Egal ob Stellungnahmen, Besprechungen oder Vorlesungen: alles möglich, aber heutzutage unter verschärften Bedingungen

Minoggio macht das, was nahezu alle Berater machen: Umplanen, notplanen, nur noch von Woche zu Woche vorplanen. Die flächendeckende Absage von Gerichts- und Behördenterminen dazu nutzen, liegengebliebene Kanzleiprojekte wie die einfachere Dokumentation unserer internen Wissensmanagementelemente oder bislang nur aus Zeitgründen aufgeschobene Veröffentlichungen voranzutreiben.

Osterurlaub stand an und ist natürlich abgesagt. In zwei umfangreicheren Wirtschaftsstrafsachen (Untreuevorwürfe gegen einen Verbandsvorstand aus Hessen und ein zivilrechtliches Regressverfahren nach korruptiv verdächtigen Auslandszahlungen eines Konzernverantwortlichen im Norden der Republik) sind aufwändige Stellungnahmen fertigzustellen. Diese Arbeit ist nicht beeinträchtigt, sondern sogar durch etwas mehr Ruhe im Tagesgeschäft positiv beflügelt – nur die finale Abstimmung mit dem Mandanten und den externen Beraterkollegen wird deutlich mehr Aufwand erfordern. Bei besonders sensiblen Abstimmungen können nicht immer Telefon- und Videokonferenzen das persönliche Gespräch in größerem Kreis oder die Besprechung bewusst nur unter vier Augen ersetzen.

Eine für Ende April vorgesehene Vorlesung in Berlin betreffend die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der unternehmenseigenen Untersuchung wird auf Videopräsentation umgestellt – für Minoggio ungewohnt, der in seinen Vorlesungen nichts vorliest und keinesfalls dozieren will (schrecklicher Ausdruck), sondern versucht, einen offenen Erfahrungsaustausch mit den Studierenden in Gang zu halten, die selbst über unterschiedliche akademische Ausbildungen und vielfältige Berufserfahrungen verfügen. Aber besondere Zeiten erfordern besondere Reaktionen, nichts ist ebenso beständig wie der Wandel.

In den Sternen steht, ob die momentan noch nicht abgesagten Gerichtstermine Ende April stattfinden werden, man muss skeptisch sein. Rechtliche Prozesse treten momentan vollkommen zu Recht in den Hintergrund. Gesundheit und Schutz des Einzelnen und der Gesellschaft haben Vorrang. Die Kanzlei wird auch nicht auf einer „Coronawelle“ irgendwelche rechtlichen Projekte mit nicht sicherem Nutzen anbieten.

Minoggio und seine Kollegen arbeiten jedoch weiter. Glücklicherweise ist Stand heute kein Berufsträger und kein Mitarbeiter aus der Kanzlei infiziert oder auch nur in Quarantäne.  E-Mail, Telefon und Videokonferenzen ersetzen auch bei uns momentan weitgehend das persönliche Mandantengespräch – wenn jedoch ein solches Gespräch zeitkritisch erforderlich ist, machen wir auch das selbstverständlich möglich mit den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen, keine Frage.

Krankenpfleger, Krankenschwestern und Ärzte, auch Supermarktmitarbeiter und Auslieferungsfahrer, die momentan einen um Dimensionen schwereren Job als wir zu bewältigen haben, fragt auch niemand nach persönlicher Bequemlichkeit oder eigener Ängstlichkeit. Aber natürlich freuen wir uns alle hier auf Normalität, die hoffentlich bald wieder Einzug hält.

Ein tragischer Arbeitsunfall, ein berufsrechtliches Verfahren und der „Klassiker“ Selbstanzeige: Volles Programm trotz Einschränkungen durch Corona

Bischoff wird im April 2020 für ihre Verhältnisse ungewöhnlich viel Zeit im Münsteraner Büro mit Blick auf den verwaisten Prinzipalmarkt und die Geisterinnenstadt Münster verbringen. Corona-Krise und Kontaktsperre haben zum Erliegen des öffentlichen Lebens und damit auch zur Absage nahezu sämtlicher Termine bei Gericht, Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und Hauptzollamt sowie einer lange geplanten Schulungsmaßnahme zur Geldwäsche in einer Großbank geführt. Diese Situation wird mindestens den gesamten April 2020 anhalten. Zum Glück ist ausreichend Arbeit vorhanden und sind bislang alle Kollegen, Mitarbeiter und deren Familien gesund. Der Kanzleibetrieb kann nicht zuletzt auch wegen unserer kompletten Digitalisierung nahezu ungehindert fortgesetzt werden. Mündliche Abstimmungen mit dem Mandanten oder anderen Beratern finden jetzt eben nicht mehr persönlich, sondern per Video- oder Telefonkonferenz statt. Das funktioniert problemlos.

