf, dass der Mandant davon ausgegangen ist, lediglich einen zeitweisen Liquiditätsengpass überbrücken zu müssen. Da die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren dieser Argumentation nicht folgen wollte, wird Wehn im Rahmen der Hauptverhandlung das Gericht davon zu überzeugen suchen.

Warten auf ein Urteil nach langer Hauptverhandlung, Feststellung der Schuldfähigkeit und schwieriger Verfahrensverlauf nach einem Falschaussagevorwurf.

Die letzte Phase einer Hauptverhandlung, für den Mandanten aber nicht weniger belastend als der Rest des Verfahrens: Das Warten auf ein Urteil.

Possemeyer erwartet Anfang April in einem Verfahren u.a. wegen Mordverdachts nach mehr als 10 Verhandlungstagen vor einer Schwurkammer eines Landgerichts im Ruhrgebiet die Verkündung des Urteils. Die Staatsanwaltschaft hat eine Verurteilung wegen Mordes beantragt und eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert. Dabei sieht sie das Mordmerkmal der Heimtücke.

Insgesamt sind in § 211 StGB (Mord) 9 Mordmerkmale in 3 Gruppen festgelegt. Danach ist Mörder, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen einen Menschen tötet. In der 2. Gruppe sind genannt heimtückisch, grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln. Aus der 3. Gruppe ergibt sich, dass Mörder ist, wer tötet, um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken.

Possemeyer hatte in seinem Plädoyer herausgearbeitet, dass bereits ein zurechenbarer Kausalzusammenhang zwischen Handlung seines Mandanten und Tod des Verstorbenen auch mit sachverständiger Hilfe nicht feststellbar ist und es somit nicht auf das Vorliegen von Mordmerkmalen ankommen dürfte. Im Ergebnis liegen nach seiner Meinung „nur“ die Voraussetzungen eines schweren Raubes vor. Strafrahmen und Straferwartung würden demnach in einem wesentlich niedrigeren Bereich liegen.

Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit in einem Verfahren wegen versuchten Totschlags

In einem weiteren Verfahren muss ein Schöffengericht mit Hilfe eines Sachverständigen feststellen, ob der Mandant zur Tatzeit schuldfähig war. Gemäß § 20 Strafgesetzbuch handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser zu handeln. Da es in diesen Fällen häufig auf fachspezifische Feststellungen (Diagnosen) ankommt, wird regelmäßig ein qualifizierter Sachverständiger hinzugezogen, in der Regel ein speziell ausgebildeter Psychiater. Sollte das Gericht nach Anhörung des Gutachters zu dem Ergebnis kommen, dass der Angeklagte möglicherweise in einem schuldunfähigen Zustand gehandelt hat, so ist er freizusprechen.

In einem Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage: Aufwändige Rekonstruktion des Ursprungsverfahrens ist nötig

Ferner verteidigt Possemeyer in einem Verfahren wegen falscher uneidlicher Aussage, § 153 Strafgesetzbuch. Die Beweisaufnahme in diesem Verfahren ist schwierig, da das komplette Ursprungsverfahren rekonstruiert und eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt werden muss. Falsch ist eine Aussage, wenn sie im Hinblick auf den Vernehmungsgegenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wiedergibt. Dabei kann auch Verschweigen den Tatbestand der falschen uneidlichen Aussage erfüllen. Das Verschweigen von Tatsachen begründet den Vorwurf der falschen Aussage, wenn die Unvollständigkeit nicht offenbart und die Aussage als vollständige ausgegeben wird. Die Tatsache, dass der Angeklagte im Ursprungsverfahren entgegen der Aussage des Mandanten verurteilt worden war, bedeutet noch keine Vorverurteilung im hiesigen Verfahren.

Etappensieg in einem langwierigen Strafvollstreckungsverfahren, wieder einmal Probleme mit Schätzungen des Finanzamtes, Subventionsbetrug im Brennpunkt.

Strafvollstreckung: Erfolg im Disziplinar- und hoffentlich im Aussetzungsverfahren

Einen Erfolg nach einem mühsamen und seitens der Behörden mit unnötiger Sturheit geführten Kampf kann Westermann in einer seltenen Strafvollstreckungssache verzeichnen. Einem Mandanten war aufgrund einer positiven Urinprobe der Konsum von Amphetaminen im Strafvollzug vorgeworfen worden. Der Mandant hat dies bestritten und freiwillig eine negative Haarprobe vorgelegt. Inzwischen hatte die Justizvollzugsanstalt jedoch bereits einen entsprechenden Verweis in die Akte des Mandanten eingetragen, eine bereits sichere Lockerungsstufe wurde zurückgestellt.