Neben diesen Kontakten steht vor allem Aktenarbeit an. Es müssen in zahlreichen Mandaten Stellungnahmen verfasst werden. So muss beispielsweise nach einem tragischen Arbeitsunfall mit Todesfolge bei einem Dachdecker in Norddeutschland die Akte mit Sachverständigengutachten vertieft ausgewertet und ein Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens ohne Konsequenzen vorbereitet werden. Beschuldigter ist der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, der den Unfall nicht zu verantworten hat. Zur Erfüllung seiner Geschäftsführungsaufgaben hatte der Beschuldigte immer für die Bereitstellung der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und ständige Schulungen der Mitarbeiter gesorgt. Die Einhaltung der internen Regeln wurde regelmäßig durch Stichproben geprüft. Mehr kann ein Chef nicht tun. Er kann nicht jeden Tag auf der Baustelle sein und persönlich überprüfen, ob alle Vorgaben eingehalten werden. Es liegt deshalb außerhalb seines Verantwortungsbereiches, wenn im Einzelfall plötzlich vor Ort entgegen der Weisung ohne jede Sicherung gearbeitet wird und es zu einem tragischen Unfall kommt.

Des Weiteren verteidigt Bischoff momentan im Ruhrgebiet einen Steuerberater in einem berufsrechtlichen Verfahren. Dem Berater wird vorgeworfen, seine eigenen steuerlichen Pflichten über einen langen Zeitraum vernachlässigt zu haben. Das Steuerstrafverfahren ist längst gegen Geldauflage eingestellt. Da der Berater auch in der Vergangenheit mit ähnlichen Verstößen aufgefallen war, erfolgte die zusätzliche Einleitung des berufsrechtlichen Verfahrens nicht unerwartet. In diesem Verfahren besteht zudem ein Anspruch darauf, dass der aufsichtsrechtliche Verwaltungsvorgang der Steuerberaterkammer durch die Ermittlungsbehörde beigezogen und insoweit ebenfalls Akteneinsicht gewährt wird. Sämtliche verfügbaren Informationen sind sodann sorgfältig auszuwerten und die Argumente zusammenzutragen, die für eine Einstellung des Verfahrens sprechen. Das berufsrechtliche Verfahren kann zur Vermeidung einer aufwändigen Hauptverhandlung ebenfalls gegen eine weitere Geldauflage eingestellt werden. Es gelten die gleichen Grundsätze wie im Strafverfahren. Im vorliegenden Fall wäre dieses Ergebnis für den Mandanten der Königsweg, den es zu erreichen gilt.

Auch im April 2020 wird trotz der Corona-Krise eine umfassende Selbstanzeige gemeinsam mit einem Mandanten vorbereitet. Es müssen erhebliche ausländische Kapitalerträge nacherklärt werden. Da die Beschaffung von aussagekräftigen Bankunterlagen im Regelfall Zeit in Anspruch nimmt und die Auswertung der Einzelbelege mit Unterstützung eines Steuerberaters aufwändig ist, soll die etwas „ruhigere“ Zeit aktiv genutzt werden, um die Nacherklärung fertig zu stellen. Glücklicherweise hat die Krise beim Mandanten zu keinem Liquiditätsengpass geführt. Er wird weiterhin in der Lage sein, die hohen Steuern, Hinterziehungszinsen und die aufgrund der Höhe sicher zu erwartenden Strafzuschläge gemäß § 398a AO komplett zu bezahlen. Diese Zahlung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Selbstanzeige. Das Ziel der Straffreiheit kann deshalb nur erreicht werden, wenn das Ergebnis wirtschaftlich zu stemmen ist. Abgegeben wird die Selbstanzeige durch den steuerlichen Berater. Bischoff berät zunächst nur im Innenverhältnis. Das gibt dem Fall einen größeren Routinecharakter, der manchmal strategisch nützlich sein kann. Sobald ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird und Einzelfragen in Bezug auf die Wirksamkeit zu diskutieren sind, übernimmt Bischoff die Verteidigung auch im Außenverhältnis.

Ein hoffentlich kurzfristiges Ende eines Uralt-Verfahrens, wichtige Vorarbeit in einer Steuerstrafsache und Streit um die Lohnsteuer im Sanitätsgewerbe

 

Auch für Wehn steht in den nächsten Wochen die Arbeit im Büro im Vordergrund, Besprechungen finden am Telefon oder per Videokonferenz statt. Langweilig wird es ihm dennoch nicht werden.

Vor Anklageerhebung muss Wehn in einem Steuerstrafverfahren die Strafsachen- und Bußgeldstelle (kurz StraBu) möglichst davon überzeugen, dass kein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. Der objektive Tatbestand ist unstreitig. Hintergrund der Bemühungen vor der Anklageerhebung ist die immer noch viel beachtete und oft falsch verstandene BGH-Entscheidung aus dem Dezember 2008. Auf deren Grundlage gehen viele Behörden nach wie vor davon aus, dass bei einem Steuerschaden von über 50.000 € je Veranlagungszeitraum immer ein sogenannter besonders schwerer Fall vorliegt. Folge: Eine Geldstrafe käme für diese Tat nicht mehr in Betracht, es wäre nach dem Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zu verhängen. Diese Betrachtungsweise trifft so schlicht nicht zu. Der Bundesgerichtshof selbst stellt in der zitierten Entscheidung klar, dass selbst bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag eine Geldstrafe nach wie vor möglich ist, wenn entsprechende Milderungsgründe vorliegen. Diese Milderungsgründe bieten hier insbesondere in Form von teilweiser Schadenswiedergutmachung und langem Zeitablauf vor. Dies muss der StraBu bereits jetzt vermittelt werden, um eine falsche Weichenstellung vor Anklageerhebung zu verhindern und im besten Fall den für den Mandanten einfacheren Weg eines Strafbefehls und der Vermeidung einer öffentlichen Verhandlung zu erreichen.

In einem weiteren Fall bereitet Wehn einen Einstellungsantrag in einer besonderen Verfahrenssituation vor. Dem Mandanten werden mehrere Betrugstaten vorgeworfen, diese liegen bereits elf Jahre zurück. Zwischenzeitlich war innerhalb der Staatsanwaltschaft die Akte verloren gegangen. Sie musste erst aufwendig rekonstruiert werden. Dies dauerte über zwei Jahre und gelang auch nur zum Teil. Wichtige Teile sind schlicht nicht mehr vorhanden. Richtig wäre es deshalb, das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses gemäß § 206 a Strafprozessordnung einzustellen. Es ist offensichtlich, dass angesichts des Zeitablaufs und der nur noch lückenhaften Akte ein rechtsstaatliches Verfahren nicht mehr möglich ist. Dies hat der Mandant nicht zu verantworten. Die Rechtsprechung ist in diesen Fällen uneinheitlich. Letztlich hängt es vom Einzelfall ab, welche Verzögerungen die Justizorgane zu verantworten haben, wie lange das Verfahren insgesamt dauert, wie schwer der Tatvorwurf und auch wie hoch die Belastung des Mandanten durch das Verfahren ist. Insbesondere Letzteres muss herausgearbeitet werden: Nunmehr elf Jahre lang lebt der Mandant unter dem Damoklesschwert des Verfahrens, Rechtssicherheit ist auch mittelfristig nicht zu erwarten. Auch wenn er sich nicht in Haft befindet: Ab einem gewissen Punkt muss das staatliche Verfolgungsinteresse hinter den schützenswerten Interessen des Beschuldigten zurücktreten.

In einem Verfahren wegen Lohnsteuerhinterziehung bereitet Wehn die Hauptverhandlung vor, die nach wie vor für Ende April vor einem Schöffengericht im Ruhrgebiet terminiert ist. Der Mandant betrieb ein Einzelgewerbe auf dem Gebiet des Sanitätsdienstes. Praktisch stellte er für verschiedene Veranstaltungen die medizinische Erstversorgung zur Verfügung. Ab einer gewissen Veranstaltungsgröße erteilen örtliche Ordnungsämter die Auflage, dass diese nur in Gegenwart von medizinischen Erstversorgern durchgeführt werden dürfen. Kern des Verfahrens ist die Einordnung der Mitarbeiter des Mandanten. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich um Arbeitnehmer in Form von kurzfristig Beschäftigten, deren Einkommen dem Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers unterlag. Von seinem Steuerberater hatte der Mandant allerdings die Auskunft bekommen, dass keine Arbeitnehmereigenschaft für diese Personen vorliegt. Insofern konnte der Mandant davon ausgehen, dass es sich um freiberufliche Honorarkräfte handelt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hatte Wehn zahlreiche ähnlich gelagerte Dienste aus dem Umkreis untersucht und kann gegenüber dem Gericht darstellen, dass die Einordnung dieser Arbeiter als Freiberufler von zahlreichen Unternehmen praktiziert wird und nicht ungewöhnlich ist. Bereits eine wenig aufwändige Recherche auf den Internetseiten verschiedener Anbieter zeigt dies deutlich. Dabei ist zwar klar, dass allein die Tätigkeit und die Organisation anderer Unternehmen allenfalls sekundäre Bedeutung haben kann. Allerdings ist es für einen nicht berufsmäßig mit derartigen Verfahren befassten Arbeitgeber befremdlich, dass er nicht nur Steuernachzahlungen leisten und seine für ihn tätigen Personen zur Sozialversicherung anmelden muss, sondern sich auch noch strafbar gemacht haben soll. Gerade wenn im Gegenzug in einer Vielzahl von Unternehmen um ihn herum und teilweise in direkter Konkurrenz dieses Modell völlig unbeanstandet weitergeführt wird. Das ist nur schwer zu verstehen und wird auf der Ebene des Vorsatzes eine wichtige Rolle zugunsten des Betroffenen spielen.