Es folgte ein gerichtlicher Antrag auf Entfernung des Verweises und monatelange wechselseitige Schriftsätze. Es ging dabei keineswegs um das Prinzip. Jeder negative Eintrag in der Gefangenenakte kann die Entscheidung auf Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung beeinflussen. So kam es auch: Bei der Anhörung zur Aussetzung der Reststrafe nach zwei Dritteln entschied die zuständige Strafvollstreckungskammer, dass der Drogenkonsum negativ zu bewerten und die Aussetzung deshalb zu versagen sei. Das Disziplinarverfahren war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

Nunmehr der Paukenschlag: Eine weitere Untersuchung in einem externen Labor hat ergeben, dass die ursprüngliche positive Probe falsch war. Im Rahmen der Beschwerde gegen die Abweisung der Aussetzungsentscheidung wird Westermann nunmehr aufgrund dieser neuen Tatsachen ergänzend vortragen.

Auseinandersetzungen mit den Justizvollzugsbehörden sind oftmals langwierig, aufgrund der besonderen Verletzlichkeit der inhaftierten Mandanten auch nicht immer sinnvoll. Fälle wie diese zeigen aber: In manchen Fällen ist es richtig und lohnt es sich, hartnäckig zu bleiben und den Rechtsweg auszuschöpfen.

Dauerthema Schätzung – diesmal grundsätzlich und nicht nur in der Höhe

In einem Verfahren vor dem Finanzgericht bereitet Westermann eine Klagebegründung vor. Bei dem Mandanten, der mehrere Friseursalons führt, hatte eine Betriebsprüfung aus Sicht des Finanzamtes so umfangreiche Mängel der Kassenführung ergeben, dass eine Schätzung durchgeführt und auf deren Grundlage neue Bescheide für ein Zeitraum von vier Jahren erlassen worden waren. Die Nachzahlungen im sechsstelligen Bereich bedrohen die wirtschaftliche Existenz des Mandanten akut.

Im Gegensatz zu vielen anderen Schätzungsfällen scheitert die Rechtmäßigkeit dieser neuen Bescheide allerdings bereits daran, dass keine Schätzungsbefugnis des Finanzamtes bestanden hat.

Zur Begründung seiner Schätzung bezieht sich das Finanzamt auf einige wenige Ungenauigkeiten in der Kassenführung, größtenteils im zweistelligen (!) Bereich, und auf das Ergebnis eines sogenannten Chi-Quadrat Tests. Dieser Test basiert auf der Annahme, dass jeder Mensch eine Lieblingszahl hat, die er unbewusst öfter benutzt als andere. Das bedeutet, dass bei der Buchung fingierter Zahlen und deren Eintrag ins Kassenbuch keine gleichmäßige Verteilung vorliegt, sondern dass bestimmte Ziffern häufiger vorkommen als andere.

Weder einzeln betrachtet, noch in ihrer Verbindung können diese Mängel jedoch eine Schätzungsbefugnis auslösen. Insbesondere ist durch die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anerkannt, dass dieser Test nur in Verbindung mit anderen überzeugenden Hinweisen auf eine Manipulation z.B. der Kassenbücher eine Schätzungsbefugnis auslösen kann. Daran fehlt es bereits im Ansatz.

Seltener Ausgang eines Ermittlungsverfahrens wegen Subventionsbetrugs

Verfahren wegen Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Corona-Beihilfen kommen immer häufiger vor. Die Unklarheiten über die erforderlichen Voraussetzungen sowie ein – sicherlich so beabsichtigtes- unbürokratisches Antragsverfahren haben dazu geführt, dass oftmals ohne die erforderliche Sorgfalt von Selbstständigen Anträge auf Beihilfen gestellt werden, die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellen. Es folgen Strafverfahren und die Aufforderung zur Rückzahlung der Beträge, letztere sind oftmals bereits verbraucht.

Ungefährlich sind diese Verfahren nicht. Bei Vorstrafen oder vorsätzlicher falscher Antragstellung unter mehreren verschiedenen Namen mit entsprechender Vervielfachung der Beihilfebeträge können Haftstrafen drohen.

Westermann berät im April zwei Mandanten in solchen Verfahren. Für den einen ist Ziel die Einstellung des Verfahrens oder eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt (eine Art Geldstrafe auf Bewährung). Entscheidend sind in diesem Fall die auch für den Antragsteller nicht einfach zu verstehende Darstellung der wirtschaftlichen Situation im Hinblick auf die Corona-Voraussetzungen sowie die bereits erfolgte Rückzahlung.

Eine andere Mandantin hatte die Anspruchsvoraussetzungen nicht genau genug gelesen. Ihr Gewerbe hatte zwar unter der Corona-Krise gelitten und entsprechende Umsatzeinbrüche verzeichnet-es handelte sich aber lediglich um ein Nebengewerbe. Verluste aus diesen sind grundsätzlich nicht beihilfefähig. Westermann ist dennoch zuversichtlich, aufgrund fehlenden Vorsatzes auch hier eine Einstellung erreichen zu können.

Verteidigung in zwei Steuerstrafsachen und gefährliche „Liebhaberei“ vor dem Finanzgericht.