Kein Aufschub durch Corona: Termine in Haftsachen finden weiter statt, Hoffnung auf kurzfristige Lösung durch Gesetzgeber

 

Die Corona-Krise bestimmt leider auch den Arbeitsalltag von Possemeyer im April 2020. Viele Gerichtstermine sind von den zuständigen Richtern aufgehoben worden. Ein geplanter Ski-Urlaub in der ersten Osterferienwoche wurde bereits storniert. Schwere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Deshalb ist für Possemeyer selbstverständlich, dass er sich an die Empfehlungen der Bundesregierung hält.

Allerdings gibt es dennoch einige aktuelle Umfangverfahren, in denen die laufenden Hauptverhandlungen im April fortgesetzt werden. Da es bislang noch keine gesetzliche Regelung (die aber kurzfristig kommen soll, siehe z.B. https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Downloads/032320_FAQ_Strafprozesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2) für eine längere Unterbrechung  der Hauptverhandlung aufgrund der Corona-Epidemie gibt, müssen Haftsachen weiterhin beschleunigt verhandelt werden.

Die Landgerichte halten sich streng an die veröffentlichten Vorgaben des Justizministeriums.

Ebenso wenig vom Virus beeinträchtigt: Vorführtermine nach einer vorläufigen Festnahme. Nach einem Anruf über das Notfall-Handy nahm Possemeyer an einem solchen teil, der Vorwurf lautet auf Handel mit Kokain. Nunmehr muss er nach Akteneinsicht und Besprechung mit dem Mandanten die weitere Verteidigung planen. Vorläufig Festgenommene müssen spätestens am Tag nach der Festnahme einem Richter vorgeführt werden. Je nach Schwere des Vorwurfs sind die Möglichkeiten eines Anwalts bei diesen Terminen begrenzt. Umso wichtiger ist danach möglichst frühe und umfassende Akteneinsicht und schnelle Erörterung einer Verteidigungsstrategie.

Stellungnahmen in straf- und finanzgerichtlichen Verfahren und die Vorbereitung auf eine Hauptverhandlung (wann auch immer diese stattfindet)

 

Auch für Westermann endet mit dem Beginn der Coronakrise nicht etwa die Arbeit. Auch wenn zahlreiche Hauptverhandlungstermine teils um Monate verlegt werden: Gerade in Strafsachen werden die wichtigsten Weichen regelmäßig gestellt vor Beginn der Hauptverhandlung.

In einem Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bereitet Westermann eine Stellungnahme vor. Ein junges Ehepaar ist in den Fokus der Steuerfahndung geraten. Durchsuchung in den frühen Morgenstunden, mit entsprechender Aufregung und Verunsicherung. Beiden wird vorgeworfen, im Rahmen der Errichtung ihres Eigenheims mehreren Bauunternehmern Gelder unter der Hand ausgezahlt zu haben. Kein ungewöhnlicher Fall, aber aufgrund der Beträge im fünfstelligen Bereich jeweils an mehrere Unternehmen ein ernstzunehmender Vorwurf. Bei den Bauunternehmen beschlagnahmte Unterlagen waren für die Mandanten wenig hilfreich. Deshalb muss bereits jetzt argumentiert werden: Die Höhe der angeblichen Schwarzzahlungen hängt davon ab, von welchem Material- und Lohnkosten objektiv ausgegangen werden muss.  Hier stellt die Steuerfahndung oft für die Beschuldigten äußerst nachteilige Berechnungen an, die zu völlig überhöhten Summen führen können. Hier gilt es, frühzeitig gegenzuhalten. Dann ist auch eine Einstellung des Verfahrens realistisch. Wichtig ist, den Sachverhalt mit den Mandanten genau zu besprechen und falls nötig nach eigener Recherche der Steuerfahndung nachvollziehbares Zahlenwerk zu präsentieren.

Da es letztlich noch den einzelnen Richtern überlassen worden ist, ob und in welchem Umfang Termine in den nächsten Wochen stattfinden, müssen die noch nicht Verhandlungen weiter vorbereitet werden. So in einem Fall, der am Monatsende vor einem Schöffengericht im Ruhrgebiet terminiert ist. Die Mandantin, eine Versicherungsvertreterin, ist angeklagt in über 100 Fällen die Unterschriften von Kunden gefälscht zu haben. So konnte sie ihrem Arbeitgeber Neuabschlüsse bzw. Vertragsverlängerungen melden und entsprechende Provisionen einnehmen. Nach einiger Zeit häuften sich die Beschwerden von Kunden, eine interne Ermittlung brachte letztlich die jahrelange Praxis zutage, ausgelöst durch unerwartete Geldprobleme und Existenzangst. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Mandantin bereits Zahlungen im sechsstelligen Bereich erhalten. Eine Anklageerhebung war trotz umfangreicher Vorarbeit im Ermittlungsverfahren nicht zu verhindern. Diese Vorarbeit wird dennoch in der Hauptverhandlung wertvoll sein. In den zahlreichen Vernehmungen der Kunden, deren Unterschriften die Mandantin gefälscht hatte, zeigt sich ein differenziertes Bild. Viele erklären, dass sie die Unterschriften selbst auch geleistet hätten. Teilweise kannte die Mandantin diese Kunden bereits seit Jahrzehnten. Dies führt dazu, dass zumindest ein Schaden bei dem Arbeitgeber der Mandantin nicht einfach beziffert werden kann. Damit ist der Tatbestand der Urkundenfälschung zwar nicht aus der Welt, aber die Folgen der Taten spielen natürlich eine erhebliche Rolle bei der Urteilsfindung. Auf dieser Grundlage bereitet Westermann Beweisanträge vor- unabhängig davon, wann der Termin letztlich stattfindet.

In einem finanzgerichtlichen Verfahren erstellt Westermann eine Klagebegründung. Das Finanzamt hatte gegen die Mandantin sogenannte Ergänzungsbescheide nach Aufteilung der Steuerschuld erlassen. Ein Aufteilungsantrag ist bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleuten (trotz der grundsätzlichen Vorteile des Ehegattensplittings) immer dann sinnvoll, wenn lediglich einer der beiden Ehegatten Einnahmen hatte und aufgrund hoher Steuerforderungen die Vollstreckung gegen beide droht. Im Rahmen der Zusammenveranlagung haften nämlich beide Ehegatten als Gesamtschuldner. Durch die Aufteilung wird verhindert, dass ein Ehegatte für die Einkommensteuerschulden des anderen einstehen muss. In manchen Fällen geht das Finanzamt jedoch davon aus, dass es sogenannte unentgeltliche Zuwendungen zwischen den Ehegatten gegeben hat. Mit einem Ergänzungsbescheid möchte das Finanzamt in solchen Fällen in Höhe dieser Zuwendungen die Vollstreckung gegen den Ehegatten ermöglichen, der eigentlich keine Einnahmen hatte. Im konkreten Fall hatte die Klägerin und Ehefrau ihr Konto zur Verfügung gestellt für Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb ihres Ehemannes. Das Finanzamt argumentiert, dass diese über das Konto geflossenen Einnahmen eine unentgeltliche Zuwendung an Ehefrau darstellen. Nunmehr soll durch einen Ergänzungsbescheid die Vollstreckung gegen die Ehefrau in sechsstelliger Höhe möglich sein. Hier gilt es, die Bedeutung des Begriffs der unentgeltlichen Zuwendung genau zu untersuchen. Im Gegensatz zur Ansicht des Finanzamtes kommt es durchaus darauf an, welche Vereinbarung die Ehegatten über diese Zahlungen getroffen hatten. Hier wurde das Konto der Klägerin lediglich für Zahlungen aus dem Gewerbebetrieb des Ehemannes benutzt. Sie selber hatte von den Geldern überhaupt nichts, es kam nicht zu einem Vermögenszuwachs. Dieser Punkt muss gegenüber dem Finanzgericht herausgearbeitet und anhand neuerer Rechtsprechung begründet werden.