Verringerung einer Schätzung als Aspekt der Verteidigung in einer Steuerstrafsache

Hillejan verteidigt im April einen Mandanten aus dem Rheinland in einer Steuerstrafsache vor dem Schöffengericht. Dem Mandanten, der im Gastronomiebereich tätig ist und mehrere Restaurants betreibt, wird eine Steuerhinterziehung in über 20 Fällen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft stützt sich in ihrer Anklageschrift hauptsächlich auf den steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht der Steuerfahndung. Bemängelt werden darin vor allem Verletzungen gegen die Buchführungspflicht. Diese Mängel seien so gravierend, dass die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht mehr zugrunde gelegt werden könne, weshalb eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen stattgefunden hat.

Buchführungsmängel allein indizieren jedoch keine Steuerstraftat. Darüber hinaus ist die Schätzung ist zu Lasten des Mandanten viel zu hoch ausgefallen. Einer jeden Schätzung ist immanent, dass sie nicht genau ist. Deshalb gilt es als Verteidiger, die der Schätzung zugrundeliegenden Parameter mit Hilfe des Steuerberaters, Angaben des Mandanten und ergänzenden Unterlagen so zu bemessen, dass der von der Steuerfahndung geschätzte Betrag (erheblich) gemindert wird. Nachdem bereits stattgefundenen Besprechungstermin mit dem Mandanten ist Hillejan guter Dinge, dass eine Minderung des durch Schätzung ermittelten Betrages gelingen wird.

Steuerstrafrechtliche Ermittlungen nach angeblich vorsätzlich falscher Erklärung

Ebenfalls wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung vertritt Hillejan eine Mandantin aus Niedersachsen. Das Strafsachenfinanzamt ermittelte aufgrund von angeblich nicht plausibler Angaben in ihren Einkommensteuererklärungen. Die Mandantin hat in einiger Entfernung (circa 275 km) zu ihrem Wohnort studiert. Da ihr Ehemann am Wohnort arbeitet, ist sie so oft es geht – teilweise mehrfach in der Woche – zwischen Universität und Wohnort hin- und hergependelt. Diese Fahrten hat sie jeweils in den Steuererklärungen geltend gemacht. Das Finanzamt zweifelt ihre Angaben an und glaubt nicht, dass sie die vielen Kilometer tatsächlich gefahren ist. Ein Steuerstrafverfahren wurde eingeleitet.

Anhand von Unterlagen (Werkstattrechnungen des Fahrzeugs, Vorlesungsplänen, Klausurtermine und ähnlichem) soll bewiesen werden, dass die Fahrten stattgefunden haben und die in der Steuererklärungen angegebenen Werte plausibel und durchaus möglich sind. Dazu wird eine taggenaue Aufstellung erstellt, anhand derer nachvollziehbar sein wird, wann genau die Mandantin jeweils zur Universität hin- und zurückgefahren ist. Auch hier: sorgfältige Detailarbeit in der Vertretung statt inhaltsleerer Rhetorik in der Verhandlung.

Klassisches Problem der Liebhaberei, hier im Hotelgewerbe

Hillejan vertritt zudem eine Mandantin in einem finanzgerichtlichen Verfahren. Vor Gericht wird mit dem beklagten Finanzamt darüber gestritten, ob die von der Mandantin über Jahrzehnte lang ausgeübte Tätigkeit eine sogenannte „Liebhaberei“ ist oder nicht. Eine Tätigkeit wird steuerlich als „Liebhaberei“ gewertet, wenn sie primär aufgrund von persönlicher Neigungen und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Dies hat zur Folge, dass Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht steuerbar sind, Verluste nicht zu Einkommensminderungen führen.

Die Mandantin betreibt seit Jahrzehnten ein kleines Hotel im Sauerland. In den ersten Jahren erwirtschaftete sie ordentliche Gewinne. In den letzten Jahren hingegen gab es eine durchgängige Verlustperiode. Das Finanzamt wertete den Betrieb des Hotels als einkommensteuerrechtlich unbeachtliche „Liebhaberei“. Nach dessen Auffassung handelte die Mandantin ohne Gewinnerzielungsabsicht. Sie habe keine geeigneten Maßnahmen gegen die dauernden Verluste ergriffen und führe das Hotel nur deshalb weiter, damit es ihre Tochter zukünftig übernehmen könne. Das Finanzamt macht es sich hier etwas zu einfach. Die Mandantin hat nämlich sehr wohl eine Vielzahl an Versuchen unternommen, wieder in die Gewinnzone zu gelangen. Diese waren bislang nur nicht von Erfolg gekrönt. Es wurden diverse Konzepte entwickelt, um wieder mehr Touristen in die Region zu locken. Dabei arbeitete die Steuerpflichtige eng mit der Stadt zusammen. Schweren Herzens musste sie sich von Personal trennen. Sie hatte auch dabei stets das Ziel wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass insgesamt gesehen noch kein Totalverlust vorliegt, ist unserer Auffassung nach keine „Liebhaberei“ gegeben. Dies gilt es dem Gericht zu vermitteln.